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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts
Autoren: Helene Henke
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stiegen und ihre Einkäufe erledigten. Sue wusste nicht genau, wann sie die Frau und den buckligen Mann zum ersten Mal auf dem Markt getroffen hatte. Vielleicht vor einem oder zwei Jahren. Die Leute in Lochdon betrachteten das seltsam bunt gekleidete Paar mit dunkler Hautfarbe und pechschwarzem Haar mit zurückhaltendem Abstand, nannten sie Gypsies. Die beiden gaben kein Wort von sich, sondern äußerten ihre Wünsche durch Gesten wie Taubstumme. Dank ihrer gut gefüllten Geldbeutel kamen die Marktverkäufer ihnen mit verhaltener Höflichkeit entgegen. Ihr Misstrauen zeigten sie dennoch unverhohlen, indem sie ihre Waren noch gewissenhafter im Auge behielten.Währenddessen blieb die schwarze Kutsche stets in sichtbarer Entfernung. Einige Male glaubte Sue, dass sich die schwarzen Vorhänge an den Fenstern bewegt hatten, wenn sie daran vorbeigegangen war. Jedes Mal überkam sie das unbehagliche Gefühl, dass sich im Inneren der Kutsche möglicherweise der letzte Lord von Duart Castle verbarg. Instinktiv schienen die Menschen die Nähe der Kutsche zu meiden, wagten nur aus vermeintlich sicherer Entfernung einen neugierigen Blick.
    Zugegeben, die Angst der Menschen übertrug sich auch auf Sue. Dagegen konnte sie sich kaum wehren. Sean war nicht der Einzige, der von einem brüllenden Monster mit glühenden Augen sprach. Obwohl Sue sich nicht erinnern konnte, jemals von fremdartigen Geräuschen aus dem Schlaf gerissen worden zu sein. Dennoch zog sie es vor, das Haus nach Einbruch der Dunkelheit nicht zu verlassen.
    „Aye, ich hatte vergessen. Die feine Dame ist ja nicht von hier, sondern aus dem Sassenach Land.“ Der Sheriff griff nach den Zügeln und schwang sich auf das Pferd.
    Sue schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Black hatte endlich beschlossen weiterzureiten. Mit einem Finger schob er die tief sitzende Hutkrempe ein Stück höher. Sein höhnischer Blick ließ sie erschaudern.
    „Meine Eltern waren Schotten, Sir.“ Plötzlich hatte Sue das Gefühl, sich verteidigen zu müssen.
    „Warum erledigst du die Wäsche nicht dort, wo es alle Dorffrauen tun?“
    Verdammt. Die Stimmung des Sheriffs drohte umzuschlagen. „Weil das Wasser im Bach klarer ist.“ In Wahrheit zog sie die Einsamkeit vor, um die stumpfe Arbeit zumindest mit ihren Gedanken auszufüllen. Der Tratsch im Waschhaus interessierte sie nicht. Wann immer es sich vermeiden ließ, ging sie solchen Treffen aus dem Weg. Die Frauen hingegen beäugten Sue misstrauisch, weil sie nahezu exotisch wirkte, was nicht zuletzt dem Umstand zuzuschreiben war, dass sie mit fünfundzwanzig Jahren noch unverheiratet war. Sicherheitshalber hielt Sue geheim, dass sie Lesen und Schreiben konnte, damit sie nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregte.
    „Ich erwarte noch eine Antwort auf meinen Antrag, junge Dame.“ Der selbstgerechte Ton in seiner Stimme ließ Übelkeit aufwallen.
    Das musste ja kommen. „Ich wünsche nicht zu heiraten“, entgegnete sie vorsichtig.
    „Seit wann hat das etwas mit Wünschen zu tun? Noch dazu für ein Weibsbild.“
    Es war weder der rechte Moment noch war Black der geeignete Gesprächspartner, dem sie hätte erklären können, dass sie durchaus über einen eigenen Verstand verfügte, der sie befähigte, ihre Entscheidungen selbst zu treffen. Sie musste diplomatisch vorgehen, Zeit schinden, um einen Ausweg zu finden. Black war mächtig, doch konnte er keine Frau zur Heirat zwingen. Allerdings traute sie ihm zu, entsprechende Überzeugungsarbeit leisten zu können. Je länger sie ihn hinzuhalten vermochte, desto größer die Möglichkeit, dass er sich anderweitig orientierte. Bei den anderen Anwärtern war ihr das auch gelungen. Doch etwas in ihr warnte davor, leichtfertig zu glauben, Black sei wie die anderen Freier.
    „Sir, ich bin keine Dame von Stand und Eurer als Gemahlin nicht würdig.“ Sittsam senkte sie den Blick, wobei ihr sein verdutzter Gesichtsausdruck nicht entging. Es war ihr seit Längerem bewusst, dass Sheriff Black sie mit besonderem Interesse musterte. Ebenso war ihr nicht entgangen, dass sich unter den feinen Kleidern vermutlich ein ansehnliches Mannsbild verbarg. Sie konnte nicht erkennen, ob sein Haar so dunkel war, wie es den Anschein hatte, weil er es stets unter einem Hut verbarg. Meistens trug er es im Nacken zusammengebunden. Tiefe Furchen zogen senkrecht neben dem ordentlich getrimmten Backenbart über seine Wangen, ließen seine Haut ledern wirken. Obwohl es nahezu unmöglich war, sein Alter zu schätzen, musste er
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