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Elefanten vergessen nicht

Elefanten vergessen nicht

Titel: Elefanten vergessen nicht
Autoren: Agatha Christie
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anfing. Die Menschen können sich an Dinge erinnern, die weit zurückliegen, genau wie die Elefanten. Nicht alle Menschen selbstverständlich, aber normalerweise können sie sich wenigstens an etwas erinnern. Einen großen Teil von dem, was ich erfuhr, gab ich an Monsieur Poirot weiter, er hat eine Methode… also, wenn er Arzt wäre, würde ich es als Diagnose bezeichnen.«
    »Ich stellte eine Liste auf«, erklärte Poirot. »Über alle Punkte, die mir auf das hinzudeuten schienen, was damals tatsächlich geschah. Ich werde Ihnen die einzelnen Punkte vorlesen, damit Sie, die Beteiligten, feststellen können, ob sie von Bedeutung sind oder nicht. Vielleicht verstehen Sie den Sinn nicht, vielleicht jedoch begreifen Sie ihn genau.«
    »Ich möchte wissen«, sagte Celia, »ob es Selbstmord war oder Mord. Hat jemand – ein Außenstehender – meinen Vater und meine Mutter aus einem uns unbekannten Grund getötet, aus einem bestimmten Motiv heraus? Ich werde immer glauben, dass es so war. Es ist schwierig, aber…«
    »Wir wollen hier draußen bleiben«, sagte Poirot, »und noch nicht ins Haus gehen. Dort haben inzwischen andere Leute gewohnt, es hat jetzt eine veränderte Atmosphäre. Vielleicht entscheiden wir uns anders, wenn wir mit unserer Untersuchung fertig sind.«
    »Es ist also eine Art Untersuchung?«, fragte Desmond.
    »Ja. Über das, was damals tatsächlich geschah.«
    Poirot ging auf ein paar Eisenstühle zu, die im Schatten einer Magnolie standen, und nahm einen beschriebenen Bogen Papier aus seiner Mappe.
    »Sie wollen eine endgültige Antwort, Celia, ob es Selbstmord war oder Mord«, begann er.
    »Eins von beiden muss es ja gewesen sein«, antwortete Celia.
    »Und ich sage Ihnen, dass es beides war und noch mehr. Wenn mein Verdacht stimmt, haben wir hier nicht nur einen Mord und einen Selbstmord, sondern noch etwas anderes, das ich einmal als Exekution bezeichnen möchte, und eine Tragödie. Die Tragödie zweier Menschen, die sich liebten und für ihre Liebe gestorben sind. Es gibt nicht nur bei Romeo und Julia eine Liebestragödie, nicht nur junge Menschen leiden an der Liebe und sind bereit, für sie zu sterben. Nein!«
    »Ich verstehe Sie nicht«, sagte Celia.
    »Noch nicht! Am besten erzähle ich Ihnen, was meiner Meinung nach geschah und wie ich dahinter kam. Als Erstes fiel mir auf, dass verschiedene, von der Polizei ermittelte Beweise nicht zu erklären waren. Manches ganz alltägliche Dinge, eigentlich überhaupt keine Beweise. Zum Beispiel die vier Perücken der toten Margaret Ravenscroft.« Poirot wiederholte: »Vier Perücken.« Er sah Zélie an.
    »Sie trug nicht immer eine Perücke«, mischte Zélie sich ein. »Nur gelegentlich. Wenn sie verreiste, oder wenn sie nicht beim Friseur war und rasch wieder ordentlich aussehen wollte. Manchmal trug sie eine Abendperücke.«
    »Jedenfalls«, sagte Poirot, »schienen mir vier Perücken reichlich viel. Ich überlegte, warum sie so viele brauchte. Laut Polizeiprotokoll hatte sie keine Glatze, sie hatte normales Haar, es war in gutem Zustand. Eine der Perücken hatte eine graue Strähne, wie ich später erfuhr. Ihre Friseuse erzählte mir das. Eine andere Perücke bestand aus lauter kleinen Löckchen. Sie trug sie an ihrem Todestag.«
    »Ist das von Bedeutung?«, fragte Celia. »Sie könnte doch irgendeine aufgehabt haben.«
    »Möglich. Außerdem erfuhr ich, dass die Haushälterin der Polizei berichtet hatte, dass sie gerade diese Perücke die letzten Wochen vor ihrem Tod fast ständig getragen hatte. Offenbar mochte sie sie besonders.«
    »Ich begreife einfach nicht…«
    »Dann das Sprichwort, das Chefsuperintendent Garroway erwähnte: derselbe Mensch – anderer Hut. Es machte mich stutzig.«
    »Ich verstehe wirklich nicht…«, protestierte Celia.
    »Außerdem, der Hund«, fuhr Poirot unbeirrt fort. »Auch ein Beweis…«
    »Ein Hund?«
    »Der Hund hat sie gebissen. Der Hund soll sehr an seinem Frauchen gehangen haben – aber in den letzten Wochen ihres Lebens hat er sie mehrmals angefallen und ziemlich heftig gebissen.«
    »Wollen Sie damit sagen, er wusste, dass sie Selbstmord begehen würde?«, fragte Desmond erstaunt.
    »Nein, viel einfacher…«
    »Wieso…«
    »Nein«, sagte Poirot, »er wusste, was sonst niemand zu wissen schien. Er wusste, dass es nicht sein Frauchen war. Sie sah aus wie sie – die Haushälterin, die schlechte Augen hatte und schwerhörig war, beschrieb eine Frau, die Molly Ravenscrofts Kleider trug und die auffälligste
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