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Motte Maroni - Horrorfahrt der Dämonenbahn

Motte Maroni - Horrorfahrt der Dämonenbahn

Titel: Motte Maroni - Horrorfahrt der Dämonenbahn
Autoren: Residenz
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Kings Island, Mason, Ohio
    April, wechselhaft. Gar nicht ideal für einen Besuch des Vergnügungsparks Kings Island. Aber Shirley und Max Humperdinger sind nicht zum Vergnügen hier. Mit „Vergnügen“, für die Eheleute Humperdinger seit geraumer Zeit ohnehin ein Fremdwort * , hat dieser Ausflug nicht das Geringste zu tun. Es herrscht ein Höllenlärm. An einer Ecke riecht es nach verbrannter Zuckerwatte, hinter der nächsten Bude nach aufgeplatzten Hotdogs. Max trabt mit eingezogenem Kopf durch den Nieselregen und hat dabei Mühe, nicht über quengelnde Kleinkinderzu stolpern. Zu allem Überfluss herrscht Aprilwetter. Und das mitten im April. Wie gesagt: schlechte Bedingungen. Für alles. „Verfluchtes Mistwetter!“, flucht Shirley.
    Max erschrickt, solche Worte ist er von seiner Frau nicht gewohnt. Senf kleckert von seinem Hotdog auf sein grellbuntes Hawaiihemd. Shirley zieht eine Grimasse und kramt in ihrer Tasche nach einem Erfrischungstuch. Mühsam fördert sie eines zu Tage, es war eingeklemmt zwischen dem Elektroschocker, dem Schweizermesser und der Steinschleuder. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben Shirley gezeigt, dass man im Leben auf vieles vorbereitet sein muss.
    Ungeduldig rubbelt Shirley an Max’ Hemd herum. Der Senffleck wird zwar heller, aber auch größer. Max beginnt schon wieder sein Jammerlied: „Ich könnte so schön auf der Couch liegen und mir einen Horrorfilm anschauen, aber was mache ich stattdessen? Ich bekleckere mich mit Senf, im Regen, nur weil deine Cousine Prudence-Pru eine Lebensmittelvergiftung hat. Wahrscheinlich von zu vielen Hotdogs und zu viel Zuckerwatte!“
    Shirley beißt die Zähne zusammen, um das Gemecker ihres Mannes nicht barsch zu unterbrechen. Nebenan, in der Achterbahn, durchrasen die Fahrgäste kopfüber hängend und laut kreischend einen Looping.
    „Aber nicht nur, dass Prudence-Pru Bauchgrimmen hat!“, erregt sich Max weiter. „Nein, jetzt soll ich auch noch für sieeinspringen, in dem blöden Spukhaus * von deiner Tante Betty-Boo! Du mit deiner Verwandtschaft! Ausgerechnet den Wandelnden Tod soll ich geben!“ Wütend reckt Max die Fäuste gen Himmel, da flutscht mit einem schmatzenden Geräusch das Würstchen aus dem Hotdog auf seine Frisur. Es überschlägt sich, landet auf seinem Hawaiihemdbauch, verharrt dort kurz und gleitet dann unaufhaltsam weiter auf seine weißen Shorts, auf welchen es eine glänzende Senf- und Ketchupspur hinterlässt. Starr vor Staunen beobachtet Shirley, wie das Würstchen über Max’ rebhuhnartige Beine auf den Asphaltboden rutscht, wie Max mit seiner linken Sandale beherzt drauftritt, wie es seine Schultern nach hinten reißt und die Füße nach vorne.
    Die Arme rudern, der Kampf ums Gleichgewicht ist kurz, aber heftig und wird von Max leider just in dem Moment verloren, als der Eismann mit seinem dreirädrigen Verkaufswagen den Weg der Humperdingers kreuzt.
    Als Max prustend aus dem Erdbeereis auftaucht, klebt eine Eistüte mitten auf seiner Stirn, ein entzückendes Mädchen mit blonden Zöpfen tritt ihm brüllend gegen das Schienbein, er verliert erneut das Gleichgewicht und steigt noch einmal auf das flach getretene Würstchen. Shirley hält die Luft an, aber Maxkippt nicht noch einmal um. Dafür schlingert er orientierungslos, eine Erdbeereisspur nach sich ziehend, auf eine Sandkiste zu, stolpert und stürzt mitten in ein prächtiges Sandschloss. Max kämpft sich hoch, wischt sich Senf, Erdbeereis und Sand aus den Augen und blickt sich nach Shirley um. Die steht, ihr Erfrischungstuch noch immer in Händen, wie vom Donner gerührt zwischen lachenden Gaffern und überlegt kurz, ob sie so tun soll, als ob sie mit jemand ganz anderem verheiratet wäre. Aber sie schüttelt die krausen Ideen ab, schnappt Max an der klebrigen Hand und sucht eiligst das Weite.
    Endlich erreichen die Humperdingers das Spukhaus von Tante Betty-Boo. Shirley kennt sich aus, sie holt aus einem Verschlag eine Plastiksense, drückt sie Max in die Hand und grinst mit einem Blick auf die Senf- und Sandreste: „Schminken können wir uns wohl sparen.“ Dann betreten die zwei durch das mit Fratzen geschmückte Tor Tante Betty-Boos Spukhaus.
    Drinnen riecht es nach abgestandener Luft, Schmieröl, Lavendel und dreißig Jahren Angstschweiß. Vampire aus Pappmaché, Gerippe aus Fiberglas und Spinnen aus Gummi treiben ihr Unwesen. Aus Lautsprecherboxen heult und kichert es blechern, bunte Lichter blinken hektisch und erzeugen eine unheimliche Stimmung.
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