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Emma traut sich was

Emma traut sich was

Titel: Emma traut sich was
Autoren: Maja von Vogel
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dann immer nur auf ihre Füße und sagt keinen Pieps.
    So ungefähr sah es also bei uns aus, als Mama eines Abends in den Sommerferien verkündete: »Gesa und ich möchten gerne etwas Wichtiges mit euch besprechen.«
    Wir hatten gerade einen von Gesas supergesunden Gemüseaufläufen verputzt, der trotz der ganzen Körner gar nicht so übel gewesen war. Zum Nachtisch gab es Jogurt mit frischen Früchten und Leinsamen. Wackelpudding wäre mir lieber gewesen, aber wahrscheinlich mussten erst Ostern und Weihnachten zusammenfallen, damit Gesa so etwas Ungesundes auf den Tisch brachte. Schade eigentlich.
    Mama holte tief Luft. »Gesa und ich planen seit einiger Zeit ein ganz besonderes Projekt. Aber bevor wir so richtig loslegen, möchten wir erst mal wissen, was ihr davon haltet.«
    Mamas Ankündigung machte mich sofort misstrauisch. Das klang irgendwie nach Ärger. Ich hörte auf, in meinem Jogurt herumzurühren, und warf Tim einen fragenden Blick zu. Tim ist mein Zwillingsbruder. Meistens verstehen wir uns ohne Worte, obwohl wir eigentlich total verschieden sind. Die meisten Leute glauben gar nicht, dass wir tatsächlich Zwillinge sind. Wir sehen uns kein bisschen ähnlich. Ich hab zum Beispiel blonde Haare und Tim braune. Ich bin eher klein und Tim ist eine Bohnenstange. Außerdem rede ich die ganze Zeit und Tim hält meistens den Mund. Er sitzt am liebsten stundenlang in seinem Zimmer und bastelt an seinem alten Computer herum. Der ist nämlich ständig kaputt. Ich werde ganz kribbelig, wenn ich lange stillsitzen muss. Darum gehe ich auch so gerne zum Schwimmtraining, da ist man immer in Bewegung und kann sich richtig gut abreagieren.
    Der einzige Ort, an dem ich keine Probleme mit dem Stillsitzen habe, ist meine Hängematte. Sie hängt oben in meinem Zimmer zwischen zwei Dachbalken und ist mein absoluter Lieblingsplatz. In meiner Hängematte kann ich stundenlang herumliegen, ohne das kleinste bisschen kribbelig zu werden. In der Schule dagegen werde ich immer schon nach fünf Minuten total nervös und würde am liebsten einfach aufspringen und nach draußen rennen. In Mathe sogar schon nach drei Minuten.
    Tim fing meinen Blick auf und zuckte mit den Schultern. Er wusste also auch nicht, was los war. Ich merkte, wie meine Hände auf einmal ganz kalt wurden und der Auflauf in meinem Bauch zu Eis gefror. Die Situation erinnerte mich plötzlich an ein anderes Abendessen vor ein paar Wochen, am Anfang der Sommerferien. Da hatte Mama auch etwas Wichtiges mit uns besprechen wollen. Und was war dabei herausgekommen? Dass meine Eltern eine Beziehungskrise haben und eine Auszeit brauchen, dass Papa vorläufig auszieht und Mama eine WG mit Gesa und Mona gründen will.
    Ich sag's euch, das war ein ganz schöner Schock, echt wahr. Manchmal glaube ich, ich hab mich immer noch nicht ganz davon erholt. Na ja, auf jeden Fall wohnte Papa seitdem bei dieser Carola, seiner neuen Freundin. Keine Ahnung, was er an der so toll fand. Ich konnte sie jedenfalls nicht leiden. Sie war viel jünger als Papa. Außerdem war sie klein, hässlich und blöd. Na ja, zumindest meistens. Manchmal konnte sie auch ganz nett sein. Aber das kam nur sehr, sehr selten vor. Genau genommen war das die große Ausnahme. Hoffentlich hatte Papa bald genug von ihr. Dann konnte er zu uns zurückkommen und alles wäre wieder in Butter.
    »Ein Projekt?«, fragte Mona und machte große Augen. »Das klingt ja spannend. Was für ein Projekt denn?«
    »Also, es geht um Folgendes«, fing Gesa an. »Heutzutage werden immer mehr Menschen krank, weil sie sich falsch ernähren, zu viel Stress haben oder einfach verlernt haben, auf ihren Körper zu hören Ich gähnte. Diesen Vortrag kannte ich bereits in- und auswendig. Gesa hatte ihn uns nämlich schon öfter gehalten. Wollte sie etwa, dass wir jetzt alle Vegetarier wurden? Oder morgens immer mit ihr zusammen Yogy machten, damit wir gesund und fit blieben? Na, da konnte sie lange warten. Ich würde mich bestimmt nicht jeden Morgen hinstellen und all diese komischen Verrenkungen machen. Und Klaus garantiert auch nicht. Klaus ist mein anderer Bruder. Er ist schon sechzehn und hält sich für total cool, weil er immer auf seinem schrottreifen Mofa durch die Gegend düst und sich die Haare lang wachsen lässt. Natürlich ist er in Wirklichkeit kein bisschen cool. Im Gegenteil, eigentlich sieht er ziemlich dämlich aus: herausgewachsener Kurzhaarschnitt, tausend Pickel im Gesicht und eine ekelhaft speckige Lederhose, die er nie
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