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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman
Autoren: Ken Follett
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Ihren ersten gemeinsamen Urlaub würde sie nie vergessen. In ihrer Suite im Pariser Ritz hatte er ihr die Augen verbunden und ihre Hände ans Kopfende des Bettes gefesselt. Und während sie nackt und wehrlos dalag, hatte er ihr erst mit einer Feder, dann mit einem silbernen Teelöffel und schließlich mit einer Erdbeere über die Lippen gestrichen. Nie zuvor hatte sich Toni so intensiv auf die Empfindungen ihres Körpers konzentriert. Stanley liebkoste ihre Brüste mit einem Seidentuch, mit einem Kaschmirschal und mit Lederhandschuhen. Toni kam sich vor, als treibe sie auf dem Meer und würde sanft von Wellen der Lust gewiegt. Stanley küsste ihre Kniekehlen, die weichen Innenseiten ihrer Schenkel und ihrer Oberarme, ihren Hals, und er ließ sich bei alledem viel, viel Zeit, bis Toni vor Verlangen fast explodierte. Er rieb mit Eiswürfeln über ihre Brustwarzen und ließ warmes Öl in ihren Körper träufeln. Er ließ sich Zeit, bis Toni ihn anflehte, sie zu nehmen, und ließ sie dann noch einmal eine Weile warten.
    Hinterher hatte sie zu ihm gesagt: »Ich hatte keine Ahnung davon – aber ich hab mich mein ganzes Leben lang nach einem Mann gesehnt, der so etwas mit mir macht.«
    »Ich weiß«, hatte er geantwortet.
    Jetzt war er einfach verspielt. »Na, komm schon«, sagte er, »bloß ein Quickie. Du darfst auch oben sein.«
    »Na schön.« Toni seufzte und tat so, als fühle sie sich ausgenutzt. »Was man sich heutzutage als Frau alles bieten lassen muss …«
    Es klopfte an der Tür.
    »Wer da?«, rief Stanley.
    »Olga. Toni wollte mir eine Halskette leihen.«
    Toni sah, dass Stanley drauf und dran war, seine Tochter wegzuschicken. Kurz entschlossen legte sie ihm die Hand auf den Mund und rief: »Ich komme gleich, Olga!«
    Sie löste sich von Stanley. Olga und Miranda kamen ganz gut damit zurecht, dass sie eine Stiefmutter hatten, die in ihrem eigenen Alter war, aber Toni wollte ihr Glück nicht allzu sehr strapazieren. Es war schon besser, man erinnerte die beiden nicht dauernd daran, dass ihr Vater ein aufregendes Sexualleben führte …
    Stanley erhob sich vom Bett und ging ins Bad. Toni zog sich einen grünseidenen Morgenmantel über und öffnete die Tür. Olga, die bereits fürs Dinner gekleidet war und ein schwarzes Baumwollkleid mit tiefem Ausschnitt trug, kam herein. »Du sagtest, du leihst mir diese Halskette mit den Jettsteinen.«
    »Klar. Ich muss sie nur eben suchen.«
    Im Badezimmer wurde die Dusche angestellt.
    Olga senkte die Stimme – ein ungewöhnliches Ereignis. »Was ich dich noch fragen wollte … Hat er sich mit Kit getroffen?«
    »Ja, er hat ihn einen Tag vor unserem Abflug im Gefängnis besucht.«
    »Und? Wie geht’s ihm?«
    »Nun, besonders wohl fühlt er sich nicht, eher frustriert und gelangweilt, aber das war ja nicht anders zu erwarten. Immerhin ist er bisher weder zusammengeschlagen noch vergewaltigt worden, und er nimmt auch kein Heroin.« Toni fand die Halskette und legte sie Olga um. »Dir steht sie besser als mir – Schwarz ist wirklich nicht meine Farbe. Wieso fragst du Stanley nicht direkt nach Kit?«
    »Er ist so glücklich, ich will ihm nicht die Laune verderben. Dir macht es doch nichts aus, oder?«
    »Nein, überhaupt nichts.« Ganz im Gegenteil – Toni fühlte sich geschmeichelt. Olga verhielt sich wie eine Tochter, die sich an ihre Mutter wendet, um etwas über ihren Vater zu erfahren, ihn selbst aber nicht mit Fragen belästigen will, die Männer ungern hören. »Weißt du eigentlich, dass Elton und Hamish im gleichen Gefängnis sitzen?«, fragte sie Olga.
    »Nein! Wie schrecklich!«
    »So schlimm ist es gar nicht. Kit bringt Elton das Lesen bei.«
    »Der kann nicht lesen?«
    »Kaum. Er kann ein paar Wörter auf Verkehrsschildern erkennen – Autobahn, London, Stadtmitte, Flughafen und dergleichen. Kit bringt ihm das Lesen jetzt richtig bei, mit Kinderliedern wie Fuchs , du hast die Gans gestohlen und so.«
    »Die Wege des Schicksals sind unergründlich! Sag mal, hast du schon das Neueste von dieser Daisy gehört?«
    »Nein.«
    »Sie hat im Frauengefängnis eine Mitgefangene umgebracht und kam wegen Mordes vor Gericht. Ein junger Kollege von mir hat sie verteidigt, was ihr aber nichts half. Sie bekam lebenslänglich, zusätzlich zu ihrer derzeitigen Strafe, und das heißt, dass sie hinter Gittern bleibt, bis sie siebzig ist. Es wäre doch besser, wir hätten noch die Todesstrafe.«
    Toni konnte Olgas Hass verstehen. Hugo hatte sich von Daisys Prügelorgie mit dem
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