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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen
Autoren: Sandra Worth
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Kohlenpfanne, bewegte sie dort eine Weile hin und her und nahm sie wieder herunter. Dann hob er eine Wachsfigur aus der Schale und hielt sie in die Höhe. Ich hatte Mühe, sie durch den Rauch zu erkennen. Ein Bär? Er warf die Figur in die Schale.
    »Koche! Koche! Brenne! Brenne! Ich rufe Euch an, Götter der Nacht! Der Bär ist von Schmerzen geplagt. Er kann nicht aufrecht stehen oder sich hinlegen, weder bei Tag noch bei Nacht. Sein Maul ist mit Band gestopft! Seine Freude ist Trauer, sein Vergnügen ist Kummer!« Er warf verknotetes Band in die Flammen. »Das Wort seiner Verdammnis ist gesprochen. Sein Knoten wurde durchtrennt. Sein Werk ist zerstört   ...«
    Meine Zähne fingen an zu klappern. Wer war der Bär? Warum wollten sie seinen Knoten durchtrennen? Was sollte das bedeuten? Ich verstand nichts von alldem, auch wenn ich wusste, dass ich keinen Mucks von mir geben durfte. Denn falls sie mich entdeckten, würden sie vielleicht auch mich in die Opferschale werfen. Deshalb krümmte ich mich ganz klein zusammen und umfing meine Knie mit beiden Armen, um mich ja nicht zu rühren.
    Die drei Gestalten wanderten nun singend im Kreis. Ihre Köpfe waren geneigt, und sie schienen das Bild anzuschauen, das sie auf den Boden gemalt hatten. Ihr Gesang wie auch ihr Kreistanz wurden schneller und schneller. Bald schrien sie die Worte:
    »Meine Bilder haben dich auf den Grund der Toten geworfen.
    Meine Bilder haben dich in einem Sarg bei den Toten begraben.
    Meine Bilder haben dich der Vernichtung preisgegeben!«
    Den beiden Gestalten in den Umhängen rutschten die Kapuzen herunter. Es waren Frauen, eine mit grauem, die andere mit hellem Haar. Sie folgten dem Eselsmann, ihre schwarzen Umhänge wirbelten herum, weil sie ihre Arme wild in die Höhe warfen. Ich hatte nun solche Angst, dass ich nicht mehr zu atmen wagte. Diese Frauen waren Hexen, und jeder wusste, dass Hexen den Leuten die Herzen herausschnitten und sie aßen.
    »Gott der Nacht, wirke einen Zauber, der den Feind wirrmacht und seine Gedanken irreführt! Einen Zauber, der endgültige Vernichtung wirkt! Geist der Gräber, erinnere Dich! Sein seien die dunklen Zeiten!« Der Eselsmann hielt ein Buch in einer Hand und sprenkelte mit der anderen Wasser um sich. Eine der beiden anderen Gestalten trat aus dem Schatten. Der Rauch klärte sich. Ihr Gesicht war weiß angemalt, und sie grinste wie eine Wahnsinnige. Immer wieder wirbelte sie aus dem Schatten in den Lichtkreis, und plötzlich stand sie mitten in einem Torbogen. Fackelschein erhellte ihr Gesicht, und mein Mund öffnete sich zu einem Schrei, der in meiner Kehle erbebte und nie zu einem Laut wurde. Die Hexe mit dem weißen Gesicht   ...
    Sie war meine Mutter.
    ~
    Niemand wusste, was ich gesehen hatte, denn Tom und Dick hatten meiner Mutter gesagt, ich wäre auf dem Abort, als sie nach mir fragte. Kurze Zeit später, am zweiten November, griff meine Mutter sich an den gewölbten Bauch, stieß einen Schmerzensschrei aus und fiel beinahe hin. Meine Großmutter eilte zu ihr.
    »Komm, Bess!«, sagte meine Großmutter und führte sie hinter den weißen Seidenvorhang, der den Raum teilte.
    »O weh mir!«, schluchzte meine Mutter hinter dem Vorhang. »Weh, o weh! Ein Strohlager anstelle meines schönen Gemachs im Tower für die Ankunft meines Kindes. Wie kann das sein? Wie, Mutter?«
    »Ruhig, Kind. Wenn Edward die Schlacht gewinnt, bist du bald wieder im Tower.«
    »Es ist die   ... Schuld der   ... Nevilles«, keuchte meine Mutter. »Das vergesse ich ihnen nicht.«
    »Nein, wir vergessen es nicht.«
    »Wäre Warwicks Bruder nicht   ... nicht zurückgegangen   ... an seine Seite   ... nichts von diesem hier   ... wäre geschehen   ... und   ... Edward noch König.«
    »Ich weiß, mein Kind, ich weiß.«
    »Ein Fluch komme über dieses Untier   ... diesen Bären, Warwick   ... Königsmacher nennt er   ... sich! Wenn ich wieder im Tower bin   ... und wieder Königin, wird Warwick   ... ich wünschte, er wäre tot!«
    »Schhh!«, machte meine Großmutter. »So wird es sein. Hat der Bruder es uns nicht versichert? Nun musst du das Kind gebären, und möge es ein Sohn sein!«
    »Ein Sohn!«, schrie meine Mutter. »O Gott, gib mir einen Sohn!« Ihre Stimme wurde sehr laut und klang so schrecklich flehend, dass ich Angst bekam. Dann schwieg sie und wimmerte nur noch vor Schmerz.
    Es erklang ein Klopfen von der Tür des Kapitelsaals. Ich rannte hin, um zu öffnen. Draußen stand eine alte Frau mit gelben
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