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Elfriede im Salon (German Edition)

Elfriede im Salon (German Edition)

Titel: Elfriede im Salon (German Edition)
Autoren: Henry Milk
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Relativitätstheorie des Sexes formulieren.
    Ein wenig war im Salon Diskussion aufgekommen, wenn auch durch eine subjektiv belanglos erlebte Erfahrung ausgelöst, aber vielleicht fand der Professor noch das Geile zwischen irgendwelchen Schenkeln.
     
     
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    Dennoch, er sagte etwas. “Dieser Abend ist der wichtigste seit dem Bestehen des philosophischen Salons, ganz egal, was heute noch passieren sollte.” Diese Äußerung Robert Unmuths sollte eine Kontroverse auslösen. Ein sehr wichtiger Abend, obwohl kein bisschen philosophiert worden war? “Dieser Abend ist an Belanglosigkeit nicht zu übertreffen!” Glaubte Professor Hügel selber, was er da sagte? “Geschlechtsverkehr kann aufregend, meinetwegen geil, aber auch ganz schön belanglos sein, aber Sex hat hier nichts zu suchen.” Man konnte sich wundern, denn Professor Hügel zeigte nicht erkennbar, dass er den Salon verlassen wollte, noch ein Anzeichen, sich zumindest anziehen zu wollen. “Wir verrichten ja auch nicht unsere Notdurft kollektiv, um darüber zu philosophieren.” Solange der Professor sich nicht anzog, konnte man ihm wirkliche Konterrevolution nicht unterstellen. Vermutlich wollte er kein Spielverderber sein, vielleicht befand er sich auch irgendwie in einer gewissermaßen schizophrenen Situation - dass die Situation bisher alle überfordert hatte, war evident - aber es war legitim und philosophisch einen Methodenstreit zu beginnen, wenn auch zu spät, da dieser Methodenstreit bei Äußerung der Idee, einen solchen Abend zu gestalten, hätte folgen müssen. Ein gemachter Fehler, der im Prinzip nicht rückgängig gemacht werden kann, ist selbstverständlich kein Grund, nicht über ihn zu diskutieren. Die Philosophen wollten über Sex diskutieren, hatten dabei aber einen methodischen Fehler begangen, so der Professor. Was wollte der Professor sagen? “Es gibt jede Menge Erfahrungen im menschlichen Leben, über die man reden, sogar philosophieren kann, ohne gleich die Dinge ausüben zu müssen. Philosophie ist Abstraktion, eine geistige Übung, eine geistige Auseinandersetzung mit der Welt, und man sollte diese Übung in einem Umfeld ausüben, welches einem nicht die Sinne vernebelt.” - “Du sprichst dich dafür aus, des weiteren keinen Alkohol im Salon zu trinken, wenn ich dich richtig verstehe”, stichelte Robert Unmuth. “In vino veritas”, warf Dr. Schwarz in die Runde.
    Bei dem Gedanken, auf ihren Sekt zu verzichten, wurde Lulu ganz übel. Sie konnte selbstverständlich nicht beurteilen, ob fürs Philosophieren, was immer das auch war, Sekt oder andere Alkoholika benötigt wurden, für ihren Job jedenfalls war das Zeug unabdingbar. Oft brachte der Sekt die Laune, der Job fiel dadurch leichter, und wenn ihre Stimmung stieg, konnte sie besser schauspielern und das war bestimmt geiler für den Kunden. Die merkwürdigen Verhältnisse hier hatten die Wirkung des Sekts etwas unterdrückt, aber in diesem Altersheim ohne Sekt ..., da war sie schon dankbar, trinken zu können. Sekt gehörte zum Ficken, zu ihrem Job und bisher war sie durch die Praxis des Abends davon ausgegangen, dass zum Philosophieren Rotwein gehörte. Sie konnte Rotwein, insbesondere trockenem Rotwein nichts abgewinnen; der brachte sie nicht in Stimmung. Rotwein war etwas für Penner und andere Depressive, für Vornehme, die ihn beim Essen tranken und sich zu benehmen wussten. Den Alten hätte Sekt gut getan.
    Professor Hügel ging auf den Einwurf von Robert Unmuth nur indirekt ein. “Der Haschischabend war auch so ein Blödsinn.” - “Wie willst du über die Wirkung einer Droge diskutieren, wenn du sie nicht kennst?” - “Wie willst du über den Tod diskutieren, wenn du ihn nicht kennst? Müssen wir gewalttätig werden, um über Gewalt zu diskutieren? Manches verbietet sich von selbst. Wir können über Haschisch auf Basis von Literatur reden. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir aufgrund einer einmaligen Erfahrung mit der Droge Treffenderes aussagen konnten als das, was sich in der Literatur finden lässt, zumal wir vernebelt waren und kaum das Alphabet buchstabieren konnten.” Dr. Schwarz erinnerte sich, dass er besonders große Schwierigkeiten mit dem Buchstabieren hatte, an die Panik und die Paranoia, die ihn überfiel. Elfriede hatte fortwährend gelacht. Immerhin konnte er mit etwas Mut seine Probleme ansprechen.
    Robert Unmuth sah sich in die Defensive gedrängt.
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