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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story
Autoren: Miriam Muentefering
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schönes Hobby, wissen Sie. Aber die Blumen geben einem nichts zurück als ihre Schönheit.« Sie grinst.
    »Warum halten Sie sich keinen Hund?«, will ich wissen.
    Ihr Blick fällt hinunter auf ihr linkes Bein. Jetzt erst fällt mir auf, dass ihre weite Baumwollhose irgendetwas verbirgt. Auch ihr leichtes Humpeln war mir schon aufgefallen.
    »Ich habe bei dem Unfall nicht nur meinen Mann verloren, sondern auch Fuß und Unterschenkel. Da sind lange Spaziergänge nicht drin. Manche Bekannten sagen, ich soll mir doch irgendeinen Schoßhund anschaffen, aber das kommt für mich nicht infrage. Jeder Hund braucht Bewegung. Egal wie klein er ist.«
    Ich nicke beipflichtend, obwohl ich von Hunden ähnlich viel Ahnung habe wie von Orchideen. Nämlich null.
    Während Armin mit unbestechlicher Kennermiene die Bodenbretter in der Diele auf Knarzgeräusche testet, mustert er mich fragend. Immerhin haben wir schon ein paar Dutzend Besichtigungen gemeinsam hinter uns gebracht. Und so ein merkwürdiges Gehabe kennt er nicht an mir.
    Normalerweise gehe ich aufmerksam, mit weit offenen Augen durch die Räume, betrachte alle Details, damit wir uns später, bei einem Milchkaffee, darüber unterhalten können. Aber hier stehe ich einfach nur herum und mir ist, als würde ich eher in mich hineinschauen als auf die hübsch eingerichteten Zimmer.
    Und das ist so, weil ich dieses Gefühl habe.
    Armin wirft mir mit gerunzelter Stirn einen auffordernden Blick zu, bevor er ins Bad schlendert, vermutlich, um dort die Wände auf frühere Wasserschäden zu untersuchen.
    »Sie sind doch nicht verheiratet, oder?« Frau Beckmann hat Armins Blick auch bemerkt und sieht mich nun offen an. Ihre Augen spiegeln mir die Farbe meiner eigenen Augen. Es ist eine seltene Farbe. Klares Grau. Ein extremer Kontrast zu meinen dunklen Haaren.
    Bei ihr sieht das Grau der Augen zur Farbe ihrer Haare sehr harmonisch aus. Eine Frau mit solchen Augen kann man nicht anlügen. Von diesem intensiven Blick würde jeder sofort durchschaut.
    Daher schüttele ich den Kopf und lächele. »Nein. Um ehrlich zu sein, sind wir nicht einmal ein Paar, nur sehr gut befreundet.«
    Sie nickt. »Dachte ich mir. Freundschaft zwischen Frauen und Männern kommt nicht so oft vor. Und nur selten kommt es in einer Partnerschaft vor. Mein Mann war mein bester Freund.«
    Darauf weiß ich nichts zu sagen.
    Ich weiß nicht, wie lange der Unfall schon zurückliegt. Weiß nicht, ob der Verlust noch ganz frisch ist.
    In ihren Augen ist kein Schmerz zu entdecken. Sie lächelt.
    »Ich glaube, wir müssen schon wieder los«, sage ich rasch und sehe auf die Uhr. »Danke, dass wir kommen durften. Es ist eine wirklich wunderschöne Wohnung.«
    Frau Beckmann strahlt. »Schön, dass sie Ihnen gefällt. Ihr Freund hat mir bereits Ihre Telefonnummer gegeben. Ich melde mich dann also, wenn ein Auszugstermin feststeht.«
    »Ja. Ja, gerne.« Ich gehe durch die Diele ins Bad und zupfe Armin, der gerade mit dem Kopf unterm Waschbecken hängt, am Ärmel. »Kommst du?«
    Mein bester Freund deutet vage in Richtung Dusche und wispert: »Das Silikon muss dringend gemacht werden. Risiko von Wandschimmel.«
    Ich schaue hin. Und sehe nur einen fröhlich bunten Duschvorhang, der die hellen, freundlich wirkenden Kacheln und eine saubere Keramikduschtasse zur Hälfte verbirgt. Von Schimmel echt keine Spur.
    »Komm schon«, wiederhole ich und gehe vor.
    Armin wirft noch einen sehnsüchtigen Blick in den einladend gestalteten Wohnraum, nickt dann aber zustimmend. Er kennt mich seit mehr als fünfzehn Jahren und weiß, wann ich es ernst meine.
    »Die Böden knarren in jedem Raum. Aber am lautesten in der Diele. Da kannst du keinen Schritt tun, ohne dass man das im Schlafzimmer hört«, raunt er mir leise zu, als wir den schmalen Gartenweg zum Tor hinausgehen. »Und Holzfenster sehen zwar schick aus, aber wahrscheinlich ist es ziemlich zugig im Winter. Vor allem im Kinderzimmer, aus dem ich übrigens auf jeden Fall das Arbeitszimmer machen würde. Du auch?«
    Wir sind bei unseren Autos angekommen, und jetzt sieht er mich wachsam an.
    Ich kenne das.
    Er ist eben nur zufrieden, wenn er etwas zu meckern findet. Er nörgelt gern und fühlt sich dabei wie der Fachmann, und natürlich ist ihm nie eine der besichtigten Wohnungen jemals gut genug, um dort einzuziehen.
    Ich kann nur hoffen, dass er niemals in unserem gemeinsamen Leben auf die Idee kommt, sich tatsächlich eine neue Wohnung zu suchen. Denn unsere samstäglichen Ausflüge
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