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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
Autoren: Bärbel Wardetzki
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sich unter, stellen den Mann auf den Sockel und leiden.
    Im Grunde geht es um die Frage: »Darf ich so sein, wie ich bin, oder bin ich nur durch dich?« Für narzisstische Partnerinnen ist die Antwort klar: »Nein, ich bin nie, wie ich bin, und zeige mich auch nicht so, wie ich bin, denn ich bin nur durch dich. Und daher muss ich dir gefallen. Das ist wichtiger, als ich selbst zu sein.«
    Die Position ihrer Männer wurde von den Seminarteilnehmerinnen als dominant beschrieben, teilweise herrisch, abweisend, kalt und unempathisch. Durch die Selbstaufgabe versuchten die Frauen, nicht negativ aufzufallen und die Liebe des Mannes zu bekommen. Doch die Rechnung ging für beide Seiten nicht auf: Die Frauen fühlten sich genauso ungeliebt wie die Männer.
    Deutlich sichtbar wurde die beiderseitige Dramatik in einer Skulptur, die eine Teilnehmerin von sich und ihrem Mann stellte. Skulpturen werden in der psychotherapeutischen Arbeit häufig verwendet, um das Konfliktthema des Paares zu verdeutlichen. Beide Partner werden dabei zu einem Standbild aufgestellt, so wie sie die Beziehung erleben. Ist das Paar nicht gemeinsam anwesend, dann übernimmt ein/e Gruppenteilnehmer /in oder ich die Rolle des fehlenden Mannes oder der fehlenden Frau.
    Hier nun die Skulptur der Seminarteilnehmerin:
    Ihr Mann steht vor ihr, mit dem Rücken zu ihr gewandt, den linken Arm nach hinten in ihre Richtung gestreckt. Sie kniet hinter ihm und streckt beide Arme nach ihm aus, erreicht aber seine Hand nicht. Ihre Position drückt die flehentliche Bitte aus: Erlöse mich aus meiner Unbedeutendheit, aus meiner Unwichtigkeit! Sie schaut dabei zu Boden, sieht ihn nicht und ist weder im Kontakt mit sich noch mit ihm. Der Protagonist in der Rolle des Mannes steht wie versteinert, bekommt Schmerzen im linken Arm und im Rücken und kann sich nicht bewegen. Er fühlt sich unfrei, »schrecklich« einsam, aber auch wütend, weil er so erstarrt ist. In der Realität leidet dieser Mann unter einer Versteifung der Wirbelsäule. Das ist die körperliche Analogie zur seelischen Situation! Eine Einengung und Erstarrung in der Beziehung kann sich in einer körperlichen Steifheit äußern. Zugleich trägt die körperliche Starre zu einer realen Unbeweglichkeit bei, wie sie die Beziehungsdynamik fordert. Das eine unterstützt das andere, bedingt es womöglich sogar.
    Als der Frau klar wird, dass sie in ihrer Position den Mann gar nicht sehen kann, hebt sie den Kopf. Im gleichen Moment entsteht in ihr der Impuls aufzustehen. Denn nur, wenn sie zu Boden schaut, kann sie in der inferioren Position bleiben. Und wenn sie eine Beziehung zu ihrem Mann haben will, muss sie ihn zuerst einmal sehen, und das geht nur, wenn sie den Kopf hebt und aufsteht. Dadurch kommt auch der Mann in Bewegung, dreht sich zu ihr und sie halten sich an den Händen. Es tut beiden gut. Sie fühlt sich wichtig und spürt ihre Kraft, er kann sich ihr zuwenden und dadurch Zuneigung für sie spüren.
    An diesem Beispiel wird sichtbar, dass im Grunde genau das Gegenteil von dem passiert, was viele Frauen erwarten. Nicht durch Unterwerfung und Selbstaufgabe erwerben sie Anerkennung und Liebe, sondern durch Auflösung des Oben-Unten-Gefälles, also durch Ebenbürtigkeit.
    Allerdings wurde diese Skulptur ohne den realen Ehemann gestellt. Ob er sich zu einer ebenbürtigen Beziehung entscheiden kann, ist genauso wenig sicher wie die Tatsache, ob die Frau in Zukunft ihre Selbstaufgabe beendet. Doch sie hat zumindest die Erfahrung gemacht, dass sie sich aus der Unwichtigkeit selbst herausholen kann und dass Beziehung da beginnt, wo sich Menschen wahrnehmen. Das bedeutet: Ich schaue dir ins Gesicht und ich nehme wahr, wie es dir geht und wie du da bist. Ob ihr das mit ihrem Ehemann glücken wird, wissen wir nicht. Denn oft brechen narzisstische Beziehungen gerade dann, wenn der unterlegene Partner oder die Partnerin Augenhöhe einfordert.

8. Beziehung auf Augenhöhe – geht das?
    Das Charakteristikum narzisstischer Beziehungen jedweder Couleur ist das Ungleichgewicht. Sei es, dass der Mann der Frau das Gefühl gibt, unterlegen zu sein, sei es, dass die Frau ihrem Mann vermittelt, im Grunde der bessere Mann zu sein. Auch im Beruf, in der Politik, in der Wirtschaft, überall stellen narzisstische Menschen ein Gefälle her. Das hängt direkt mit der Unsicherheit zusammen, die narzisstische Persönlichkeiten auszeichnet, egal, ob sie weiblich oder männlich sind. Um das fragile Selbstwertgefühl zu stärken, müssen
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