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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele
Autoren: Birgit Schlieper
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die Kamera in den im Flur geparkten Wäschekorb, reißt ein Handtuch vom Haken, wickelt Franziska ein. Das Handtuch fällt dabei halb ins Wasser.
    »Gib mir noch eins, schnell.«
    Mit aller Kraft hievt sie Franzi aus der Wanne, hüllt sie ein.
    »Hilf mir sie aufs Bett zu legen. Dann kannst du gehen.«
    Carl sieht verwirrt und auch erleichtert aus. »Wir wollten das mit dem Alibi doch noch bereden.«
    »Hab es mir schon gemerkt. Einmal stehend, einmal von hinten. Das reicht wohl. Die wollen wohl nicht wissen, wie lange es gedauert hat und ob ich einen Orgasmus hatte, oder? Ich melde mich nachher bei dir, wenn ich von der Laube zurück bin.«
    Carl geht. Geht schnell. Zoe sitzt vor Franzis Bett. Heult stumm.
    Da ist sie wieder, die Schuld.
    Sie streichelt ganz zart Franziskas Hand. Will sich entschuldigen. Sie weiß, dass Franziska nichts von der perversen Situation mitbekommen hat. Sie selber aber hat es gesehen. Sie hat die Situation herbeigeführt. Sie hat sich in ihrem Zorn dazu verleiten lassen. Sie ist verantwortlich.
    Sie kann es nicht rückgängig machen. Aber sie kann etwas anderes tun. Sie muss etwas anderes tun. Sie hat die Schuhe schon an, als ihre Mutter nach Hause kommt.
    »Ich muss noch mal kurz los. Hier war alles in Ordnung. Franzi hatte sich nur total eingekackt. Ich habe sie aber schon gebadet.«
    Sonja Kessler ist in Gedanken noch halb in der Sitzung und nickt nur.
    »Gut. Bis zum Abendessen bist du aber zurück.«

Ein langer, kurzer Schnitt
    E rst hatte sie überlegt, Enya Alt einen Brief zu schreiben. Alles ganz sachlich zu erklären. Doch das erschien ihr zu schwach. Sie musste einfach persönlich mit ihr reden. Wenn die Lehrerin tatsächlich heute das Geld hinterlegen will oder soll, muss sie doch zurück sein. Von wo auch immer. Zoe hofft so sehr, die Alt in deren Wohnung anzutreffen. Sie muss mit ihr reden. Ihr alles erzählen. Sie wühlt nach den richtigen Worten in ihrem Kopf. Sie muss es für sich tun. Was danach kommt, ist egal.
    Zoe geht wie angesogen. In Gedanken formuliert sie. Sie will nichts beschönigen. Nichts entschuldigen. Nur erklären. Ganz objektiv. Ein Fenster steht auf Kipp. Ein gutes Zeichen. Zoe klingelt Sturm, sie hört draußen den schrillen Ton. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis der Türsummer ertönt, sie stürmt die Treppe hoch und erstarrt erst, als sie Carl im Wohnzimmer stehen sieht.
    Für eine Millisekunde fühlt sie einen Hauch Hoffnung. Hat er auch Skrupel bekommen? Hat er sich im Spiegel in die Augen geguckt und jemanden erkannt, der er nicht sein will? Sie denkt wieder an den Moment vor einigen Wochen, als sie die Schultreppe hinauf geht und Carl steht da vorm Lehrerzimmer. Genau wie jetzt. Sie geht eine Treppe hoch, betritt die Wohnung – und da steht ER. Wie in ihrem allerersten Moment. Ewigkeiten her. Vielleicht schließt der Kreis sich ja mit diesem Augenblick wieder. Sie hofft es so.
    »Ach, Zoe, was machst du denn hier? Lass mich raten: Du bietest der lieben Enya an, dich mit 20 Mille zu begnügen und lieferst aber dafür mich ans Messer. Habe ich recht?«
    Er lehnt sich mit dem Rücken an die Wand, verschränkt die Arme vor seinem Oberkörper. Zoe registriert, dass seine Muskeln angespannt sind. Wie zum Sprung bereit. Sie sieht, dass seine Jeansjacke achtlos auf einen Sessel geworfen wurde. Sie wirkt deplatziert. So wie Carl.
    Zoe räuspert sich, versucht fest zu klingen. »Nein. So wie du mit vielen Dingen nicht recht hattest, die du in letzter Zeit gesagt hast.«
    Carl zieht einen Mundwinkel spöttisch hoch. »Aber Süße, das Spiel ist eh aus. Die liebe Enya zahlt nämlich nicht. Erstens, weil sie behauptet, dass sie nichts hat, und zweitens, weil sie das Gute in mir und in ihr nicht kaputtmachen will. Das Gute in mir. Süß, was?«
    Zoe hat ihn noch nie so voll Verachtung gesehen. Obwohl Carl sie schon tief hat blicken lassen. Sie guckt sich zu Enya um. Die löst sich endlich von der Wohnungstür, kommt zögernd ins Wohnzimmer. Sie kann das Herz am Hals der Lehrerin schlagen sehen. Ein schnelles Pochen am T-Shirt-Kragen. Sie riecht deren Unbehagen. Zoe dreht sich wieder zu Carl: »Was tust du hier?« Ihre Stimme ist ganz ruhig.
    »Meine Lehrerin hat mich hergebeten. Ist doch so, oder Enya? Guck mal, sie hat mir sogar ein Bier gebracht.«
    Carl greift nach einer vollen Bierflasche, die auf einem kleinen Glastisch steht und haut sie auf die Kante. Sie zersplittert, es schäumt. Zoe und Enya sind synchron zusammengezuckt. Sie starren Carl
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