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Eiskalte Versuche

Eiskalte Versuche

Titel: Eiskalte Versuche
Autoren: McCall Dinah
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Gespräch und schloss Isabella in die Arme.
    Sie erlaubte ihrem Onkel Thomas, sie mit seiner Wärme zu umfangen, doch der Augenblick war viel zu kurz. Die anderen Beerdigungsgäste sammelten sich um sie und wollten ihr Beileid aussprechen. Isabella nickte in die Richtung von Onkel David.
    David trat rasch vor und hob die Hand.
    „Liebe Anwesende“, sagte er. „Wir danken Ihnen für Ihr zahlreiches Erscheinen und die große Anteilnahme. Samuel lebte gern in dieser Gemeinde. Er mochte die Menschen hier. Aber jetzt fürchte ich, dass Isabella erschöpft ist, und wir bringen sie besser nach Hause. Sie hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass in Abbott House der Tisch für Sie gedeckt ist. Bitte fühlen Sie sich herzlich eingeladen. Sie sind uns willkommen.“
    Isabella versuchte zu lächeln. Sie holte tief Luft und ließ sich zu dem wartenden Wagen führen. Augenblicke später waren sie unterwegs. Der Friedhof verschwand hinter ihnen, und sie fuhren auf den White Mountain zu. Dort, am Fuß des Berges, war sie zu Hause.
    Sie schloss die Augen und dachte an die Stunden, die vor ihr lagen. Bis sie ihre Pflichten als Gastgeberin erfüllt hatte, würde es dunkel sein. Dann endlich konnte sie sich ihrer Trauer hingeben.

2. KAPITEL
    I sabella trat aus ihrem Zimmer. Die Standuhr in der Lobby schlug zur vollen Stunde. Es war Mitternacht, und sie konnte noch immer nicht einschlafen. Zum Glück war das Hotel fast leer. Nur zwei Gäste waren seit dem Begräbnis ihres Vaters eingetroffen, um in Abbott House zu übernachten. Isabella hatte es nicht übers Herz gebracht, sie abzuweisen.
    Ihr tat der Kopf weh. Die Augen waren vom Weinen geschwollen. Jedes Mal, wenn sie die Lider schloss, sah sie den Sarg ihres Vaters, wie er in das Grab gesenkt wurde. Es war ihr unmöglich, zur Ruhe zu kommen, während ihr Vater zwei Meter unter der Erde lag.
    Aber nicht die Trauer trieb sie aus dem Bett, sondern Hunger. Sie hatte Schuldgefühle und schämte sich fast. Zum ersten Mal seit drei Tagen hatte sie wirklich das Bedürfnis, etwas zu essen.
    Die Privaträume der Familie befanden sich im Erdgeschoss, hinter der Halle mit der großen Treppe. Isabella bog aus dem Korridor um die Ecke und verharrte vor den Stufen unter dem Gemälde, das auf halber Höhe im Aufgang hing. Es war ein überlebensgroßes, in Öl gemaltes Porträt, auf das der Blick fiel, sobald man das Hotel betrat. Isabella stand im Halbdunkel und betrachtete nachdenklich die Frau darauf, die auch Isabella geheißen hatte: ihre Mutter, die bei der Geburt ihrer einzigen Tochter gestorben war. Für Isabella war sie kaum mehr als ein Gesicht und ein Name.
    Nur die Frisur und die Kleidung müssten anders sein, dann könnte das Bild mich selbst darstellen, dachte sie und starrte nach oben. Dann musste sie seufzen. In der stillen Halle klang das Geräusch wie ein Windhauch.
    Bis auf eine undeutliche Sehnsucht nach etwas, das sie nie gekannt hatte, besaß sie keine Gefühlsbindung an diese Frau. Ihr Vater hatte das Bildnis nie ansehen können, ohne dass ihm die Augen feucht wurden. Bei dem Gedanken an ihn schlang Isabella die Arme um ihren Oberkörper, damit sie nicht in Tränen ausbrach. Zumindest etwas Gutes hatte dieser Albtraum. Ihre Eltern waren nun vereint.
    Ihr Magen knurrte. Sie löste den Blick von dem Porträt und machte sich auf den Weg in die Küche. Die riesigen Hotelkühlschränke waren voll mit Resten vom Vortag. Sie konnte auswählen, was sie essen wollte. Sie holte einen Teller aus dem Geschirrschrank und füllte ihn mit einem Stück kaltem Brathuhn und einer kleine Portion Nudelsalat. Als sie die Besteckschublade öffnete, um eine Gabel herauszunehmen, quietschte das Scharnier. Bei dem Geräusch fuhr sie zusammen. Die Zimmer der Onkel befanden sich im obersten Stockwerk, zwei Treppen höher, aber es geschähe nicht zum ersten Mal, wenn einer von ihnen sie bei einem Mitternachtsmahl in der Küche ertappte.
    Sie lauschte einen Moment, ob sich Schritte näherten, hörte aber nur das Ticken der Standuhr und atmete erleichtert auf. Für heute wollte sie kein Wort mehr reden – nicht einmal mit ihren Onkeln.
    Isabella ging hinaus auf die rückwärtige Veranda und setzte sich auf die oberste Stufe der Treppe. Den Teller auf dem Schoß, begann sie zu essen. Die Nudeln im Salat waren al dente gekocht, genau richtig, und die Vinaigrette schmeckte würzig. Isabella schluckte den ersten Bissen hinunter. Das Essen füllte wohlig ihren Magen, und sie atmete langsam ein. Das
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