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Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Titel: Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen
Autoren: Susanne Konrad
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eines Selbstmörders führte. Aber dennoch glaube ich nicht, dass er sich das Leben genommen hat (…) Er lebt noch, er geht irgendwo auf seinen müden Beinen die Treppen fremder Häuser auf und ab, starrt irgendwo auf blankgescheuerte Parkettböden und auf sauber gepflegte Araukarien, sitzt Tage in Bibliotheken und Nächte in Wirtshäusern oder liegt auf einem gemieteten Kanapee, hört hinter den Fenstern die Welt und die Menschen leben und weiß sich ausgeschlossen, tötet sich aber nicht, denn ein Rest von Glaube sagt ihm, dass er dies Leiden, dies böse Leiden in seinem Herzen zuende kosten und dass dies Leiden es sei, woran er sterben müsse.«
    Hier sind die oben beschriebenen Momente der Einsamkeitserfahrungen fast überbetont – vom Ausdruck »Leben eines Selbstmörders« bis zu den bezeichnenden Wörtern wie »fremd« und »ausgeschlossen«. Das Bild vom »einsamen Wolf«, dem Menschen, der sich auf der Suche nach Sinn und Erfüllung verzehrt und beides nicht finden kann, ist ein literarisches Motiv, das ans Klischee grenzt.
    Wenn Sie Einsamkeit in Ihrem Text thematisieren wollen, sollten Sie darauf achten, was diese Einsamkeit ausdrücken soll. Geht es hier um eine Konsequenz aus der Situation des modernen Menschen? Oder wird das Klischee eines »einsamen Wolfs« reproduziert?
Anregung:
    Entwickeln Sie einen Steckbrief für einen einsamen Menschen. Warum ist er einsam? (Enttäuschungen, persönliche Defizite oder Konflikte, wohnt er allein oder weit ab von anderen Menschen, hat er familiäre, gesundheitliche, berufliche Probleme)
    Skizzieren Sie die Einsamkeit dieses Menschen:
    •in der distanzierten dritten Person (Er/Sie), was hat zur Isolation dieses Menschen geführt?
    •in der Ich-Form, in der Sie sich vor allem auf die Gefühle, die innere Einstellung Ihres Charakters konzentrieren.
    Vergleichen Sie beide Versionen und entscheiden Sie, welche Ihnen die besseren Möglichkeiten zur Weiterentwicklung Ihres Textes bietet.

6. Themen und Techniken
    Was in der Realität nicht möglich ist, kann in der Literatur Wirklichkeit werden. Realistisch ist alles, was der Wirklichkeitserfahrung nachgezeichnet ist. Was nicht so war, aber vielleicht so sein könnte, nennt man fiktiv. Fiktives muss deshalb nicht fantastisch sein, denn fantastisch wird der Stoff erst, wenn eine Gegenwelt zur Wirklichkeit gestaltet wird.

Magie
    Irreale, übersinnliche Fähigkeiten im literarischen Werk können dann als wirklich empfunden werden, wenn es dem Autor gelingt, sie überzeugend darzustellen: Verstorbene besuchen ihre Hinterbliebenen und sprechen mit ihnen. Jemand kann wahrsagen und die Prophezeiungen treten auch tatsächlich ein. Ein anderer hat heilende Hände. Es sind Dinge, die wir uns vorstellen können, obwohl wir wissen, sie können nicht wahr sein. Schriftsteller verwandeln solche erfundenen Realitäten in erzählte Wirklichkeit. Ein Beispiel dafür ist der magische Realismus, für den Isabel Allendes Roman Das Geisterhaus (1984) ein gutes Beispiel ist. In dieser Familiensaga, in realistischem Stil, beschreibt sie das Leben von drei Generationen in Chile. Die Heldin der ersten Generation, Clara, verfügt über besondere hellseherische Fähigkeiten, die innerhalb des Romangeschehens als selbstverständlich möglich erscheinen. In der Literatur ist es möglich, Magie ins erzählte Leben zu integrieren. Wie beispielsweise in der folgenden Passage: »Geschützt vor den Unbilden des Lebens, bewohnte Clara ein von ihr selbst erfundenes Universum, wo die prosaische Wahrheit der materiellen Dinge vermischt war mit der aufregenden Wahrheit der Träume, in denen die Gesetze der Physik und der Logik außer Kraft gesetzt waren. Clara war in dieser Zeit ganz mit ihrer Fantasie beschäftigt, war begleitet von den Geistern der Luft, des Wassers und der Erde und so glücklich, dass sie neun Jahre lang kein Bedürfnis verspürte, zu sprechen. Längst hatten alle die Hoffnung aufgegeben, sie je wieder sprechen zu hören, als sie an ihrem neunzehnten Geburtstag, nachdem sie die Kerzen auf ihrer Schokoladentorte ausgeblasen hatte, eine Stimme aus dem Gewahrsam entließ, die nach so langer Zeit wie ein verstimmtes Instrument klang.
    ›Ich werde bald heiraten‹, sagte sie.
    ›Wen?‹, fragte Severo.
    ›Den Bräutigam von Rosa‹, antwortete sie.
    Da erst merkte die Familie, dass sie zum ersten Mal wieder gesprochen hatte. Das Wunder erschütterte das Haus bis in die Grundfesten. Die ganze Familie weinte.«
    Im wahren Leben würde ein
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