Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elric von Melnibone

Elric von Melnibone

Titel: Elric von Melnibone
Autoren: Michael Moorcock
Vom Netzwerk:
ließ sich kaum noch im Zaum halten; immer wieder wich es Pfützen aus, die sich überall dort gebildet hatten, wo die Straße nicht mehr in Ordnung war. »Im Labyrinth gefangen, heute früh. Barbaren aus dem Süden, nach der karierten Kleidung zu urteilen. Wir warten darauf, daß der Herrscher sie persönlich verhört.«
    Elric hob die Hand. »Dann führe uns, Hauptmann. Wir wollen uns die mutigen Toren anschauen, die sich in Melnibones Meereslabyrinth gewagt haben.«
    Der Monshanjik-Turm war nach dem ZaubererArchitekten benannt, der vor Jahrtausenden das Meereslabyrinth geschaffen hatte. Das Labyrinth bildete den einzigen Zugang zu dem großen Hafen Imrryrs, und sein Geheimnis wurde sorgfältig gehütet, bot es doch den besten Schutz vor Überfällen. Das Labyrinth war kompliziert, und die Schiffslotsen mußten speziell ausgebildet werden. Bevor das Labyrinth gebaut wurde, war der Hafen eine Art Binnenlagune gewesen, gespeist durch Meerwasser und durch ein System natürlicher Höhlen in den hohen Klippen, die zwischen Lagune und Ozean aufragten. Es gab fünf verschiedene Routen durch das Meereslabyrinth, von denen jeder Lotse nur eine kannte. In der Außenwand der Klippe gähnten fünf Eingänge. Hier warteten die Schiffe aus den Jungen Königreichen, bis ein Lotse an Bord kam. Daraufhin wurde eine der fünf Zufahrten geöffnet, die Besatzung an Bord bekam Augenbinden umgelegt und mußte unter Deck, bis auf den Rudermeister und den Steuermann, denen Stahlhelme aufgesetzt wurden, damit sie nichts sehen konnten und nur in der Lage waren, die komplizierten Anweisungen der Lotsen auszuführen. Wenn ein Schiff aus den Jungen Königreichen eine solche Anweisung mißachtete und etwa gegen die Felswand lief, nun, so trauerte Melnibone nicht darum; überlebende Besatzungsmitglieder wurden versklavt. Wer mit der Träumenden Stadt Handel trieb, kannte diese Risiken, dennoch trotzten jeden Monat Dutzende von Kaufleuten den Gefahren des Labyrinths, um ihre armseligen Waren gegen die Reichtümer Melnibones einzutauschen.
    Der Monshanjik-Turm überragte das Hafenbecken und die breite Mole, die mitten in die Lagune ragte. Ein meergrüner Turm, gedrungen im Vergleich zu den meisten anderen Türmen in Imrryr, dennoch ein schön gestaltetes, nach oben sich verjüngendes Bauwerk mit breiten Fenstern, aus denen der ganze Hafen überschaut werden konnte. Hier im Monshanjik-Turm wurden die meisten Hafengeschäfte abgewickelt, während in den tieferliegenden Kellergeschossen Gefangene hausten. Sie hatten eine der unzähligen Vorschriften übertreten, die das Leben im Hafen bestimmten. Elric ließ Cymoril mit einem Leibwächter zum Palast zurückkehren und bog zum Turm ab; er ritt durch den großen Torbogen an seinem Fuße und versprengte dabei eine nicht kleine Gruppe von Kaufleuten, die auf die Erlaubnis warteten, mit dem Verkauf zu beginnen; das ganze Erdgeschoß war voller Seeleute, Händler und melniboneischer Beamter, die der Tätigkeit des Feilschens nachgingen, obgleich an diesem Ort die eigentlichen Waren nicht zur Schau gestellt wurden.
    Das widerhallende Durcheinander von tausend Stimmen, die mit tausend Aspekten der Geschäftemacherei befaßt waren, verstummte langsam, während Elric und sein Wächter in stolzer Pose zu einem zweiten Torbogen am anderen Ende des Saales ritten. Dieses Tor führte zu einer Rampe, die sich in die Untergeschosse des Turms krümmte.
    Diese Rampe polterten die Reiter hinab und kamen dabei an Sklaven, Dienern und Beamten vorbei, die hastig Platz machten und sich tief verbeugten, sobald sie den Herrscher erkannten. Riesige Fackeln erhellten den Tunnel, zischend und qualmend warfen sie verzerrte Schatten auf die glatten Obsidianwände. Hier unten lag ein kühler Hauch in der Luft, ein Hauch von Feuchtigkeit, denn Wasser umspülte die Grundmauern des Turms unterhalb der Kais von Imrryr. Und weiter ritt der Herrscher, und immer tiefer führte die Rampe ins glasige Gestein. Plötzlich stieg den beiden eine Hitzewelle entgegen, unruhiger Lichtschein tauchte vor ihnen auf, und schließlich kamen sie in ein Gewölbe, in dem es nach Rauch und Angst roch. Von der niedrigen Decke hingen Ketten, und an acht Ketten, an den Füßen festgemacht, baumelten vier Menschen. Die Kleidung hatte man ihnen vom Leib gerissen, doch ihre Körper waren in Blut gehüllt, das aus zahllosen winzigen Wunden quoll, präzise, doch grausam beigebracht von dem Meister, der mit dem Skalpell in der Hand danebenstand und sein Werk
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher