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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten
Autoren: Alfred Bekker
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offenbar einen Gesellen, den er mit Leichtigkeit formen und erziehen konnte. Jemanden, der sein Wissen über den Tag hinaus, da er in die Gefilde des Nachlebens hinüberwechseln würde, bewahren und pflegen könnte. Weit über die natürliche Spanne eines Menschen hinaus hatte Tarat-ankh-Nun sein Leben bereits verlängert. Und er begann zu ahnen, dass die Götter ihm dies nicht bis in alle Ewigkeit gestatten würden. Der Tag, an dem ihm sein uralter Körper den Dienst versagen würde, war nahe, so fühlte er. Vielleicht zwei Jahrzehnte noch, dann wäre seine Lebenskraft endgültig erschöpft gewesen. Gerade Zeit genug also, um Vorsorge zu treffen. Denn dieser Mann lebte für die Erkenntnis. Die Vorstellung, dass der Inhalt seines Lebens eines Tages vollkommen vergessen sein könnte, ließ ihn vor Schauern zittern. Die Tekemer balsamieren ihre Toten ein, so dass sie als Mumien auch nach sehr langer Zeit noch erhalten sind. Aber diese Art von Weiterexistenz nach dem Tod reichte Tarat-ankh-nun nicht. Er wollte nicht ins Nachleben eingehen und vergessen werden, wie so viele." An-Shar machte eine Pause, öffnete zwischendurch die Augen. Sein Blick wirkte vollkommen abwesend. Der Magier schien wie in jene ferne Zeit entrückt, von der er erzählte. "Ich lernte seine Kunst sehr gut. Und ich lernte auch, mich ihm zu fügen - oder ihn glauben zu machen, dass ich mich ihm und seine Vorstellungen fügte. Am Ende glaubte er, die Bewahrung seines Wissens sei mir ebenso eine Herzensangelegenheit wie ihm..."
    "Aber das war nicht der Fall!", schloss Kirad.
    An-Shar lächelte.
    In seinen Augen blitzte es leicht.
    Nach all den Jahren schien allein der Gedanke an das, was damals geschehen war, ihm schon neue Lebenskraft einzuhauchen. Zumindest ein wenig davon.
    "Ich lernte die Kräfte der Magie so gut zu beherrschen, dass ich schließlich in der Lage war, meinen Lehrer zu töten!"
    "Wie konntest du das schaffen? Verfügte er nicht über Kräfte, die es ihm erlaubten, sich selbst zu heilen?"
    "Oh, gewiss!" An-Shar kicherte in sich hinein. "Ich verwandte alle Kraft darauf, meinen Geist abzuschirmen, damit er meinen Plan nicht im Voraus erahnte."
    "Und dann?"
    "Ich nahm ein Messer, verbarg es unter meiner Kleidung..."
    "Du willst mich auch den Arm nehmen? Ich dachte, du hättest ihn mit Magie getötet!"
    "Oh nein, das traute ich mir damals nicht zu."
    "Aber..."
    "Ich durchschnitt mit einer schnellen Bewegung seine Kehle. So war er nicht mehr in der Lage, eine magische Formel zu sprechen." An-Shar kicherte wie irre. "Danach hatte ich leichtes Spiel..."
    Der Magier machte eine Pause. Er schien erschöpft zu sein.
    "Was hat dein Lehrmeister Tarat-ankh-Nun damit zu tun, dass wir in diesem Kerker eingesperrt sind?", hakte Kirad Kiradssohn Elbenschlächter schließlich nach.
    "Nun, das Land Ta-Tekem wurde einst in einen Krieg verwickelt, dessen komplexe Hintergründe ich einem Barbaren wie dir ersparen möchte. Die Tekemer glauben an eine Existenz nach Tode. Sie bauten mit magischen Mitteln Tore, durch die die toten Tekemer den Lebenden im Krieg zu Hilfe eilen sollten. Allerdings kamen durch diese Tore nicht die toten Tekemer, die ihren Nachfahren zu Hilfe eilen wollten, sondern Heere von grausigen Dämonenwesen. Diese Tore sind seit jener Zeit Orte, die mit Tabus belegt sind."
    "Ist das Tor, durch das wir in die Vergangenheit gelangten, so ein Ort?"
    "Ja. Die Zeichen an seinem Rundbogen sind magische Formeln, die verhindern sollen, dass jemals wieder Dämonen durch dieses Tor gelangen und Tod und Verwesung bringen. Der Gedanke, der schon meinen Lehrmeister nicht losgelassen hatte war folgender: Offenbar war es möglich, durch dieses Tor nicht nur eine Verbindung in die Gefilde der Toten, sondern auch in andere, uns sonst nicht zugängliche Bereiche herzustellen. In die Herkunftswelt der Dämonen beispielsweise oder...", er zögerte, ehe er weitersprach, "...in die Zukunft. Zu wissen, was geschehen wird, kann absolute Macht bedeuten. Aber Orakel und Seher vermögen nur verschwommene, zumeist nichtssagende Einblicke zu gewähren. Wertloses Gewäsch, mehr ist es oft nicht, was sie liefern. Mein Lehrmeister wollte mehr - und ich setzte seine Studien fort. Ich versuchte eines der Dämonentore mit Hilfe magischer Mittel so zu manipulieren, dass ein Durchgang in die Zukunft möglich wurde. Es gelang mir nach endlosen Nächten, in denen ich die Wächter, die Stätte des Tabus zu bewachen hatten, in einen Schlaf des Vergessens versetzen musste. Aus
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