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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer
Autoren: Wolf S. Dietrich
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fest, dass sie eigentlich schon in Debstedt hätten sein müssen.
    Die Stimmung hatte unter der Verzögerung noch nicht gelitten. „Leise rieselt der Schnee ...“, sang Hendrik auf der Rückbank, Sven und Jan fielen ein. Nur Erik starrte etwas beklommen in das Schneetreiben vor dem Wagen. Ein Radiosprecher hatte von starken Schneefällen gesprochen und vor Verkehrsbehinderungen durch Schneeverwehungen gewarnt. Im Emsland waren bereits zahlreiche Straßen unpassierbar. Erik hatte den Eindruck, dass die Flocken dichter wurden. Wenn der Wind noch stärker wird, stecken wir auch bald fest.
    Am Bremer Kreuz tauchte vor ihnen das gelbe Blinklicht eines Streufahrzeugs auf. Mit einer mächtigen Bugwelle pflügte der schwere Lkw durch den Schnee und hinterließ eine breite Spur, in die sich die anderen Fahrzeuge einreihten. Bis kurz hinter Bremerhaven rollte der Verkehr über halbwegs geräumte Fahrbahnen. Doch dann mussten sie immer öfter Wagen ausweichen, die sich festgefahren hatten, und die befahrbare Spur wurde schmaler und schmaler. Schließlich kam die Kolonne zum Stillstand. Ein Lastwagen mit Anhänger hatte sich quer gestellt.
    Erik schlug auf das Lenkrad „Scheiße! Das war’s dann wohl. Bis der wieder flott ist, haben wir Samstag.“
    Sven deutete zur Seite. „Da ist ein Parkplatz. Vielleicht schaffen wir es, über den Randstreifen zu kommen. Dann lassen wir den Wagen stehen und gehen zu Fuß weiter.“
    „Zu Fuß?“ Der Aufschrei von Jan und Hendrik kam wie aus einem Munde. „Hast du noch alle Tassen im Schrank? Wir latschen doch nicht durch den Schnee bis nach Cuxhaven! Dann sind wir nächstes Wochenende zu Hause.“
    Sven drehte sich zu seinen Kameraden um. „Wir müssen nicht weit gehen. Ich kenne mich hier aus. In einer halben Stunde sitzen wir bei Bauer Clasen in der warmen Stube. Schulfreund von meinem Alten. Von da aus rufe ich meinen Schwager an. Und der kommt mit dem Unimog und bringt uns nach Dorum zum Bahnhof. Dort nehmen wir den Zug. Dann sind wir in spätestens drei Stunden zu Hause. Oder wir bleiben hier, frieren uns den Arsch ab und warten darauf, dass sie die Straße wieder frei kriegen. Und das kann ...“
    „Seid mal still“, unterbrach ihn Erik und drehte das Radio lauter.

    „... auf allen Straßen erhebliche Behinderungen. An einigen Stellen ist der Verkehr zum Stillstand gekommen. Die Strassenmeistereien haben alle verfügbaren Kräfte und Fahrzeuge im Einsatz. Vielfach sind jedoch die Räumfahrzeuge blockiert, weil die Fahrbahnen durch liegen gebliebene Lkws und Autos versperrt sind. Der Landrat hat die Bevölkerung aufgerufen, keine Fahrten mit Kraftfahrzeugen zu unternehmen.“

    Hendrik kicherte. „Die Leute sollen wohl lieber mit dem Fahrrad fahren.“
    Niemand lachte.
    „Was ist nun?“ Sven deutete auf seine Armbanduhr. „Wollt ihr heute noch nach Hause oder wollt ihr hier übernachten?“
    „Und was ist mit meinem Auto?“ Erik starrte auf den Tacho, als könne er dort die Meinung des Vehikels ablesen.
    „Das holen wir morgen ab. Ganz einfach. Ist ‘ne Sache von einer Stunde. Also – wer kommt mit?“
    „Lass uns erst mal die Karre auf den Parkplatz bugsieren“, meldete sich Jan zu Wort. „Hier kann sie ja nicht stehen bleiben. Und dann sehen wir weiter.“
    Sven nickte und stieß Erik in die Seite. „Los, Alter. Du schaffst das. Mit Schwung an dem dicken Mercedes da vorne vorbei. Und dann vorsichtig nach rechts. Wir steigen aus und schieben, falls du stecken bleibst.“
    Wenig später verließen drei junge Männer den Parkplatz in der von Sven angegebenen Richtung. Erik blieb in seinem R4 zurück.
    „Wir hätten ihn nicht alleinlassen sollen“, sagte Jan, nachdem sie sich bereits länger als eine halbe Stunde durch den Schnee gekämpft hatten.
    Sven ließ ein abfälliges Schnaufen hören. „Hätte ja mitkommen können. Hat doch nur Schiss um seine Karre. Als ob die heute Nacht jemand klauen könnte!“
    „Trotzdem.“ Jan war nicht überzeugt, erkannte aber, dass es sinnlos war, mit den anderen darüber zu diskutieren. „Wo bleibt eigentlich dieser Bauernhof?“, fragte er stattdessen. „Du hast gesagt, es ist nur eine halbe Stunde. Und jetzt sind wir schon ...“
    „Muss jeden Augenblick auftauchen“, murmelte Sven und blieb stehen. Seine Augen versuchten, das Schneegestöber zu durchdringen. „Normalerweise wären wir schon da. Der Schnee ist schuld. Wir sind zu langsam.“
    Jan wischte den Schnee von seiner Brille. „Hauptsache, wir marschieren
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