Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story
Autoren: Miriam Muentefering
Vom Netzwerk:
die in einem forschen Gang die Straße hinuntergeht. Neben ihr die wippende, hüpfende Loulou, deren helles Hinterteil im Rhythmus hin und her schwingt.
    Sie hebt den Kopf und sieht zu Frauke hinauf, die ihrerseits hinabsieht zu ihrer Hündin und wahrscheinlich irgendetwas zu ihr sagt.
    Loulou jedenfalls lacht.
    Dann verschwinden sie um die nächste Häuserecke.
    ›Hunde sind schon tolle Tiere‹, denke ich.
    Ich glaube, es ist dieser Moment.
    * * *
    Als ich zehn Minuten später selbst auf der Straße unterwegs bin, bin ich wirklich nicht sicher, ob ich das Richtige tue.
    Aber in meinem Leben steht einfach viel zu vieles starr auf der Stelle. Angefangen bei meinem tristen Liebesleben des letzten Jahres bis hin zu meiner stagnierenden Doktorarbeit.
    Es wird Zeit, dass ich selbst etwas ins Rollen bringe.
    Im Hausflur auf der untersten Stufe liegt ein kleiner Stapel Zeitungen. Stadtanzeiger. Ich greife einen und steige die Treppe hinauf, den Stadtanzeiger vor der Brust wie einen Strauß rasch gepflückter Feldblumen. Oder wie ein Schild.
    »Hallo«, sagt Lu und sieht mich unverwandt an.
    Ich wette, so habe ich bisher immer Frauke angeschaut, wenn sie zu einem unerwarteten Besuch vorbeigekommen ist. Voller Anspannung, was dieses spontane Aufsuchen wohl bedeuten könnte.
    »Hi«, antworte ich, möglichst locker, obwohl alles in mir flattert wie die Flügel eines kleinen Vogels, den du in der hohlen Hand hältst. »Kann ich einen Augenblick reinkommen?«
    Lu schaut zögernd hinter sich. Ich nehme mal an, dass sie das nicht wegen der Hunde tut.
    »Oder hast du Besuch?«
    »Ja, Gabriella ist hier …«
    »Oh, na dann …« Ich wende mich schon halb um und hebe die Hand.
    »Nein. Nein, komm doch rein!«, sagt Lu entschlossen und winkt mich zu sich heran.
    Als ich an ihr vorübergehe, kann ich sie ganz deutlich riechen. Ich habe ihren Duft all die Jahre nicht vergessen.
    Aus dem Wohnzimmer kommt Kasper gerannt, und was er bei meinem Anblick mit seinen Ohren und seinem Schwanz veranstaltet, sieht verdammt nach Wiedererkennen und Freude aus.
    Ich gehe kurz in die Hocke, um ihn zu streicheln.
    Als ich mich wieder aufrichte, stelle ich fest, dass Lu immer noch an der gleichen Stelle steht und mich anstarrt.
    »Frauke hat mich gerade besucht«, fallen mir die Worte aus dem Mund, ohne dass ich sie aufhalten kann. »Und ich hab erfahren, dass es gar nicht Antonie war, mit der du neulich im Kino warst. Das konnte sie gar nicht sein, weil sie mit Frauke zusammen bei ihrer Tante zu Besuch war. In Marburg, weißt du. Sie waren zusammen in Marburg. Ich dachte, ich sollte mich bei dir entschuldigen. Dafür dass ich dachte, du wolltest dich in eine Beziehung einmischen.«
    Lu staunt mich mit offenem Mund dann.
    Dann lacht sie und streckt die Hand aus. »Entschuldigung angenommen. Und jetzt komm endlich rein. Dann kannst du meine Frau kennen lernen.« Dazu grinst sie so breit, dass es schon fast obszön wirkt. Wer denkt, dass Julia Roberts einen großen Mund hat, der sollte Lu mal sehen.
    Also folge ich ihr und den Hunden ins Wohnzimmer, wo auf dem Sofa, das heute aber nicht ausgeklappt ist, die blonde Frau von der Party neulich sitzt.
    Wir geben uns artig die Hand, und Lu stellt ein Glas mit Saft für mich auf den niedrigen Tisch.
    »Gabriella hat mir gerade angeboten, dass ich bei ihr einziehen kann, wenn es so weit ist. Ihre Wohnung ist recht klein, aber als Übergang wäre es in Ordnung. Bis ich mit den Hunden etwas Schönes gefunden habe. Ist nicht so einfach mit drei Viechern, weißt du. Die meisten wollen noch nicht mal einen Hund. Aber dann gleich drei und dann auch noch meine riesige Jojo. Da winken sie nur ab. Tja, und bei Gabriella würde es übergangsweise gehen.« Lu schmunzelt. »Dann würden wir wenigstens zum ersten Mal in unserer Ehe zusammenwohnen. Das wäre doch auch was.«
    Sie klopfte Gabriella aufs Knie, die diese kumpelhafte Geste mit einem freundlichen Lächeln kommentiert.
    Ich lächele auch. Ich lächele wie unter Zwang. Irgendwie gefällt mir die Vorstellung nicht, Lu und Gabriella könnten nicht nur einen legalen Verpartnerungsschein, sondern auch eine gemeinsame Wohnung teilen.
    Daher halte ich den City-Anzeiger hoch, den ich immer noch fest umklammere.
    »Wir können ja schauen, ob es noch eine Alternative gibt.«
    Lu nimmt das Blatt aus meiner Hand und schlägt es auf der Seite mit den Immobilienangeboten auf.
    »Ich habe Lu auch gesagt, ist noch genug Zeit«, sagt Gabriella da mit leicht heiserer Stimme zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher