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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
Autoren: Bärbel Wardetzki
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kam es dadurch zu Streitereien, die lautstark endeten und beide ziemlich ratlos zurückließen.
    Ihr tiefster Wunsch war, von ihm erkannt zu werden in dem, was sie braucht. Er sollte wissen, welche Bedürfnisse sie hat und sie ihr erfüllen, ohne dass sie darum bitten muss, denn nur dann ist es für sie Ausdruck seiner Liebe. Denn, wenn sie ihm erst sagen muss, was sie glücklich macht, ist die Liebesbeteuerung nichts mehr wert. Und auch sie wird seine Wünsche erraten und ihn so lieben, wie er es braucht. Keine andere könnte es so gut wie sie.
    Dieses Denken ist Ausdruck des Wunsches nach Verschmelzung, nach Einssein. Er steht über allem und verhindert die Akzeptanz der Andersartigkeit des Partners. Eine wirkliche Auseinandersetzung kann auf diese Weise nicht entstehen. In diesem Denken passen die Partner entweder optimal zusammen oder nicht. Dass Beziehung Arbeit bedeutet und ein gutes Zusammenleben dadurch entsteht, sich aneinander zu reiben, miteinander zu verhandeln und Kompromisse zu schließen, ist in ihrer Definition von Liebe nicht enthalten. Beziehungsarbeit erlebt Sylvia eher als trennend denn als verbindend. Lieber würde sie sich einen neuen Mann suchen, der von vornherein besser zu ihr passt, als sich mit den Seiten von Justus zu arrangieren, die sie nicht mag.
    Da Sylvia bereits vor Beginn der Begegnung mit Justus eine Therapie bei mir begonnen hatte, konnte sie nun die Schwierigkeiten beim Aufbau der Partnerschaft mit meiner Hilfe reflektieren. Das hatte zur Folge, dass sie begann, nicht nur kognitiv analysierend auf die Zweisamkeit zu schauen, sondern ihre Gefühle zuzulassen. Sie spürte, was sie von ihm braucht, was ihr guttut und was nicht und worum sie ihn bitten möchte. Das Spüren hatte eine große Irritation zur Folge, denn es machte sie empfindlich, verletzlich und unsicher, wo sie doch sonst nur mit dem Verstand handelte. Es war, als hätte sie ihre Krücken in die Ecke gestellt und lerne nun, allein zu laufen. Sie hatte ihre Kontrolle verloren und befürchtete, sich zu unterwerfen, wenn sie sich ihm offenbart. Ihre innersten Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen behielt sie immer für sich, sofern sie sich erlaubte, sie überhaupt wahrzunehmen. Sich dem Partner damit zu offenbaren bedrohte sie, denn sie wusste nicht, ob Justus sie zurückweisen würde, wie sie es als Kind erfahren hatte.
    Die Angst, sich unterwerfen zu müssen, sich klein und inkompetent zu fühlen, ist ein Begleiter narzisstischer Paare und verhindert Liebe und Zuneigung. Sylvia erwartet, dass Justus sich ihren Wünschen unterwirft, und befürchtet zugleich, dass Justus dasselbe von ihr verlangt. Deshalb muss sie die Kontrolle über ihn, ihre Gefühle und die Beziehung behalten.
    Was narzisstischen Liebesbeziehungen fehlt, ist die »zärtliche Strömung der Liebe«. 11 Sie zeigt sich in:
    • Sorge um den anderen
    • Neugier für den anderen und sein Leben
    • Empathie und Einfühlung in die Gefühle und Bedürfnisse des anderen
    • optimale Distanz zwischen den Partnern
    • Versöhnlichkeit
    • Dankbarkeit
    • Achtung und Wertschätzung.
    In der eitlen, narzisstischen Liebe vergessen die Menschen wichtige Daten im Leben ihrer Liebespartner, sie können ihre Bedürfnisse nicht mit denen des anderen abstimmen, aber auch die der anderen nur schwer erfüllen. Statt neugierig und aufmerksam zuzuhören, zeigen narzisstische Partner wenig Interesse beispielsweise an Familiengeschichten ihrer Partner/ in oder unterbrechen die Erzählung ständig, um von eigenen Erlebnissen zu sprechen und die Aufmerksamkeit dadurch auf sich zu ziehen. Sie bleiben passiv, wenn es darum geht, offen zur Beziehung und zum Partner/zur Partnerin zu stehen. Gleichgültigkeit resultiert häufig aus dem Mangel an Einfühlung und Interesse. Sie sind so sehr mit sich beschäftigt, dass sie darüber den anderen vergessen oder direkt ausblenden.
    Was die optimale Nähe angeht, sind narzisstische Menschen in einer Ambivalenz. Sie wollen selber nicht auf ihre eigene vollkommene Autonomie verzichten, dem anderen aber seine Eigenständigkeit nicht zugestehen, sondern am liebsten mit ihm verschmelzen. Das erzeugt Aggressionen beim anderen und wird mit Rückzug oder Kälte und Unnahbarkeit beantwortet.
    Auch nachtragendes und rachsüchtiges Verhalten schnürt die Liebe zwischen narzisstischen Partnern ab. Es fällt ihnen schwer, zu verzeihen und zu vergessen. So kann es dazu kommen, dass der Partner oder die Partnerin immer wieder mit ironischen oder
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