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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln
Autoren: Carl Hanser Verlag
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auf einen roten Fleck auf der Karte.
    »Der Zeigestock«, sagte Timo. »Aber Vorsicht, der Kleber ist noch nicht trocken!«
    »Das ist Tokio, merkt euch das!«, sagte der Lehrer, der Timo anscheinend nicht gehört hatte.
    Wir wunderten uns ein bisschen, weil uns neu war, dass der Zeigestock einen Namen hatte, aber es ging noch weiter. Der Lehrer klopfte noch dreimal mit dem Zeigestock auf rote Flecken und rief jedes Mal einen anderen Namen:
    »Berlin!«
    »London!«
    »Paris!«
    »Die Namen könnt ihr morgen im Schlaf!«, sagte er, und das fanden wir ganz schön schwer. Der Zeigestock hatte ja fast so viele Namen wie Pippi Langstrumpf.
    Danach tauschte der Lehrer die Landkarte gegen ein großes Bild, auf dem entweder Koj oder Ote zu sehen war. Genau wussten wir das nicht, weil sie sich ziemlich ähnlich sehen. Der Lehrer erklärte uns, das auf dem Bild sei ein Kojote, und zur Zivilisation gehöre auch, dass man die Tiere fremder Länder kennt.
    Ganz zum Schluss sagte der Lehrer noch, wir sollten die Lesebücher herausholen, aber die hatten wir natürlich zu Hause, weil er ja selbst gesagt hatte, dass von jetzt an unsere Gehirne unsere Schulbücher seien. Unsere Gehirne hatten wir natürlich alle dabei, wahrscheinlich sogar Pekka, obwohl man es bei ihm nicht so merkt. Nur Mika beschwerte sich, dass ihm niemand gesagt hätte, was er alles mitbringen sollte, sonst hätte sich seine Mutter darum gekümmert.
    »Macht nichts«, sagte der Lehrer. »Wir verlassen uns auf unsere Kreativität, dann kann sowieso nichts schiefgehen. Und zum Ende der Stunde tragen wir den ausländischen Besuchern ein Stück aus dem Kalevala vor, das wird der feierliche Höhepunkt der Veranstaltung. Kleine Blondschöpfe, die mit leuchtenden Augen unsterbliche Rosinen aus unserer Nationaldichtung picken – euer Anblick wird den Geist unserer Besucher emporschnellen lassen zu den Sternen, und sie werden verstehen, wo die finnische Zivilisation ihren tiefen Ursprung hat!«
    Wir verstanden kein Wort, aber die Augen des Lehrers leuchteten, als er jetzt von einem zum anderen sah.
    »Was ist das Kalevala?«, fragte Hanna.
    Das Leuchten in den Augen des Lehrers verschwand so schnell, wie es gekommen war. Er seufzte tief und zog ein dickes Buch aus seiner Aktentasche.
    »Das Kalevala ist ein Buch, dessen Anfang wir jetzt auswendig lernen. – Achtung, alle sprechen mir nach!«
    Er schlug das Buch auf, und es ging los.
    »Mich verlangt in meinem Sinne.«
    »Mich verlangt in meinem Sinne.«
    »Mich bewegen die Gedanken.«
    »Mich bewegen die Gedanken.«
    »An das Singen mich zu machen.«
    »An das Singen mich zu machen.«
    »Mich zum Sprechen anzuschicken.«
    »Mich zum Sprechen anzuschicken.«
    »Stammesweise anzustimmen.«
    »Stammesweise anzustimmen.«
    »Schwammesweise anzuschwimmen.«
    »Pekka, sei still!«
    »Pekka, sei still!«
    »Sippensang nun anzuheben.«
    »Sippensang nun anzuheben.«
    »Sippensang, zwippenzwang, gleich gibt’s was auf den Zwickel!«
    »Rambo, sei still!«
    »Rambo, sei still!«
    »Ihr müsst nicht alles nachsprechen!«
    »Ihr müsst nicht alles nachsprechen!«
    »Hört mit dem Blödsinn auf!«
    »Hört mit dem Blödsinn auf!«
    »Na schön, dann sprecht eben alles nach!«
    »Na schön, dann sprecht eben alles nach!«
    »Blaukrautbleibtblaukrautundbrautkleidbleibtbrautkleidinulmundumulmundumulmherumfischersfritzfischtfrischefischefrischefischefischtfischersfritz.«
    Das Letzte sagten wir nicht mehr nach. Wir fanden das Kalevala spannend, aber den Schluss echt ein bisschen schwierig. Außerdem fing Mika wieder an zu heulen, weil angeblich alles viel zu schnell ging, vor allem für seine Mutter, und der Rambo drohte, dass er jedem einen Knoten in die Zunge macht, der ihn noch mal so einen Blödsinn nachsprechen lässt.
    »Und jetzt das Wichtigste«, sagte der Lehrer, der sich anhörte, als wäre er auch ein bisschen aus der Puste. »Notsignale!«
    Wir wussten erst gar nicht, was er meinte, aber dann erklärte er es uns. Er hatte sich drei Notsignale ausgedacht, die nur wir verstanden:
    Wenn der Lehrer mit dem linken Auge blinzelte, sollten wir still sein und lächeln.
    Wenn der Lehrer mit dem Zeigefinger seine Nase rieb, sollten wir den Kopf schütteln.
    »Aber das letzte Signal ist das Wichtigste«, sagte er. »Das benutzen wir nur im alleräußersten Notfall!«
    Dann klatschte er in die Hände.
    »Wenn ihr das hört, rennt ihr aus dem Klassenzimmer und schaut nicht zurück. – Ist das klar?«
    Klar war das klar. Wir freuten uns
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