Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elefanten vergessen nicht

Elefanten vergessen nicht

Titel: Elefanten vergessen nicht
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
General Ravenscroft, dass ihre rechte Hand voll Blut war. Er fragte sie, ob sie gestürzt sei. Sie antwortete: ›Nein, nein. Ich habe mich nur an einem Rosenstrauch gekratzt.‹ Aber in den Hügeln gab es keine Rosen. Es war eine völlig verrückte Erklärung, und wir waren beunruhigt. Wenn sie gesagt hätte, ein Ginsterstrauch, hätten wir es vielleicht geglaubt. General Ravenscroft ging hinaus, und ich folgte ihm. Er wiederholte immerzu: ›Margaret ist etwas zugestoßen. Ich bin sicher, dass Molly etwas zugestoßen ist.‹ Wir fanden sie auf einem Felsvorsprung, unterhalb vom Klippenpfad. Man hatte mit einem Felsbrocken und Steinen auf sie eingeschlagen. Sie war noch nicht tot, blutete aber sehr. Im ersten Moment wussten wir nicht, was wir tun sollten. Wir wagten nicht, sie zu bewegen. Wir hätten sofort einen Arzt holen müssen, aber da klammerte sie sich an ihren Mann und sagte, nach Atem ringend: ›Ja, es war Dolly!‹ Sie wusste nicht, was sie tat, oder warum. Sie kann nichts dafür. Du musst es mir versprechen, Alistair… Nein, nein, wir haben keine Zeit mehr, einen Arzt zu holen, und er könnte mir doch nicht mehr helfen. Versprich mir, dass du sie schützt! Versprich mir, dass die Polizei sie nicht verhaftet! Versprich mir, dass sie nicht wegen Mordes verurteilt und ihr ganzes Leben als Mörderin eingesperrt wird! Bitte, es ist das Letzte, um was ich dich bitte! Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt… Und du, Zélie, du hast mich geliebt und du hast die Kinder geliebt. Darum musst du Dolly retten! Du musst der armen Dolly helfen! Bitte! Um aller Liebe willen, die wir füreinander haben, muss Dolly beschützt werden.«
    »Und dann«, sagte Poirot, »was taten Sie dann?«
    »Sie starb. Sie starb nach zehn Minuten, und ich half ihm, die Leiche zu verstecken, an einer etwas entfernteren Stelle, am Fuß der Klippen. Wir trugen sie über Felsbrocken und Steine und deckten ihren Körper zu, so gut wir konnten. Alistair Ravenscroft sagte wieder und wieder: ›Ich habe es ihr versprochen. Ich muss mein Wort halten.‹ Nun, wir haben es getan… Dolly war zuhause. Sie hatte Angst, sie war verrückt vor Angst, aber gleichzeitig trug sie eine schreckliche Genugtuung zur Schau. Sie sagte, ›Ich hab’s immer gewusst, ich wusste seit Jahren, dass Molly richtig böse war. Sie hat dich mir weggenommen, Alistair. Du gehörtest mir – aber sie hat dich mir weggenommen, und du musstest sie heiraten. Ich hab immer gewusst, dass ich es ihr eines Tages heimzahlen würde. Jetzt habe ich Angst. Was werden sie mit mir tun? Was werden sie sagen? Ich lasse mich nicht wieder einsperren. Das halte ich nicht aus! Ich würde verrückt. Du wirst mich nicht einsperren lassen, Alistair. Sie werden mich abholen und behaupten, es wäre Mord. Aber es war kein Mord. Ich hab es einfach tun müssen. Ich muss manchmal seltsame Dinge tun. Ich wollte das Blut sehen, weißt du. Aber ich hielt es nicht aus zu warten, bis Molly starb. Ich lief weg. Aber ich wusste, dass sie sterben würde. Ich hoffte nur, du würdest sie nicht finden. Sie fiel einfach über die Klippen. Die Leute werden sagen, es war ein Unfall.‹«
    »Was für eine schreckliche Geschichte«, sagte Desmond.
    »Ja«, meinte Celia, »eine schreckliche Geschichte. Aber es ist besser, dass wir die Wahrheit wissen. Viel besser. Sie tut mir nicht einmal leid. Meine Mutter, meine ich. Ich weiß, sie war liebenswert. Ich weiß, dass nie auch nur eine Spur Böses in ihr war – sie war durch und durch gut –, und ich kann verstehen, warum mein Vater Dolly nicht heiraten wollte. Er heiratete meine Mutter, weil er sie liebte und entdeckt hatte, dass mit Dolly etwas nicht stimmte. Dass etwas Böses in ihr war. Aber wie – wie habt ihr es vertuscht?«
    »Wir haben viele Lügen erzählt«, erwiderte Zélie. »Wir hofften, dass ihre Leiche nicht gleich gefunden würde, sodass man sie später – vielleicht nachts – wegbringen konnte. Es sollte so aussehen, als sei sie ins Meer gestürzt. Aber dann fiel uns ein, dass Dolly schlafwandelte. Was wir zu tun hatten, war eigentlich ganz einfach. Alistair Ravenscroft sagte: ›Es ist entsetzlich. Aber ich hab’s versprochen – ich schwor es Molly, als sie starb. Ich schwor, dass ich ihre Bitte erfüllen würde. Es gibt einen Weg, Dolly zu retten, wenn sie nur ihre Rolle richtig spielt. Ich weiß nicht, ob sie dazu imstande ist.‹ Als ich fragte, was Dolly denn tun sollte, antwortete er: ›Molly spielen und behaupten, dass es Dorothea war,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher