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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman
Autoren: Ken Follett
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erwartungsvoll auf ihren Plätzen. »Okay«, sagte Odette zu den anderen Zivilfahndern. »Wir haben genug gesehen. Holt sie euch, aber ganz lieb und freundlich.«
    Die beiden Männer aus dem zweiten Wagen schritten die Gänge hinunter und nahmen an den beiden Enden der Reihe, in der die junge Frau mit dem schönen Haar saß, Aufstellung. Sie blickte erst den einen, dann den anderen Kommissar an. »Bitte folgen Sie uns«, sagte der Beamte, der näher bei ihr stand. Im Zuschauerraum wurde es still. Das Publikum war aufmerksam geworden und beobachtete die Szene. Der eine oder andere mochte glauben, sie gehöre vielleicht schon zur Vorstellung.
    Die junge Frau blieb sitzen, nahm jedoch ihre Parfümflasche aus der Tasche und sprühte sich noch einmal ein. Der Kommissar war ein noch junger Mann, der einen kurzen Crombie-Coat trug, den klassischen englischen Stadtmantel. Er schob sich durch die Reihe, in der die Frau saß. »Bitte kommen Sie jetzt mit«, sagte er, worauf sie aufstand, das Fläschchen in die Luft hielt und auf den Zerstäuberkopf drückte. »Sparen Sie sich die Mühe«, sagte der Polizist, »da ist bloß Wasser drin.« Dann nahm er die junge Frau am Arm, führte sie durch die Reihe und dann den Seitengang hinauf.
    Toni starrte die Festgenommene an. Sie war jung und attraktiv – und bereit gewesen zum Selbstmord. Toni fragte sich, warum.
    Odette nahm der jungen Frau die Parfümflasche ab und ließ sie in einen Beutel der Spurensicherung gleiten. » Diablerie «, sagte sie. »Das ist Französisch. Wissen Sie, was es heißt?«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf.
    »Teufelswerk.« Odette wandte sich an den Kommissar. »Legen Sie ihr Handschellen an, und führen Sie sie ab.«

EIN JAHR SPÄTER
     
     
     
     
     
     
     
     

17.50 Uhr
     
     

     
     
     
     
     
    Toni kam nackt aus dem Bad und ging quer durch das Hotelzimmer zum klingelnden Telefon.
    »Mein Gott, siehst du gut aus!«, sagte Stanley, der auf dem Bett lag.
    Toni grinste ihn an. Ihr Ehemann trug einen blauen Frotteebademantel, der ihm zu kurz war, sodass seine langen, muskulösen Beine zu sehen waren. »Du siehst auch nicht gerade schlecht aus«, sagte sie und nahm den Hörer ab. Es war ihre Mutter, und Toni sagte: »Fröhliche Weihnachten.«
    »Dein Verflossener ist im Fernsehen«, sagte Mutter.
    »Und was macht er da? Singt er mit dem Polizeichor Weihnachtslieder?«
    »Er wird von diesem Carl Osborne interviewt und erzählt gerade, wie er voriges Jahr zu Weihnachten die Terroristen verhaftet hat.«
    » Er hat sie verhaftet?« Einen Augenblick lang empfand Toni Empörung, dann dachte sie: Ach, zum Teufel damit … »Na ja, er braucht wohl die Publicity – er will befördert werden. Wie geht’s meiner Schwester?«
    »Sie bereitet gerade das Weihnachtsessen vor.«
    Toni warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Hier in der Karibik war es 17 . 50 Uhr, dann war es bei Mutter in England kurz vor 22 . 00 Uhr. Aber Bella schaffte es ja nie, ein Essen pünktlich auf den Tisch zu bringen. »Was hat sie dir geschenkt?«
    »Wir kaufen im Januar was im Ausverkauf, das ist billiger.«
    »Hat dir denn mein Geschenk gefallen?« Toni hatte ihrer Mutter einen Cardigan aus lachsrosafarbenem Kaschmir geschenkt.
    »Sehr gut, wirklich. Ich danke dir, meine Liebe.«
    »Wie geht’s Osborne?« Tonis Mutter hatte den Welpen behalten – allerdings war er nun ein ausgewachsener, großer, zotteliger schwarzweißer Hund, dem die Haare über die Augen wuchsen.
    »Er beträgt sich sehr gut. Seit gestern hat er nichts mehr angestellt.«
    »Und wie geht’s deinen Enkeln?«
    »Die rennen durch die Wohnung und machen ihre Geschenke kaputt. Ich muss jetzt aufhören, die Queen ist im Fernsehen.«
    »Danke für deinen Anruf, Mutter. Mach’s gut.«
    Stanley sagte: »Vor dem Abendessen bleibt wohl keine Zeit mehr für ein bisschen … Du-weißt-schon-was?«
    Toni spielte die Erschrockene. »Wir hatten doch gerade erst ein bisschen Du-weißt-schon-was!«
    »Das ist schon Stunden her! Aber wenn du müde bist … Ich weiß schon, wenn eine Frau erst einmal ein gewisses Alter erreicht …«
    »Ein gewisses Alter?« Mit einem Satz war Toni auf dem Bett und kniete sich über Stanley. »Ein gewisses Alter?« Sie packte sich ein Kissen und schlug damit auf ihn ein.
    Stanley lachte hilflos und bettelte um Gnade, und Toni gab nach und küsste ihn.
    Dass er ziemlich gut im Bett war, hatte sie erwartet – aber dass er sich als absolutes Ass entpuppte, war doch eine Überraschung gewesen.
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