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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele
Autoren: Birgit Schlieper
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Blick wirr. Der Ring ist natürlich weg. Sie sucht überall. Wühlt in dem Eimer mit den Papierhandtüchern, lässt sich auf die Knie fallen. Er ist nicht da.
    Sie redet auf sich selber ein. Das sei ein Zeichen. Dass jetzt wirklich was Neues anfangen würde. Ein neues Kapitel. Dass jetzt alles gut würde. Nur: Sie glaubt sich selber nicht.

Kein Stückchen Himmel sehen
    S ie schiebt ihr Rad zum Klotz. Das ist ein riesiger Betonwürfel mitten in der Fußgängerzone. Es soll Kunst sein und ist nur Gespött. Carl lehnt an einer Betonwand und mustert Zoe.
    »Schönen Dank. Du hast mir einen ätzenden Vormittag in der Gesellschaft von zwei Bullen eingebracht.« Seine Stimme ist aggressiv und verächtlich.
    »Was wollten sie? Hat die Alt dich angezeigt?«
    Sie steht vor ihm und weiß nicht, wohin mit ihren Armen.
    »Die Alt? Quatsch. Es ging um einen Fotoapparat. Um meinen Fotoapparat, den ich wegen einer blöden Kuh zur Reparatur bringen musste. Leider war die Kamera registriert.«
    Zoe guckt die Fußgängerzone runter. Sie versteht nicht. Außer, dass er sie gerade beleidigt hat.
    »Registriert?«
    »Genau. Du bist so schlau. Auf den eigentlichen Besitzer.«
    »Und das bist nicht du?«
    Er lacht laut und gemein.
    »Ob ich das bin? Klar, eigentlich hätte ich die zwei Mille für die Knipskiste hinlegen können, aber ich habe die Kohle lieber in Aktien angelegt.«
    Seine Stimme lässt sie wie ein kleines Mädchen dastehen.
    »Sie ist geklaut?«
    »Ui. Was für ein unschönes Wort. Kommt das in deinem Alltag überhaupt vor? Sagen wir: Ich habe sie gefunden. Und schließlich haben wir sie ja auch gebraucht, oder?«
    Plötzlich ist sie wieder mit im Boot. Aber wohl fühlt sie sich darin nicht. Sie möchte über Bord springen, weiß aber nicht, ob sie schwimmen kann.
    »Weißt du, was mich richtig ankotzt? Wenn die süße kleine Zoe mit ihrem kleinen runden Wackelpopo und ihren prallen Titten die Kamera zur Reparatur gebracht hätte, hätte der Typ nie im Leben geguckt, ob die vielleicht als geklaut gemeldet ist. Er hätte sich ausgemalt, wie er dir unter den Rock greift. Oder wie er vielleicht selber Fotos von dir macht. Aber wenn so ein Loser wie ich kommt, da gucken die natürlich nach. Ich könnte ein Anti-Krebsmittel erfinden, für euch alle wäre ich doch immer der kriminelle Abschaum.«
    Der Hass trieft aus Carls Mund.
    Zoe starrt ihn an. So hat er noch nie mit ihr und vor allem nicht über sie gesprochen. Sie fühlt sich schmutzig. Er hat mit seinen Worten ihren Körper billig gemacht. Sie denkt angewidert an ihren kleinen Tagtraum. Schämt sich vor sich selber. Fühlt seine Beleidigung wie blaue Flecke auf ihrer wunden Seele. Und ganz nebenbei streckt sich ein Gedanke aus dem Sumpf heraus in ihrem Kopf. Regt Carl sich darüber auf, dass er schuldlos immer in die kriminelle Schublade gesteckt wird? Wirklich schuldlos? Hat er nicht tatsächlich die Kamera gestohlen? Ist er nicht gerade dabei, das Leben ihrer Lehrerin zu zerstören? Nein. Nicht er. Sie beide sind dabei. Sie, Zoe, gehört dazu.
    Es war ein gutes Gefühl gewesen, Carl an ihrer Seite zu haben. Sie hatte sich stark gefühlt. Unverwundbar. Sie hatte es sich und ihm beweisen wollen. Schlagartig wird ihr klar, dass es dieses Gefühl nicht mehr gibt.
    Carl steht nicht mehr neben ihr.
    Er steht ihr gegenüber. Sie hier und er da – jeder an seiner Front.
    Zoe sieht, dass sie selbst nicht länger ihre größte Bedrohung ist.
    Diese steht ihr vis-à-vis.
    »Was passiert jetzt?«, fragt sie ganz sachlich.
    »Erstmal haben sie die Nikon natürlich konfisziert. Gut, dass ich so schlau war, alle Fotos vorher zu löschen. Das hätte ja sonst eine schöne Überraschung gegeben. Dann haben sie mich ewig verhört. Gott sei Dank konnte ich nachweisen, dass ich zur Tatzeit in der Schule war. Der Blödmann von Besitzer hatte die echt im unverschlossenen Auto liegen. So eine Doofheit sollte bestraft werden.«
    Er lacht kurz, streicht mit seiner Hand kurz über ihren Oberarm.
    »Ach ja, Süße, du bist übrigens mein Alibi. Ich habe angegeben, dass du bestätigen kannst, dass ich den ganzen Vormittag in der Schule war. Weil die Kamera leider direkt um die Ecke weggekommen ist, musste ich leider sagen, dass du auch beide großen Pausen mit mir verbracht hast. Ich habe erzählt, dass wir im Kartenraum gewesen sind.«
    »Was? Hast du denen erklärt, dass du dir noch mal die Grenzen des Großreichs angucken wolltest, oder was?«
    »Nicht ganz«, grinst Carl und macht eine obszöne
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