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Elixir

Elixir

Titel: Elixir
Autoren: H Duff
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Häuserblock entlang zu dem brennenden Gebäude rannte und mich zwischen Schaulustigen hindurchdrängte. Fünf Löschfahrzeuge waren vor Ort, doch das Wasser aus den Schläuchen erschien mir angesichts dieses Infernos wie ein mickriges Rinnsal, wie die Spritzpistole eines Kindes.
    » RAYNA !«, schrie ich gegen die Wand der Flammen. » RAYNA !!!!«
    » Clea!«
    Ich fuhr herum, musste ihr Gesicht so dringend sehen, wie ich Luft zum Atmen brauchte, musste mich versichern, dass es ihr gut ging, sie mir nicht von einer Bahre aus zurief, wo sie gerade in den letzten Zügen lag–
    » Clea… Clea, alles ist gut. Mir ist nichts passiert… ich bin ja hier.«
    Da war sie, in einer Jogginghose und einem langen Wollmantel, der ihr fünf Nummern zu groß war. Ihre Locken verschwanden unter einer riesigen grauen Mütze mit Ohrenklappen. Eine Kombination, die eigentlich nur von jemandem aus den 1930er Jahren in Sibirien oder einem extrem maskulinen Männermodel getragen werden sollte.
    » Oh Rayna!«, rief ich, zog sie in meine Arme und erdrückte sie fast. Ich konnte nicht anders. Ich musste spüren, dass sie wirklich da war.
    » Es geht mir gut. Pierre und ich waren Kaffee trinken. Wir waren nicht mal im Haus, als das Feuer ausbrach.« Sie rückte ein kleines Stück von mir ab– gerade weit genug, um ihre Stirn an meine zu legen und mir in die Augen zu sehen. » Ich habe dir doch gesagt, dass du mich nie verlieren wirst, schon vergessen?«
    » Nicht!«, warnte ich, doch die Angst war bereits so weit von mir abgefallen, dass ich lächeln konnte. Ich umarmte sie noch einmal und auch als wir uns voneinander lösten, hatten wir die Arme noch immer um unsere Taillen gelegt.
    » Hast du jemals so etwas gesehen?«, fragte sie ehrfürchtig und ich folgte ihrem Blick auf das Apartmenthaus, dessen mittleres Stockwerk nun komplett in Flammen stand.
    Ich hatte so etwas schon gesehen, doch das tat der Wirkung keinen Abbruch. Feuer hat eine ganz eigenartige Anziehungskraft– eine fast schon verbotene Kombination von unfassbarer Zerstörungskraft und Ehrfurcht erregender Schönheit. Nur mit Mühe riss ich mich vom Anblick des Flammentanzes los und blickte mich auf der Straße um. Ich sah die grimmige Entschlossenheit der Feuerwehrmänner, deren Gesichter keine Regung zeigten. Ich sah die Schaulustigen, die in zwei Lager geteilt waren: diejenigen, die einfach nur neugierig waren, und jene, die persönlich von dem Brand betroffen waren. Erstere starrten in einer Art ungläubigem Staunen nach oben, Letztere drängten sich in verängstigten Grüppchen zusammen oder rauchten eine Zigarette nach der anderen und tigerten ruhelos hin und her wie Pierre. Ich entdeckte mehrere Regenbogen, als die Sonne auf das Wasser aus den Feuerwehrschläuchen fiel, ein seltsamer Gegensatz zu all der Vernichtung ringsum.
    » Na, juckt’s dich in den Fingern?«, fragte Rayna lächelnd. Ihr Blick ruhte auf meiner rechten Hand, die schon die Kamera aus der Tasche gezogen hatte. » Mach ruhig«, sagte sie. » Ich schaue mal nach Pierre. Wenn du mir dein Handy gibst, rufe ich auch Ben an und sage ihm, dass alles okay ist. Du hast ihn doch angerufen, oder?«, fügte sie mit einem Grinsen hinzu.
    Rayna kannte mich viel zu gut. Ich drückte sie noch einmal kurz, dann gab ich ihr das Handy, verschwand hinter dem Fotoapparat und verlor mich in den Bildern davor. Das war ich. Es fühlte sich richtig an.
    Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, dass diese Fotos mein Leben für immer verändern würden.

zwei
    Wieder zu Hause in Connecticut starrte ich auf meinen Computer und brütete über den Fotos auf dem Bildschirm. Meine Augen brannten vom Schlafmangel und von vier Stunden vor dem Monitor. Nach einem langen Flug, endloser Warterei an der Gepäckausgabe und einem Stau auf dem Highway waren Rayna und ich am frühen Nachmittag Ostküstenzeit zu Hause in Niantic angekommen. In Paris war es da schon Abend. Erschöpft hatten Rayna und ich uns zum Abschied umarmt und waren dann jede zu sich nach Hause gegangen, um auszuruhen.
    Nur konnte ich leider nicht schlafen. Ich hatte eine Sechzehn-Gigabyte-Speicherkarte voller Bilder von unserer Reise, die dringend nach meiner Aufmerksamkeit verlangten.
    Ich lud sie auf meinen Rechner und begann auszusortieren. Es würde ewig dauern, jeder Aufnahme, die ich in den letzten drei Wochen gemacht hatte, wirklich gerecht zu werden. Also ließ ich mich beim Sichten von meinem Instinkt leiten. Ich erlaubte mir nur einen kurzen Blick auf jedes
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