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Ella in der zweiten Klasse

Ella in der zweiten Klasse

Titel: Ella in der zweiten Klasse
Autoren: Carl Hanser Verlag
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mehr gewöhnt seien.
    Dann war Halbzeit, und als die um war, pfiff der Schiedsrichter das Spiel wieder an. Genau da legte sich ein dunkler Schatten über den Platz. Wir erschraken fürchterlich, denn im Trubel des Spiels hatten wir die düstere Wahrheit vollkommen vergessen.
    »Sie greifen an!«, schrie Timo.
    Dann nahm er den Ball unter den Arm und lief auf den Rand des Spielfelds zu. Einen Moment lang starrten ihm alle nur nach, aber dann pfiff der Schiedsrichter auf seiner Trillerpfeife, und wir rannten hinterher.
    Es sah toll aus. Vorne rannte Timo und hinter ihm die gegnerische Mannschaft und dahinter wir. Dahinter rannten der Schiedsrichter und unser Lehrer und hinter ihnen die restlichen Schüler der beiden Schulen, die von den Zuschauerplätzen aufsprangen und ihren Mannschaften zu Hilfe kamen. Ganz hinten rannten dann die Lehrer, die ihre Schüler einfangen und auf ihre Plätze zurückschicken wollten.
    Timos Plan war perfekt. Genauso hatten wir uns das gedacht: Wenn die Raumschiffe kamen, würde er sich den Ball schnappen und vom Platz rennen, und alle Schüler kämen hinter ihm her, und die Lehrer wären angeschmiert und müssten mit leeren Händen und Bäuchen in den Weltraum zurück.
    Schade war nur, dass Timo über das Megafon stolperte, das der Lehrer weggelegt hatte, um ihm hinterherzulaufen.
    Es gab ein wahnsinniges Durcheinander, als Hunderte von Schülern und ihre Lehrer gleichzeitig versuchten, Timo den Ball abzunehmen.

    Der Schiedsrichter pfiff wie wild, und alles war in einen immer schwärzeren Schatten gehüllt, der uns bald für immer verschlingen würde. Wir hatten nicht mehr viel Zeit.
    Da hörten wir von hoch oben eine hallende, metallische Stimme.
    »Alle Schüler herhören!«, schrie Timo vom obersten Zuschauerrang durchs Megafon. Und dann hielt er eine Rede. Er erklärte in der Rede, dass alle Lehrer in Wirklichkeit Weltraummonster seien, und Pekka und der Rambo auch, und dass das Fußballspiel in Wirklichkeit nur eine Falle sei, um uns in die Raumschiffe zu kriegen, die gekommen seien, um uns abzuholen.
    Es war die tollste Rede, die ich je gehört hatte. Die Schüler beider Schulen klatschten Beifall und jubelten, und nur die Lehrer waren ganz still.
    Schade war nur, dass plötzlich eine große Hand hinter Timo auftauchte und ihn wie eine reife Beere vom Sitz pflückte, auf dem er stand. Es war die Hand unseres Lehrers. Aber statt dass er Timo in ein Raumschiff geschleppt hätte, trug der Lehrer ihn nur zu einer Bank am Spielfeldrand und sagte, das sei die Strafbank. Wir fanden das seltsam. Niemand hatte uns erzählt, dass man auch beim Fußball auf die Strafbank kommen kann. Das kannten wir bis dahin nur vom Eishockey.
    Für das Spiel war es aber auch nicht schlimm, dass Timo draußen sitzen musste, denn plötzlich begann es, in Strömen zu regnen. Die düsteren Schatten waren Regenwolken gewesen. Aber das Seltsamste war, dass wir den Ball wieder im gegnerischen Tor fanden, nur war er jetzt geplatzt und genauso platt wie unserer. Aber Tor ist Tor, das ist nun mal so beim Fußball.
    Von da an war unsere Mannschaft klar überlegen. Pekka und der Rambo waren nämlich unschlagbar im Platte-Bälle-Treten. Irgendwann stand das Spiel fünfzig zu eins oder jedenfalls so ungefähr. Niemand zählte mehr so recht die Tore, weil unser Lehrer, der Schiedsrichter und die gegnerische Mannschaft zu den Zuschauern auf die Ränge geflüchtet waren.
    »Was um Himmels willen gebt ihr denen zu essen?«, hörte ich den Schiedsrichter unseren Lehrer fragen, als ich gerade einen Einwurf machen musste.
    »Nichts Besonderes«, antwortete unser Lehrer bescheiden. »Und übrigens war das heute noch ein etwas ruhigerer Tag.«
    »Das war mit Sicherheit das seltsamste Fußballspiel, das ich je geschiedsrichtert habe«, staunte der Schiedsrichter.
    »Trotzdem hast du unsere Wette verloren. – Her mit dem Fünfer!«, sagte der Lehrer und wirkte ziemlich zufrieden.
    Timo, Tiina, Mika, Hanna, Pekka, der Rambo, die anderen und ich rannten weiter im Regen über den Platz. Fußball machte eigentlich sogar Spaß, vor allem jetzt, wo es so aussah, als wollte uns doch niemand in den Weltraum verschleppen. Und scheinbar wollte uns auch niemand verspeisen. Jedenfalls hatte der Lehrer zu Timo auf der Strafbank gesagt, selbst wenn er ein noch so hungriges Weltallmonster wäre und wir die letzten Kinder auf dem Planeten Erde – an seinem Esstisch wolle er trotzdem keinen von uns sehen. Darüber waren wir alle sehr froh, und
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