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Elric von Melnibone

Elric von Melnibone

Titel: Elric von Melnibone
Autoren: Michael Moorcock
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weiß, das ihre tief schwarz - flatterte im Wind, der von Osten heranwehte.
    Sie fanden eine große trockene Höhle, in der die Geräusche des Meeres eingefangen und in flüsternden Echos zurückgeworfen wurden. Im Schatten dieser Höhle legten sie die Seidenkleidung ab und begannen ein zärtliches Liebesspiel. Sie lagen sich in den Armen, während der Tag wärmer wurde und der Wind nachließ. Dann badeten sie im Meer und füllten den leeren Himmel mit ihrem Lachen.
    Als sie trocken waren und sich ankleideten, bemerkten sie eine Verdunklung am Horizont. Elric sagte: »Ehe wir in Imrryr eintreffen, sind wir wieder naß. Wie schnell wir auch reiten, das Unwetter holt uns ein.«
    »Vielleicht sollten wir in der Höhle bleiben, bis es vorbei ist«, schlug sie vor, trat dicht neben ihn und drückte ihren weichen Körper gegen den seinen.
    »Nein«, antwortete er. »Ich muß bald zurück. In Imrryr liegen Mittel bereit, die ich einnehmen muß, wenn mein Körper bei Kräften bleiben soll. Noch eine Stunde oder zwei, dann setzt meine Schwäche ein. Du hast mich schon schwach gesehen, Cymoril.«
    Sie streichelte sein Gesicht, und in ihren Augen stand ein mitfühlender Ausdruck. »Ja, ich habe dich schwach gesehen, Elric. Komm, wir wollen die Pferde suchen.«
    Als sie die Tiere erreichten, war der Himmel über ihnen grau geworden, und weiter östlich brodelte es schwärzlich. Sie hörten Donner grollen und sahen Blitze zucken. Das Meer bäumte sich auf, wie angesteckt von der Hysterie des Himmels. Die Pferde schnaubten unruhig und stampften im Sand; sie wollten nach Hause. Als Elric und Cymoril in den Sattel stiegen, klatschten ihnen bereits die ersten großen Regentropfen ins Gesicht und breiteten sich in dunklen Flecken auf den Mänteln aus.
    Und schon ritten sie in gestrecktem Galopp zurück nach Imrryr, die Blitze zuckten ringsum, und der Donner grollte wie ein erzürnter Riese, wie ein alter großer Lord des Chaos, der sich ungebeten in das Reich der Erde durchzukämpfen versuchte.
    Cymoril blickte in Elrics bleiches Gesicht, das einen Augenblick lang durch aufzuckendes Himmelsfeuer erleuchtet wurde, und sie spürte eine Kälte im Leibe, einen Frosthauch, der nichts mit dem Wind oder dem Regen zu tun hatte, denn in diesem Augenblick wollte ihr scheinen, als wäre der sanftmütige Gelehrte, den sie liebte, von den Elementen in einen höllenbesessenen Dämon verwandelt worden, in ein Monstrum, das kaum noch menschliche Züge aufwies. Die roten Augen leuchteten im Weiß seines Schädels wie die Flammen der Höheren Hölle; das Haar wurde emporgepeitscht zum Busch eines unheimlichen Kampfhelms, und der Mund schien im trügerischen Licht des Unwetters wie in einer Mischung aus Zorn und Qual verzerrt zu sein.
    Plötzlich erkannte Cymoril die Wahrheit.
    Sie erkannte mit innerer Klarheit, daß dieser morgendliche Ritt der letzte Augenblick des Friedens war, den sie beide je erleben würden. Das Unwetter war ein Zeichen der Götter - eine Warnung vor kommenden Stürmen.
    Wieder blickte sie zu ihrem Liebsten hinüber. Elric lachte. Er hatte das Gesicht nach oben gedreht, so daß ihn der warme Regen direkt traf, daß ihm das Wasser in den offenen Mund plätscherte. Sein Lachen war das ungehemmte, schlichte Lachen eines glücklichen Kindes.
    Cymoril versuchte das Lachen zu erwidern, aber dann mußte sie das Gesicht abwenden, damit er es nicht sah. Cymoril hatte zu weinen begonnen.
    Sie weinte noch, als Imrryr in Sicht kam - eine groteske schwarze Silhouette vor der hellen Linie des noch nicht vom Unwetter betroffenen westlichen Horizonts.

4
    GEFANGENE: GEHEIMNISSE WERDEN IHNEN ENTRISSEN
    Die Männer in gelben Rüstungen erblickten Elric und Cymoril, als sich die beiden dem kleinsten der Osttore näherten.
    »Sie haben uns endlich gefunden«, sagte Elric lächelnd durch den Regen. »Aber etwas zu spät, nicht wahr, Cymoril?«
    Cymoril, die noch mit ihren düsteren Vorahnungen kämpfte, nickte nur und versuchte ein Lächeln aufzusetzen.
    Elric interpretierte dies als Ausdruck der Enttäuschung und weiter nichts und rief seinen Wächtern zu: »Ho, Männer! Wir sind bald alle wieder trocken!«
    Doch der Kommandant der Garde ritt im Galopp herbei und rief: »Mein Lord Herrscher wird dringend im Monshanjik-Turm erwartet, wo man Gefangene festhält.«
    »Spione?«
    »Aye, mein Lord.« Das Gesicht des Mannes war bleich. Wasser plätscherte in Sturzbächen von seinem Helm und erzeugte dunkle Flecken auf seinem dünnen Mantel. Sein Pferd
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