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El Camino Amable

El Camino Amable

Titel: El Camino Amable
Autoren: Marlies Curth
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Wagen an“ in allen vertretenen Sprachen. Ich bin froh, in einem Refugio und nicht in einem Hotel zu sein! Als ich aufs Zimmer komme, diskutieren zwei Italiener und ihre Freundin lautstark und temperamentvoll irgendwelche Probleme. Eigentlich würde ich jetzt gerne schlafen. Ich bedaure gerade akut, in einem Refugio und nicht in einem Hotel zu sein!

5. Tag

Viana—Ventosa

    Wider Erwarten war es sehr ruhig im Schlafsaal und der Erste ist erst um zehn vor sechs aufgestanden. Ich war Nummer zwei oder drei und bin dann gegen halb sieben aufgebrochen. Es ist schön, in der Morgenkühle durch ein stilles Dorf zu wandern.
    Die Häuser sind gepflegt, Kübelpflanzen stehen davor und auch die Straßen sind blitzsauber. Keine Menschenseele ist zu sehen und nur ab und zu hört man einen Hahn krähen. Die gelben Pfeile leuchten im orangen Licht der Straßenlaternen und ich kann erkennen, dass an einigen Häusern eine Jakobsmuschel in die Fassade eingemauert oder mit bunten Kacheln gestaltet ist.

    Den ganzen Tag war und blieb es bedeckt, was zum Wandern sehr angenehm war. Die altbekannten Stellen taten weh, neu hinzugekommen war eine Stelle unter dem rechten Fuß. Habe immer aufmerksam hingehorcht und die Stelle drückte immer mehr, bis es sich gegen Mittag so anfühlte, als ob ich auf einer gigantischen Blase laufen würde. Es ließ sich aber ertragen. Der Weg war nicht sehr bergig und bald war ich in Logroño.

    Die Stadt entstand um die Zeitenwende an einer Furt des Flusses Ebro, an der die Römer später eine Brücke bauten. Im 8. Jahrhundert wurde Logroño von den Mauren erobert. Es blieb abgesehen von der Bedeutung, die die Brücke dem Ort gab, eine unbedeutende Siedlung, deren wirtschaftliches Wohlergehen vorwiegend durch den Weinbau bestimmt war. Erst Jahrhunderte später wurde Logroño zu einer wichtigen Pilgerstation am Jakobsweg. Heute ist Logroño die Hauptstadt der Provinz La Rioja. Das Motto „La ciudad como el Camino“ - die Stadt richtet sich nach dem Weg —, das bei so vielen Dörfern und Städten am Jakobsweg erkennbar wird, hat auch in Logroño die Stadtentwicklung geprägt. So führt die älteste Straße von Logroño, die Ruavieja sirga peregrinal, von der Brücke über den Ebro durch die Altstadt auf dem alten Pilgerweg.
    In Logroño habe ich die Kathedrale bestaunt, ein imposantes Gebäude. Bei allen Kirchen hier sind die Portale sehr aufwendig gestaltet, mit mehreren Steinbögen, Skulpturen und Ornamenten. Aber das Besondere in diesem Fall waren die vielen Störche auf den Türmen. Riesige Nester waren dicht aneinandergebaut, viele Jungstörche balancierten auf dem Rand und übten sich mit zurückgelegtem Kopf im Klappern. Ich habe in der Stadt noch ausgiebig in einer Cafeteria gefrühstückt. Es fiel mir nur unendlich schwer, hinterher wieder den Rucksack aufzusetzen und loszugehen — in diesem Moment tat wirklich alles weh! Auch auf der folgenden Strecke kam es mir immer so vor, als ob es stärker wehtut, stehen zu bleiben als weiterzugehen. Daher machte ich nur wenige kurze Pausen und setzte den Rucksack nur selten ab.
    Zunächst führte der gut und weich betonierte Weg, der sich wie ein Sporthallenboden anfühlte, durch eine Anlage, in der viele Spanier unterwegs waren, um zu joggen. Wenn man selbst mit zehn Kilo auf dem Rücken geht und auch irgendwo ankommen will, kommt einem das Joggen ehrlich gesagt irgendwie befremdlich vor.
    Die Anlage ging allmählich in ein Vogelschutzgebiet mit Wäldchen und See über, es war sehr ruhig und schön zu gehen. Am Seeufer waren ein Jugendlicher und sein kleiner Bruder beim Angeln und ich habe eine Weile zugeschaut. Der Ältere hat tatsächlich einen großen Karpfen geangelt und mit dem Kleinen unter großer Anteilnahme der Umstehenden herausgeholt. Vor dem Töten bin ich weitergegangen.

    Anschließend führt der Weg lange Zeit durch Weinberge, es sind auch nicht viele steile Strecken dabei. Die Weinstöcke hängen voller Trauben, die hellgrün vor der roten Erde leuchten. Allerdings wird das helle Grün doch recht oft durch blaue Rückstände von Pflanzenschutzmitteln überdeckt, die vom Spritzen übrig geblieben sind. Ich stelle dies mit gemischten Gefühlen fest, denn einerseits schätze ich einen Wein, der schmeckt und doch erschwinglich ist, andererseits lassen sich absatzfreundliche Preise wohl nur erzielen, wenn die Weinlese reichlich ausfällt, der Ertrag hoch ist und nicht durch Schädlingsbefall gemindert wird. Wahrscheinlich bin ich selbst
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