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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen
Autoren: Sandra Worth
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Geschichte erzählte oder wenn er mich auf den Schultern durch die Burghallen trug. Und selbst wenn ich manchmal glaubte, ich würde hinunterrutschen, bekam ich keine Angst, weil ich wusste, dass er mich niemals fallen lassen würde. Wie also sollte ich jemals ohne ihn sein?
    »Werde ich dich verlassen müssen, Papa?« Ich hielt den Atem an und wartete auf seine Antwort.
    »Nein, noch lange, lange nicht, meine Süße.«
    Sogleich wurde mir wieder wärmer. »Das ist gut. Ich möchte dich nicht verlassen, Papa. Ich möchte, dass wir für immer zusammenbleiben, immer.«
    Mein Vater lachte, bevor er wieder ernst wurde. »Ich liebe dich, meine bezaubernde Elizabeth. Möge Gott in seiner Gnade dir allzeit Glück und Freude schenken, mein kleines Mädchen!«
    Es war ein Segen, doch die Art, wie mein Vater ihn sprach, machte mich traurig.
    ~
    Auf einmal veränderte sich das Leben. Mein Vater zog in die Schlacht, und meine Mutter weinte und rief: »O weh! Weh mir!«
    Großmutter Jacquetta sagte ihr in einem fort: »Alles wird gut, mein Kind. Ich weiß es.« Doch Mutter schien sie nicht zu hören, denn sie jammerte bloß noch lauter. Um mich herum huschten ängstliche Bedienstete, als wäre ihnen der Leibhaftige auf den Fersen, bekreuzigten sich und riefen die Heilige Mutter Gottes an, sie möge sie retten. Aber keiner wollte mir sagen, was vor sich ging.
    »Wann kommt mein Vater zurück?«, fragte ich sie, doch sie brachen nur erneut in Tränen aus, bedeckten ihre Gesichter und liefen davon. Dies waren dieselben Leute, die im Februar an meinem vierten Geburtstag mit mir gelacht und Späße gemacht hatten, und ich begriff nicht, wie alles jetzt so anders sein konnte. Ich fühlte mich einsam und fürchtete mich.
    Eines Tages kam meine Mutter in das Zimmer gestürmt, in dem ich meine Musikstunde hatte, und sagte, ich solle mich beeilen, weil wir fliehen müssten.
    »Wohin wollen wir, Mama?«, rief ich, als ich ihr mit meiner Laute in den Händen nachlief.
    Aber »Beeil dich! Schnell!« war alles, was sie antwortete.
    Wir eilten die Burgflure entlang, angeführt von meinen Halbbrüdern Tom und Dick Grey und gefolgt von Bediensteten, die meine Schwestern Mary und Cecily trugen. So flohen wir die Turmtreppe hinunter, über den windigen Hof und ins Kloster Westminster Abbey. Eine Gruppe von Mönchen erwartete unsbereits, warf die Tür zum Kapitelsaal auf, und wir rannten hinein.
    »Hier seid ihr in sicherem Refugium«, sagten die Mönche. »Egal, was geschieht.« Sie entzündeten einige Kienspane, weil es zu dämmern begann.
    Der achteckige Saal war groß, kalt und leer. Meine Mutter sank auf den strohbedeckten Boden und schluchzte.
    Großmutter Jacquetta kniete sich neben sie. »Hab Gottvertrauen, Bess! Sei stark! Denk an das Kind, das du unter dem Herzen trägst! Edward wird zurückkommen, und du wirst ihm, so Gott will, einen Sohn schenken.«
    »Mama, ich habe Hunger«, sagte ich.
    »O weh! O weh mir!«, weinte meine Mutter.
    »Wir haben nichts zu essen, Elizabeth«, erklärte Großmutter Jacquetta. »Wenn du brav bist, bringen uns die Mönche morgen früh vielleicht etwas Brot. Jetzt schlaf!«
    Gehorsam rollte ich mich auf dem Stroh zusammen. In jener Nacht und in vielen darauffolgenden träumte ich von meinem Vater.
    Während die Wochen vergingen, wurden meine Brüder Tom und Dick Grey beständig gemeiner zu mir. Sie verachteten mich schon seit Langem, weil mein Vater ein König und ihrer nur ein Ritter war. Die beiden entstammten der ersten Ehe meiner Mutter mit Sir John Grey, der auf dem Schlachtfeld gestorben war, bevor Mutter Papa heiratete. Ihrem Betragen nach wollte man kaum glauben, dass Tom mit seinen dreizehn Jahren schon beinahe ein Mann war und der nur zwei Jahre jüngere Dick ebenfalls; anstatt wie junge Höflinge benahmen sie sich wie ungezogene kleine Jungen.
    »Das ist alles die Schuld deines Vaters!«, schimpften sie. »Er hat seinen Thron verloren und ist davongelaufen.«
    »Hat er nicht! Ist er nicht!«, erwiderte ich empört und brachin Tränen aus. Aber ich erfuhr, dass sie recht hatten. Der Bruder des Königsmachers, dessen Sohn George Neville mein Verlobter war, hatte sich gegen Papa gewandt und ihn gezwungen, aus England zu fliehen. Nun war Papa im Burgund, wo er versuchte, eine Armee zusammenzustellen, mit der er um seine Krone kämpfen konnte.
    Die Tage waren hart für uns. Wir froren und hungerten immerzu und hatten wenige Besucher. Einer, der zu uns kam, war ein Metzger namens John Gould. Er trug eine
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