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Elixir

Elixir

Titel: Elixir
Autoren: H Duff
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das konnte nicht sein…
    Wieder hörte ich Raynas Stimme: Je vais aller chez Pierre! Er hat eine Dachwohnung mit Blick auf den Eiffelturm. C’est très bon, non?
    Aber es gab in Paris massenhaft Apartments mit Blick auf den Eiffelturm. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich genau um dieses Gebäude handelte, war…
    Ich schnappte mein Handy und scrollte zu der Stelle, an der Rayna Pierres Adresse aufgeschrieben hatte, dann starrte ich die Nachrichtensprecher an.
    » Macht schon!«, drängelte ich. » Sagt, wo es ist! Wie lautet die Adresse?«
    » Le feu est a vingt-quatre rue des Soeurs«, verkündete die Nachrichtensprecherin schließlich.
    Die Welt hörte auf, sich zu drehen.
    Die Adressen waren identisch.
    » Nein!«, schrie ich auf. » Bitte nicht. Nein, nein, nein…«
    Ich drückte Raynas Kurzwahl und wartete ewig darauf, dass sie sich meldete. » Geh ran, Rayna, bitte, nimm ab!«
    Nichts.
    » Shit!« Ich legte auf, warf mir Klamotten über, rannte aus dem Zimmer und machte noch einmal kurz kehrt, um mir meine Kamera zu schnappen. Es war ein reiner Automatismus. Wie panisch ich auch wegen Rayna war, ein Brand dieses Ausmaßes war eine Herausforderung für jeden Fotojournalisten und das bin ich mit Haut und Haar.
    » J’ai besoin d’un taxi«, blaffte ich den livrierten Türsteher an, als ich nach draußen rannte, und ließ dann noch ein » S’il vous plaît« folgen, doch der Mann hatte die Verzweiflung in meiner Stimme gehört und war schon auf die Straße gelaufen, um mir eines anzuhalten.
    Das dauerte alles viel zu lang. Wäre ich nicht schneller, wenn ich die drei Kilometer rannte? Nein, es war besser zu warten, aber es machte mich wahnsinnig, hier herumzustehen. Ich musste etwas tun. Ich sah auf meine Uhr: neun. Drei Uhr nachts in New London, Connecticut. Egal. Ich wählte seine Nummer.
    Beim dritten Klingeln ging er ans Telefon. Er klang hellwach und munter, obwohl ich wusste, dass ich ihn aus dem Schlaf gerissen hatte.
    » Clea? Alles in Ordnung?«
    Zum Glück gab es Rufnummernerkennung. Ben wusste, dass ich nicht mitten in der Nacht anrufen würde, wenn es kein absoluter Notfall wäre.
    » Ben! Ben, es ist wegen Rayna. Da ist ein Feuer ausgebrochen– ein riesiger Brand!«
    Meine Stimme versagte und ich begann zu weinen. Ich würde es nicht aushalten, wenn Rayna etwas passiert wäre. Ich könnte es nicht ertragen.
    » Atme tief durch und dann erzähl mir alles.« Ben sprach langsam und beruhigend. Das mochte ich so sehr an ihm. Je schwieriger und aufwühlender die Lage war, desto sachlicher wurde er und ging es logisch und methodisch an. Im letzten Jahr war er oft mein letzter Halt gewesen.
    » Ich weiß nicht genau«, sagte ich. Der Türsteher hatte endlich ein Taxi gefunden und ich sprang hinein und rief dem Fahrer Pierres Adresse zu. » Vite, s’il vous plaît – vite!« Ich kauerte mich auf dem Rücksitz zusammen und schlang die Arme um mich, während ich Ben erzählte, was ich gesehen hatte.
    » Okay.« Bens Stimme tröstete mich aus etwa sechstausend Kilometern Entfernung. » Keine Panik. Verlier jetzt nicht die Nerven. Du weißt noch nichts Genaues. Du bist gerade auf dem Weg dorthin, oder?«
    » Ja, so schnell es geht«, sagte ich, nahm eine Handvoll Euros aus meinem Portemonnaie und hielt sie dem Fahrer hin. » Plus vite, s’il vous plaît«, drängte ich.
    » Gut«, sagte Ben. » Wir telefonieren einfach, bis du dort bist.«
    Keine Ahnung, was ich ohne Ben tun würde. Mein engerer Freundeskreis besteht aus genau zwei Leuten: Ben und Rayna. Nicht mal genug, um tatsächlich einen Kreis zu bilden– eher ein Dreieck mit zwei wirklich guten Freunden.
    Die ganzen zehn Minuten Fahrzeit über sprach ich mit Ben. Der Klang meiner eigenen Stimme, die bis über den Ozean zu ihm reichte, war das Einzige, was mich davon abhielt durchzudrehen und mich in lauter einzelne Moleküle aus schierer Panik aufzulösen.
    » Arrêtez! Arrêtez!!!«, rief ich dem Taxifahrer zu. Nicht, dass das nötig gewesen wäre. Die Straße war gesperrt und es gab sowieso kein Weiterkommen. » Ich bin da!«, sagte ich zu Ben. » Ich steige jetzt aus. Sobald ich etwas weiß, melde ich mich wieder.«
    » Ich warte«, sagte Ben und ich wusste, dass er das tun würde.
    Ich drückte dem Taxifahrer weitere Euromünzen in die Hand und stürmte hinaus. Der Qualm war so beißend, dass ich kurz die Augen schließen musste. Ich zog mir meinen Rollkragen über Mund und Nase, um den Rauch und die Asche zu filtern, als ich den letzten
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