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Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Elia Contini 03 - Das Verschwinden

Titel: Elia Contini 03 - Das Verschwinden
Autoren: Andrea Fazioli
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Gandria in Sicht kam, ließ Ferdi die Seitenscheibe herunter und genoss das pittoreske Panorama der in den Steilhang gebauten, übereinandergeschichteten, unmittelbar an den See anstoßenden Häuser, an deren Türen das Wasser schwappt, weil es nicht einmal den schmalsten Uferstreifen gibt: Die Boote sind direkt unter den Fenstern verankert. Ferdi parkte am Dorfrand und ging durch ein Gässchen abwärts. Besonders schätzte er die exotischen Pflanzen, die Oliven- und Feigenbäume, die ihn an seine Zeit am Ufer des Mittelmeers erinnerten.
    Jetzt aber musste er den Kanton Tessin überwachen.
    »Keine einfache Gegend«, sagte Advokat Berti, nachdem er ihm am Eingang der Antica Hostaria dei Tor die Hand gedrückt hatte.
    »Nein«, räumte Ferdi ein.
    Auf der Terrasse mit Seeblick, umschwirrt von weiß befrackten Kellnern, warteten die beiden anderen Geladenen: Giorgio Galli, Architekt und Mitglied im Großen Rat des Kantons Tessin, und der Mailänder Unternehmer Gianni D’Elia. Abgeschirmt von einer immergrünen Hecke, saßen die vier Herren an einem diskreten Tisch in einer Ecke. Rechtsanwalt Berti, dessen Stimme an das Brummen einer Hornisse erinnerte, nötigte alle zu einem Aperitif: »Es diskutiert sich doch viel leichter, wenn man einen Merlot vor sich stehen hat. Und zwar einen von der besseren Sorte.«
    Es war ein informelles Treffen, das den Zweck hatte, ein Abkommen zu skizzieren. Ganz unverbindlich.
    »In den nächsten Monaten werden wir büßen«, sagte Galli. »Die Öffentlichkeit ist ein bisschen aufgebracht.«
    »Und mit Recht!«, sagte Berti. »Das ist doch skandalös, wenn es so aussieht, als billigten wir Gewalt! Gerade wir müssen den größten Wert darauf legen, dass …«
    »Versuchen wir ja«, fiel ihm Ferdi ins Wort. »Savi war einfach nicht der richtige Mann für uns.«
    »Das haben wir gemerkt«, seufzte Galli. »Schaut nur mal in die Zeitungen …«
    Galli bückte sich nach den drei Tessiner Tageszeitungen, die er neben seinem Stuhl auf den Boden gelegt hatte. Alle drei brachten Bonettis Geständnis, die Schließung des Tukan und das verschärfte Vorgehen gegen illegale Prostitution auf der Titelseite.
    »Die drei Morde waren ja praktisch eine Einladung«, bemerkte Galli. »Sie schikanieren uns jetzt schon den ganzen Sommer.«
    »Das geht wieder vorbei«, sagte Ferdi. »Wir müssen unsere Arbeit machen.«
    »Solange wir in der Legalität bleiben«, meinte D’Elia. »Ich habe kein Interesse, in eine Sache wie mit dem Tukan hineinzugeraten.«
    »Das war nur ein dummer Zwischenfall«, sagte Berti. »Mit der bedauerlichen Folge, dass Bonetti und Savi und dieser Doktor durchgedreht sind.«
    »Es hätte sicher eine für alle Beteiligten vorteilhafte Lösung gegeben«, sinnierte Ferdi.
    »Aber ihr habt sie nicht gefunden«, entgegnete D’Elia.
    »Nein.« Ferdi schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht.«
    Zum Essen bestellten sie Risotto mit Seeschleie und feinen Kräutern, gefolgt von pesce in carpione und Salat. Zum Abschluss Sorbet, Wodka und Apfeltarte.
    »Wie ist denn der Fisch?«, erkundigte sich D’Elia, dessen Adonisfigur den sehr bewussten, um nicht zu sagen heiklen Esser nahelegte.
    »Ganz ausgezeichnet«, erwiderte der Kellner. »Es sind marinierte Renkenfilets. Sehr einfach – nur mit ein paar Zwiebeln, Karotten und ein bisschen Rosmarin.«
    »Knoblauch?«
    »Wenig, wirklich nur ganz wenig.«
    »Hm.« D’Elia strich sich übers Kinn. »Na gut, versuchen wir’s.«
    Während des Essens redeten sie vom Essen. Und vom Reisen und vom Sport. Ferdi hielt sich eher zurück, wusste aber die Gesellschaft und den guten Wein ebenso zu schätzen wie die Nützlichkeit eines verlässlichen Netzwerks. Daher praktizierte auch er die Kunst des Smalltalks, wenngleich er im Übrigen nicht gern seine Zeit mit Nebensächlichkeiten vergeudete.
    »Es war ein schwieriger Sommer«, sagte Berti. »Aber das bügeln wir wieder aus.«
    »Das Wichtigste ist doch, dass immer alles korrekt zugeht«, warf Galli ein.
    Er blickte Ferdi an, der die Gabel niederlegte, sich den Mund abtupfte und sagte: »Ganz meine Meinung.«
    »Wer hat eigentlich dieses Restaurant ausgesucht?«, fragte D’Elia.
    »Als ich in Castagnola gewohnt habe, war ich jeden Sonntag hier«, antwortete Berti. »Damals war es ein ganz bescheidener Laden, nichts Überkandideltes. Dann haben sie vergrößert.«
    Bertis tiefes Hornissengebrumm beförderte die Verdauung. Ferdi lehnte sich zurück und sagte: »Wie ich sehe, stehen in der Gegend etliche schöne
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