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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn
Autoren: Susanne Gerdom
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was ich dir aus dem Sommerpalast anbieten kann«, sagte sie. »Ich selbst komme nicht mehr oft dorthin, seit wir hierher gezogen sind.« Sie pflückte eine der Beeren ab und schob sie zwischen die Lippen. Rutaaura griff ebenfalls zu, und eine Weile genossen sie gemeinsam die zartsäuerliche Süße, die die Schale der Beeren im Zerplatzen auf ihren Zungen freigab.
    »Ich weiß ja nicht, an welchen Neuigkeiten du interessiert bist«, begann Iviidis mit einem zögernden Fragen in der Stimme. »Den üblichen Klatsch willst Du wohl kaum hören?« Iviidis wartete eine Weile, aber als ihre Schwester schwieg, begann sie: »Der Hohe Rat hat zwei neue Mitglieder erwählt, weil Paivis das Begehren geäußert hat, sich künftig nur noch seinen Studien zu widmen. Seinen Sitz hat nun Nekiritan eingenommen. Ich glaube, dass unser Vater bei dieser Ernennung seine Finger im Spiel hat, Nekiritan ist einer seiner engsten Freunde. Was den anderen Sitz betrifft: Lootana weilt ja schon recht lange nicht mehr im Hain, sie hat aber ihren Sitz im Rat behalten und nur um Urlaub ersucht. Jetzt kam eine Botschaft von ihr, dass sie vorläufig nicht zurückkehren wird und deshalb ganz aus dem Rat auszuscheiden wünscht. Die Berufung ihrer Nachfolgerin hat für Aufsehen gesorgt, der Rat hat sich nämlich für Nekaari, Nekiritans Cousine, entschieden.«
    Rutaaura lehnte sich mit einem langen Atemzug zurück und faltete die Hände um ein hochgezogenes Knie. »Also hat Glautas jetzt zwei Stimmen im Rat.«
    Iviidis verzog das Gesicht. »Zwei Stimmen mehr«, stieß sie unerwartet scharf hervor. »Er hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass sein Einfluss auf die Geschäfte des Goldenen Hofes stetig größer wird. Ich frage mich, was ihn antreibt. Die Ewigen Mächte stehn mir bei – er ist der Oberste Tenttai der Bewahrer, es gibt kaum eine einflussreichere Position bei Hofe!«
    Über Rutaauras gleichmütige Miene zuckte ein winziges Lächeln. Die ehrliche Empörung in Iviidis’ Stimme amüsierte sie. »Das ist doch ein altes Thema«, erwiderte sie. »Unser Vater ist ehrgeizig, und er langweilt sich schnell. Und weil er als Bewahrer nicht in den Rat berufen werden kann, sorgt er eben dafür, dass der Rat nach seiner Pfeife tanzt.«
    »Und die Garde gleich mit«, sagte Iviidis düster. »Den alten Kommandeur haben vor Kurzem die Dunklen geholt …«, sie unterbrach sich und schlug die Hand vor den Mund. »Vergib mir«, sagte sie hastig. »Ruta, das war sehr taktlos von mir!«
    Rutaaura lachte, und ihr dunkles Gesicht zeigte nichts als ehrliche Erheiterung, als sie jetzt Iviidis zutrank. »Entschuldige dich nicht wegen nichts, kleine Schwester«, sagte sie, als sie den geleerten Becher auf den Boden stellte. Ein kleiner Tropfen Wein hing in ihrem Mundwinkel, und sie leckte ihn mit einer blassrosa Zungenspitze ab, die aussah, als gehörte sie einem schwarzen Kätzchen.
    Iviidis hob die Schultern und breitete mit einer verlegenen Geste die Hände aus. »Es sind die alten Redensarten«, gab sie freimütig zu. »Ich ärgere mich über mich selbst, wenn ich so etwas sage, aber ab und zu passiert es eben doch.«
    Rutaaura tat das mit einer Handbewegung ab. »Ich bin nicht empfindlich«, erwiderte sie. »Es kommt immer darauf an, wer so etwas sagt und welche Absicht dahinter steckt.« Sie lachte wieder. »Ein Freund, den ich vor Jahren im Vergessenen Land kennengelernt habe, nennt mich gerne ›Kinderschreck‹. Ich habe ihn leben lassen.« Sie grinste. »Aber dafür muss er sich damit abfinden, dass ich ›Stolperstein‹ zu ihm sage.«
    Iviidis brauchte ein paar Atemzüge, um zu verstehen. »Ein Zwerg«, sagte sie mit leisem Abscheu in der Stimme und zog den Umhang enger um die Schultern, als müsste sie sich gegen ein lästiges Insekt schützen.
    Rutaaura hob die weißen Brauen. »Ein Zwerg«, bestätigte sie. »Netter Kerl. Hat ausgezeichnete Manieren, was man nicht von allen Vertretern seiner Art – und leider auch nicht von allen Elben – sagen kann.«
    Die Lichte Elbin erwiderte nichts. Ihre dunkle Schwester stand auf und trat aus der schützenden Höhle der belaubten Pergola. Sie blickte zum Himmel. »Ich muss langsam fort. Bis zur Morgendämmerung will ich einen guten Abstand zwischen mich und den Hain gebracht haben.«
    Rutaaura drehte sich zu ihrer Schwester um. »Sag, Ivii, willst du mir einen Gefallen tun?«
    »Aber das weißt du doch. Wie kann ich dir helfen?«
    »Hast du in der nächsten Zeit einen Besuch bei Hofe
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