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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden
Autoren: Andrea Fazioli
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Anspruch nehmen, und dabei dachte ich an Sie. Es handelt sich um eine recht delikate Angelegenheit. Wäre es möglich, dass wir uns treffen und die Sache unter vier Augen besprechen?
Mit bestem Dank und herzlichen Grüßen,
Enzo Rocchi
    Contini sah nach, was er geantwortet hatte: Es war seine Standardabsage, die er in allen solchen Fällen erteilte. Vorbei ist vorbei.
    Sehr geehrter Herr Rocchi,
leider kann ich nichts für Sie tun. Ich habe die Detektivarbeit an den Nagel gehängt und arbeite jetzt bei einer Zeitung.
Mit herzlichem Gruß,
Elia Contini
    Und nun war Enzo Rocchi tot. Contini ließ den Blick durch den Raum schweifen und fragte sich, ob diese Anfrage in irgendeinem Zusammenhang mit seinem Tod stand. Wahrscheinlich nicht. Menschen sterben aus den unterschiedlichsten Anlässen, aber praktisch nie aus mysteriösen Gründen. Und vor allem sind Privatdetektive weit entfernt von mysteriösen Fällen. Sicher hatte Rocchi jemanden gesucht, der seine Frau beschattete, und sich an ihn gewandt, weil er ihn aus Corvesco kannte. Contini hatte jedoch Arbeit und Privatleben immer streng voneinander getrennt. Sein Detektivbüro war in Paradiso gewesen, direkt am Ufer des Luganer Sees und im Getümmel der Stadt. Corvesco war kein Ort für Anrüchiges.
    Contini schätzte die Ruhe, die er an seinem neuen Arbeitsplatz hatte. An diesem Juliabend aber erwachte der Anflug einer Neugier in ihm, und er fragte sich, welche Geschichte sich wohl hinter diesen Allerweltsnamen zwischen Allerweltsanzeigen verbarg. Er schob seine Korrekturbögen von sich, schaltete die Lampe aus und saß eine Weile reglos am Schreibtisch, auf den der Lichtschein einer Straßenlaterne fiel.
    Im matten Licht konnte er gerade noch die fett gedruckten Titel entziffern – der kleiner gedruckte Textteil, die Bildunterschriften waren nicht mehr zu lesen. Er dachte an die kleinen Unglücksfälle, Einweihungen, entlaufenen Tiere, verirrten Touristen … vielleicht waren diese Meldungen gar nicht so harmlos, wie sie schienen. Vielleicht hatte jede eine eigene Geschichte zu erzählen – der arme Enzo Rocchi, der seine Frau hatte beschatten lassen wollen, ebenso wie der Buchclub von Faido, dessen Mitglieder sich an jedem ersten Dienstag im Monat trafen.
    Alles könnte eine Geschichte sein. Hinter allem könnte sich ein Geheimnis verbergen.
    Hätte können.
    Denn Elia Contini ging das nichts mehr an. Er knipste die Lampe an, leerte sein Bier. Dann zog er den Ausdruck wieder zu sich her. Die Leserbriefe waren noch nicht Korrektur gelesen.

4
Schlechte Nachrichten
    Peter Mankell wunderte sich über nichts mehr, einem Arzt ist nichts Menschliches fremd. Auf den Tod reagiert jeder anders und meistens nicht so, wie die Mitmenschen es erwarten. Sonia Rocchi hatte offenbar das dringende Bedürfnis, alles, was ihrem Mann gehört hatte, zu sehen und anzufassen, jeden einzelnen Gegenstand. Auf Mankell machte sie einen leicht zwanghaften Eindruck, als er sie wie besessen in Enzos Sachen wühlen sah.
    »Ich fürchte, du irrst dich«, sagte er. »Enzo hätte doch nie geheime Unterlagen hier aufbewahrt. Hier wird gearbeitet.«
    »Ja, vielleicht hast du Recht.«
    Mankell war klein und blond, trug die Haare zurückgekämmt und eine randlose Brille. Wie er so neben Sonia stand, die sich über Enzos Schreibtisch beugte, schien er ein halbwüchsiges Kind, das einem Erwachsenen über die Schulter späht.
    »Also Sonia, ich will mich ja nicht einmischen …«
    »Du findest, ich spinne, oder?«
    »Nein, ich …«
    »Enzo hatte irgendwas auf dem Herzen. Irgendein Problem, das an ihm genagt hat.«
    »Hat er das gesagt?«
    Sonia gab keine Antwort, und Mankell schloss daraus, dass sie im Trüben fischte. Sie hatte wohl Briefe und Zettel gefunden, aber offenbar hatte sich Enzo niemandem anvertraut. Sicher hatte er es vorgehabt … Oder handelte es sich nur um eine von der Fantasie ins Gigantische aufgeblähte Lappalie? Mankell meinte Sonias Gedanken lesen zu können.
    »Ich fürchte, ich vergeude deine Zeit«, sagte sie.
    »Aber nein. Es ist nur …«
    »Was ist das denn?«
    Mankell betrachtete den Stoß Papiere, den sie ihm hinhielt.
    »Briefe von Patienten. Enzo hat sie alle aufgehoben, er druckte sogar die Mails aus.«
    »Beschwerdebriefe?«
    »Nein, nein … Alles Mögliche. Anfragen, auch Dankesbezeugungen.«
    »Kann ich sie mitnehmen?«
    »Natürlich. Allerdings …«
    »Danke. Hast du einen Umschlag?«
    Mankell reichte ihr einen. Dann wandte er sich ab und trat ans Fenster. Die
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