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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
Autoren: Bärbel Wardetzki
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sie entweder sich selbst erhöhen und damit den anderen erniedrigen. Oder sie erhöhen den anderen, um sich dann in dessen Glanz zu sonnen und sich dadurch aufzuwerten.
    »Narzissten haben ein ungesichertes Selbstgefühl und können den Partner nicht als eigenständiges Individuum wahrnehmen, sondern nur als ›narzisstisches Objekt‹, als eine Erweiterung des eigenen Selbst, als etwas, das ihr Selbst auffüllt, ergänzt, schmückt, erhöht.« 14
    Im Fall der Erniedrigung wird der andere abgewertet und mit einem kritischen, gnadenlosen Blick beurteilt. Der Fokus liegt dabei auf dessen Schwachstellen, nicht auf seinen Stärken. Am Ende wird klar: »Ich bin besser, schneller, schöner, liebenswerter etc. und dadurch mehr wert als du.« Und das verschafft ein Gefühl von Selbstwert.
    Im anderen Fall wird das Gegenüber aufgewertet, ob zu Recht oder Unrecht spielt dabei keine Rolle. Die Idealisierung lässt alles am anderen in einem schönen Licht erscheinen, sogar seine bzw. ihre Schattenseiten. Gerade zu Beginn von Beziehungen wirkt dieser Mechanismus. Ist er vorübergehend und wird er im Lauf der Zeit durch eine realistischere Sicht auf den anderen abgelöst, können beide Seiten integriert werden: die, die gefällt, und die, die missfällt. Geschieht dies jedoch nicht, wird also die Idealisierung aufrechterhalten, dann wird es unweigerlich zum Bruch kommen. Denn wer kann schon den idealen Vorstellungen des anderen auf Dauer entsprechen? Der angehimmelte Prinz entpuppt sich als Mensch, der nicht nur tapfer ist, sondern auch Angst hat. Die schöne Prinzessin hat auch Falten und kann sehr übellaunig sein. In dem Moment bricht der schöne Schein zusammen. Oft trennen sich Menschen an diesem Punkt, weil sie sich nicht mehr durch den anderen aufwerten können. Sie fühlen sich betrogen, weil das Gegenüber die Versprechungen nicht eingehalten hat, und wenden sich gekränkt ab.
    Dabei böte gerade diese Situation die Chance, die Beziehung neu zu definieren. Sehe ich mein Gegenüber mit seinen Stärken und Schwächen, dann darf auch ich meine Stärken und Schwächen zeigen. Allein dadurch würde das Gefälle aufgehoben, bei dem immer einer besser sein muss als der andere.
    Doch was passiert mit dem fragilen Selbst, wenn es mit einem gleich starken Gegenüber konfrontiert wird?
    Selbstwertschwache Menschen benutzen zur Stabilisierung ihres Selbstwertgefühls den Mechanismus des Vergleichs, weil ihre Selbsteinschätzung nie unabhängig von äußeren Faktoren ist. Das Außen wird sozusagen zum Maß, an dem sie ihren eigenen Wert messen. Und das Maßband hat nur zwei Ausprägungen: besser oder schlechter. Jedwede Gleichrangigkeit wird nun mit diesem Maßstab beurteilt und am Ende kommt wieder ein Besser oder Schlechter heraus.
    Eine andere Frau, die ebenfalls attraktiv ist, ein Kollege, der auch innovative Ideen hat, die Freundin, die einen tollen Job angeboten bekommen hat, die Mutter, deren Kind sozial gut ankommt, all das sind Möglichkeiten, durch die das fragile Selbst in Not gerät und mit starken Selbstzweifeln reagiert: »Bin ich hässlich und dick, weniger intelligent, ist mein Job unbedeutender und die andere eine bessere Mutter?«
    Dass sie nicht weniger attraktiv ist, nur weil die andere Frau auch gut aussieht, dass sein beruflicher Erfolg nicht beschädigt wird, nur weil der Kollege pfiffige Ideen hat, dass der Job der anderen toll sein darf, ohne den eigenen zu schmälern, und dass Mütter nicht besser oder schlechter sind, nur weil das eine Kind etwas kann, was das andere noch lernen muss, sind Tatsachen, die für narzisstische Menschen schwer zu verstehen sind, weil sie sich nur gut finden, wenn sie besser sind, wenn also ein Gefälle besteht und sie oben stehen. Ein Nebeneinander, bei dem beide stark und gut sein können, kennen sie nicht oder wollen sie nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Anderssein nicht bedeutet, schlechter oder besser zu sein, sondern eben anders.
    Die Angst, nicht gut genug zu sein, zwingt diese Menschen, sich ständig mit anderen zu vergleichen, in der Hoffnung, überlegen zu sein. Welch ungeheure Anstrengung und welche Frustration, denn es wird immer jemanden geben, der schöner, intelligenter, schneller, reicher, glücklicher etc. ist. Wirkliche Zufriedenheit mit sich selbst gibt es in diesem narzisstischen Konzept nicht, sondern nur die permanente Bedrohung, schlecht abzuschneiden.

9. Wer hat recht?
    Im Kontakt mit anderen äußert sich das Ungleichheitsprinzip häufig in
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