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Elfriede im Salon (German Edition)

Elfriede im Salon (German Edition)

Titel: Elfriede im Salon (German Edition)
Autoren: Henry Milk
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Angst vor. Philosophie zehrte von der Erinnerung. Jeder hatte wohl in seinem Leben Angst empfunden, mehr oder weniger, und diese Erfahrungen mussten reichen, darüber nachgedacht zu haben und zu philosophieren. Robert Unmuth befand sich in einer Zwickmühle. Vielleicht war der Haschischabend leichter zu verteidigen als dieser hier. Er ließ sich nicht von der Meinung abbringen, dass ein Haschtee im philosophischen Kreis genommen quasi ein philosophisches Ereignis darstellte: das Relative der Erkenntnis, das Relative des Seins, die Transformation des Bewusstseins, Zeit und Raum als seltsame Erfahrung ohne Albert Einsteins Relativitätstheorie zu bemühen. Diese Erfahrungen waren eine philosophische Herausforderung. Aber der Professor würde behaupten: “Alles Unsinn!” Der Haschischabend genauso absurd wie Experimente mit Chloroform, Äther oder Schlaftabletten. Die Kritik von Franz Hügel war für Robert Unmuth eine Versuchung, Philosophie als solche völlig infrage zu stellen. Was sollte alles palavern, wenn man mehr oder weniger losgelöst von den Dingen war, die Essenz der Dinge fehlte? Der emotionale Tiefschlag, den seine Kollegen an diesem Abend erfahren hatten, ließ sie verstummen bzw. eine Manöverkritik formulieren. Die Menge der möglichen Experimente war groß. Eine Vielzahl von ihnen konnte man ausschließen, viele von ihnen waren absurd oder gefährlich. Robert Unmuth war bestimmt der Meinung, dass weder Hasch noch Sex absurd oder gefährlich waren. Wie notwendig war selbst für ihn die Auffrischung seines Gedächtnisses gewesen. Wann hätte man besser über Sex reden können als an diesem Abend? Franz Hügel wollte nicht über Sex reden, sondern mehr über Philosophie als solche. Wenn dieser Abend das Ergebnis brächte, über Philosophie (statt über Sex) zu reden, wäre dies ein Teilerfolg. Im Übrigen fand Robert Unmuth die hedonistische Atmosphäre des Abends durchaus angenehm. Er wünschte dem Professor, sein philosophischer Zorn lege sich, um statt dessen mit Lulus Titten zu spielen. Wie konnte sich der Professor selber nur den Abend vermiesen? Der Fehler, wenn er denn einer war, war nicht rückgängig zu machen. Aber wie es denn auch war; man konnte doch das Beste aus diesem Abend machen, wäre es auch reiner Hedonismus. Neben dem Methodenstreit, der die letzten Minuten den Salon beherrscht hatte, gab’s für ihn ein weiteres Thema, das vielleicht der Diskussion bedurfte, am eigentlichen Thema des Abends aber vorbeiging. War eine Nutte für Männer wie sie eine Alternative, um ihr Leben zu bereichern? Jeder solle das für sich selber ausmachen, könnte der Einspruch lauten. Trotzdem, Robert Unmuth hatte das Bedürfnis, dies mit seinen Freunden zu diskutieren. Er unterdrückte aber den Wunsch nach diesem Gespräch, denn er fand, dass dafür Lulu und besonders Elfriede fehl am Platze waren. Für Elfriede musste die Methodenkritik von Franz völlig desillusionierend sein. Das Mädchen saß nackt unter ihnen, hatte sich völlig vergessen, wollte zu ihnen gehören, bereit sich hinzugeben und sah sich nun mit Professor Hügels Argumenten konfrontiert, alles an diesem Abend sei sinnlos und absurd. Das Gewicht der Argumente, so als ob der Professor ein besonders starkes Schwerefeld aus seinem Kosmos herbeigezaubert hätte, drückte schwer. Elfriede war wütend auf den Professor; nie und nimmer würde sie sich mit dem Spielverderber einlassen, der damit nur die Wahl hatte, eventuell belanglosen Sex mit Lulu zu machen. Er sollte es nochmals mit Lulus Titten versuchen, mit ihnen spielen und wenn diese ihm nichts sagten, sollte er selber schweigen, frei nach der Maxime eines bedeutenden Philosophen des 20. Jahrhunderts.
    Der Methodenstreit war nun schon eine Zeit lang verstummt; bis auf die Musik von Strawinski war es still im Salon. Vielleicht sammelten die Kontrahenten weitere Argumente. Wenn, dann tarnten sie das, denn sie tranken Rotwein, der dafür bekannt ist, in größeren Mengen die Sinne zu vernebeln. Robert Unmuth versuchte Inspiration durch Lulus Monstertitten zu gewinnen, er starrte auf die kosmischen Möpse, die in ihrer Aufdringlichkeit jede Philosophie zerstören mussten, so Professor Hügel. Währenddessen träumte Dr. Schwarz von Elfriede. Aber es war mehr als ein Traum, denn sie saß ganz nah bei ihm, war nackt und immer noch bereit, der Philosophie, der Lust und ihrer Synthese auf die Sprünge zu helfen. Völlige Nacktheit kann eine Spur von Desillusion verbreiten; es hätte der Runde
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