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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen
Autoren: Sandra Worth
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ihre Vespergesänge anstimmten, knieten wir uns alle zum Gebet. Selbst meine kleinen Schwestern legten ihre Hände zusammen und murmelten mit uns.
    Die Tage verstrichen, aber erst nach Ostern erreichte uns wieder Nachricht. Eines Abends, als wir auf dem Stroh beim Essen hockten, brach auf einmal ein Tumult draußen los. Dann ging die Tür auf, und Soldaten kamen hereingestolpert. Wir sprangen auf und starrten sie an, denn wir alle wussten, dass sie Nachricht von der Schlacht brachten.
    »York hat verloren!«, schrie einer der Männer, ehe er an einer der Mauern zu Boden sank. »York hat verloren   ...«
    Ich sah meine Mutter und meine Großmutter an. Beide waren so bleich wie die Laken geworden, auf denen wir früher schliefen. Langsam sank meine Großmutter zu Boden und blieb schweigend dort sitzen. Meine Mutter stand mitten im Raum, sah verwirrt aus, als hätte sie nicht verstanden, was gesagt worden war, und bewegte die Lippen, ohne dass ein Wort herauskam.
    Dann fiel sie schluchzend zu Boden.
    ~
    Die ganze Nacht lag ich wach und an meine Schwestern geschmiegt auf dem Stroh in meiner Ecke. Meine Mutter weinte, meine Großmutter versuchte, sie zu trösten, und die Kirchenglocke schlug die Stunde, während sie ihre Psalmen sangen.
    »Wir sind ruiniert«, schluchzte meine Mutter ein ums andere Mal. »Warwick wird uns abschlachten.«
    »Schhh, mein Kind. Warwick würde so etwas niemals tun. Er ist ein Ritter und nimmt seinen Schwur sehr ernst.«
    »Er kann uns nicht davonkommen lassen!«
    »Er mag uns gefangen halten, aber er wird uns nicht töten. Wir sind keine Bedrohung für   ...« Hier brach ihre Stimme ab, und die Stille hing bleiern in der Luft.
    »Sind wir nicht«, bestätigte meine Mutter, »das Neugeborene jedoch schon.« Sie brach in Tränen aus.
    »Mein Kind, wir wissen noch nicht sicher, was in Barnet geschehen ist. Die ersten Berichte von der Schlacht sind oft falsch. Edward könnte noch leben, hat vielleicht sogar gewonnen. Ich erinnere mich, dass bei Agincourt   ...«
    Meine Mutter schluchzte lauter.
    So ging es die ganze Nacht: Meine Mutter gab sich finstersten Gedanken hin, und meine Großmutter erzählte aus ihrem Leben. Sie war eine Prinzessin von Luxemburg gewesen undhatte schon vieles erlebt. Bei ihrer Heirat mit dem Duke of Bedford war König Henry noch ohne Königin gewesen, sodass meine Großmutter zur obersten Dame im Lande wurde. Das war lange bevor sie meinen Großvater, Richard Woodville, heiratete.
    Der Morgen brach an und füllte den Raum mit Licht. Meine Schwestern wachten auf, und dann regte sich der Säugling und schrie nach Essen. Meine Mutter gab ihm die Brust. Als eine Gruppe von Mönchen mit einigen Eiern, etwas Käse und Brot an unsere Tür kam, sprachen wir unsere Gebete und setzten uns anschließend zum Frühstück. Wir hatten gerade erst die Eier gegessen und ein wenig Wein getrunken, als auf dem Klosterhof Lärm ausbrach. Pferde schnaubten, Männer riefen, und Rüstungen schepperten.
    »Dürfen wir hingehen und nachsehen, was passiert?«, fragte Tom.
    »Dürfen wir hingehen und nachsehen, was passiert?«, wollte auch Dick wissen, der ständig wiederholte, was sein Bruder sagte, weil er so groß wie Tom erscheinen wollte.
    »Geht«, flüsterte meine Mutter, »aber seid sehr vorsichtig und haltet euch fern von ihnen! Sie könnten Lancastrianer sein und euch gefangen nehmen.«
    Die Jungen rannten zur Tür.
    »Vergesst nicht zurückzukommen und uns zu berichten, was ihr erfahrt!«, sagte meine Großmutter.
    Meine Mutter und meine Großmutter hielten sich wartend bei den Händen und neigten die Köpfe zum Gebet: » Ave Maria gracia plena dominus tecum   ...«
    Als die Stimmen und das Scheppern der Rüstungen lauter wurden und die Schritte näher kamen, sah ich zu meiner Mutter. Sie war sehr blass geworden und murmelte ihr Gebet nur noch. Plötzlich flog die Tür auf, und mein prächtiger Vater stand da   – lachend. Er strahlte wie ein König aus einem farbenfrohen Manuskript. Seinen mit Federn verzierten Helm mit dem goldenen Sonnen-und-Rosen-Wappen trug er unter seinem Arm, und das Haar fiel ihm auf die Schultern. Er grinste von einem Ohr zum anderen, sodass er unsere düstere Kammer einer Fackel gleich erleuchtete.
    »Papa, Papa!«, rief ich tränenblind. Ich lief zu ihm und sprang in seine Arme. Wie herrlich es sich anfühlte, wieder von ihm gehalten zu werden! Fest umklammerte ich ihn. Er war meine Sonne, mein Mond, meine Sterne am Himmel, der Regenbogen, das Lachen und
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