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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story
Autoren: Miriam Muentefering
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Gegenwart verliebte Blicke zuwerfen oder einen raschen Kuss tauschen, nicht zu den Höhepunkten in meinem Leben.
    ›Du suchst doch das Drama ganz bewusst!‹ , hatte Armin das damals mitleidlos kommentiert. ›Du bist nicht zufrieden, wenn es glücklich und harmonisch zugeht. Sonst hättest du zugegriffen, solange sie noch interessiert war. Aber nein! Du musstest ja warten, bis eine andere auftauchte. Und jetzt, wo alles zu spät ist, ist das Gejammer wie immer groß!‹
    Ich weiß die Ehrlichkeit eines guten Freundes sehr zu schätzen. Manchmal frage ich mich allerdings, wieso er diese schonungslose Offenheit für sich allein gepachtet hat. Schließlich ist er derjenige, der seit mittlerweile drei Jahren eine Affäre mit einem verheirateten Mann unterhält und immer noch hofft, der smarte Typ würde demnächst Frau und Kind verlassen.
    Wie auch immer, ich schicke Armin die angekündigte sms mit Uhrzeit und Adresse für unser Treffen und werfe einen Blick in meinen Kleiderschrank. Wohnungen besichtigen bedeutet, in punkto Kleidung genau den richtigen Griff zu tun. Es laufen Leute bei Besichtigungen auf, die sind ausstaffiert, als gingen sie auf einen Opernball. Neben diesen verwundert bestaunten Overdressten stehen die Leger-zerbeulte-Jeans-na-und-Typen recht armselig, aber nicht minder verlegen, in der Gegend herum. Auf ein WG -Zimmer hätten sie vielleicht eine Chance, aber sicher nicht bei gut situierten Vermietern.
    Bei Wohnungsbesichtigungen musst du die Anzeige vorher intensiv studieren. An der Anzeige lässt sich häufig bereits erkennen, ob die Vermieter auf die gleichen Dinge Wert legen wie du.
    Gemütlich. Sonnig. Ruhig. Wald. Altbau.
    Sogar erlaubte Hunde sagen dir, was dich erwartet: Eine Form von urtümlicher Behaglichkeit.
    Ich wähle meine braune Wildlederhose, durch deren Schlaufen ich einen handgemachten Stoffgürtel ziehe. Dazu die halbhohen Schuhe mit den weichen Sohlen. Oben reicht jetzt, Anfang Mai, ein Träger-Shirt mit leger fallender, aber erkennbar teurer Strickjacke. Und die Haare? Ich laufe barfuß ins Bad und betrachte mich kritisch im Spiegel.
    Alle Welt behauptet, ich sei schön.
    Ich finde, schön ist ein mächtiges Wort.
    Hübsch zu sein stelle ich mir netter vor. Hübsch. Das klingt so leicht und angenehm wie ein bunter Schmetterling, wie eine im Sommerwind dahintrudelnde Feder. Schön zu sein ist in etwa so schwer und klebrig wie Buttercremetorte auf einen vollen Pizzamagen.
    Es ist mächtig anstrengend, schön zu sein, weil du fortwährend angestarrt wirst, wenn du irgendwo auftauchst. Egal, ob du zum Tanzen in die Disco gehst oder an der Uni eine neue Gruppe Seminarteilnehmer begrüßt, überall glotzen die Menschen dich an. Als seiest du nur zur Welt gekommen, um der Allgemeinheit einen zusätzlichen Lustgewinn zu verschaffen.
    Die erlaubten Hunde wohlweislich in meine Überlegungen einbeziehend, entscheide ich mich für eine Spange, die meine Haare im Nacken locker zusammenhält.
    Frauke hat auch einen Hund.
    Loulou. Ein wild getüpfelter Mischling.
    Vielleicht möchte ich die Wohnung deswegen so gern ansehen. Weil ich weiß, dass Frauke dort auch gern leben würde. Obwohl nach allem, was zwischen uns geschehen ist, klar ist, dass sie dort nicht mit mir leben wollte. Beim Gedanken an ihre Freundin Antonie, die bestenfalls hübsch – auf keinen Fall schön – ist, aber trotzdem bei Frauke das Rennen gemacht hat, kann ich im Spiegel sehen, wie sich meine Brauen zusammenziehen.
    Ich finde, die beiden passen nicht zueinander. Aber mit der Meinung stehe ich ziemlich allein da. Denn alle anderen sind von dem neuen Traumpaar total entzückt.
    ›Du bist nur auf Kollisionskurs, weil du sie immer noch nicht aufgegeben hast!‹ , wusste Armin neulich mal zu analysieren, als ich in einem Nebensatz mit gerümpfter Nase Antonies Namen fallen ließ. Aber er braucht ja nicht zu wissen, dass die grundsätzlich erlaubten Hunde den Ausschlag gegeben haben, mich an diesem Wochenende für eben diese Wohnung zu entscheiden. Er würde darüber sowieso nur weise den Kopf schütteln. Um halb zwölf mache ich mich jedenfalls eher unauffällig, gerade deswegen aber wahrscheinlich genau passend gekleidet, auf den Weg.
    Manche Menschen mögen meine Wochenend-Vergnügung merkwürdig finden.
    Meine beste Freundin Hannelore, die mit ihren siebzig Jahren wirklich eine Menge Erfahrung gesammelt hat, sagt dazu jedoch nur: »Besser als fernsehen! Und fast so gut wie die Gala !«
    Ich selbst habe mein neues
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