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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück
Autoren: Claudia Carroll
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besser, wenn Sie dann weg sind.«
    »Nur damit das klar ist«, lautet Kates Abschiedskommentar. »Ich akzeptiere es, wenn du sie dieses eine Mal besuchst, aber ab jetzt wäre es uns lieber, wenn nur noch die nähere Familie hier auftaucht. Familie und Fiona. Ich komme demnächst bei dir vorbei und hole ein paar von Charlottes Sachen ab.«
    »Kein Problem. Wann etwa?«
    »Wann es mir passt.«
    Dann fällt krachend die Tür ins Schloss, und spätestens, als James meine Hand loslässt, weiß ich, dass wir allein sind.
    »Charlotte … Himmel, es tut mir so weh, dich in diesem Zustand zu sehen …«
    Ach bitte, muss es denn unbedingt eine kitschige Filmszene werden?
    »Weißt du, mir geht dauernd dieser Streit im Kopf herum, und … na ja, ich kann mir nicht helfen, aber ich fühle mich teilweise für das verantwortlich, was dir passiert ist.«
    Hab ich richtig gehört? Hast du gerade
TEILWEISE
gesagt?
    »Du warst so aufgeregt, als du aus dem Haus gerannt bist, und ich könnte mir in den Hintern treten, dass ich dich in diesem Zustand durch das verdammte Gewitter hab fahren lassen …«
    Gut. Hoffentlich tut der Tritt ordentlich weh.
    »Ich fühle mich so mies wegen allem …«
    Geschieht dir recht. Dass du dich mies fühlst, ist die beste Nachricht des Tages.
    »Weißt du, es liegt nicht an dir, sondern an mir.«
    Ach, verschon mich bloß damit! Ich bin ziemlich sicher, dass ich genau diese Textzeile in einem von deinen beschissenen B-Movies gehört habe. Was Besseres fällt dir wohl nicht ein, was?
    »Ich weiß, ich hätte früher kommen sollen und dir sagen, was ich empfinde, aber … na ja, es ist einfach so, dass ich diese eingefahrene Paarbeziehung nicht ausgehalten habe, in die wir reingerutscht sind – zusammen Kreuzworträtsel lösen, darüber streiten, wer als Erster die Sonntagsbeilage lesen darf, lauter solches Zeug … ich hab neben dir auf der Couch gesessen, hab zum tausendsten Mal eine Wiederholung von
Lost
angeschaut und dabei gedacht, das bin nicht ich, das passt nicht zu mir.«
    Na klar, du willst lieber wieder Sofas aus Hotelzimmerfenstern werfen, richtig?
    »Und ich weiß, dass ich ziemlichen Mist gebaut habe, als ich es dir erklären wollte, aber es ist ja nicht für immer, ich glaube … na ja … ich glaube, ich brauche einfach ein bisschen Freiraum …«
    Und da passiert es. Genau in dem Moment, als er diesen ganzen altbekannten Rechtfertigungsmist absondert.
    Auf einmal tauchen die Erinnerungen auf. An den Unfallabend. Wie ich nach Hause gefahren bin, nachdem ich bei der Arbeit die Gerüchte gehört hatte.
    Jetzt
erinnere ich mich.
    Starker Verkehr, strömender Regen, pechschwarzer Himmel, die Scheibenwischer auf höchster Stufe, meine Herzfrequenz ungefähr im gleichen Takt. Ich erinnere mich an die heißen, wütenden Tränen, die in meinen Augen brannten. Ich erinnere mich, dass ich kaum Luft kriegte und mit trockenem Mund krampfhaft schluckte. Dass meine Hände zitterten, als hätte ich eine ausgewachsene Panikattacke. Ich erinnere mich sogar noch daran, dass ich ungefähr zum vierzigsten Mal versuchte, James am Handy zu erreichen, und er nicht dranging. Ich erinnere mich, wie mir die Galle hochkam und ich mit aller Willenskraft an mich hielt, um mich nicht zu übergeben – denn der einzige Behälter, der mir zur Verfügung stand, war die leere Pringles-Rolle neben mir auf dem Beifahrersitz.
    Natürlich wusste ich, dass es eine Konfrontation geben würde, und versuchte deshalb, meine Argumente zu proben. James kann unheimlich gut diskutieren, und ich bin absolut nutzlos, weil ich so emotional werde. Deshalb musste ich ihm bei einem Streit immer zwei Schritte voraus sein, wie eine gute Staatsanwältin. Ich weiß noch, dass ich im Kopf eine Liste gemacht habe mit den Gründen, warum es vielleicht doch nicht der Weltuntergang wäre, wenn das, was ich gehört hatte, wirklich stimmte und wir uns deswegen trennten. Auf dieser langen, grässlichen Heimfahrt habe ich mich eingehend mit sämtlichen Pros und Contras beschäftigt.
    Wie gesagt – von den Menschen, die mir nahestehen, hatte keiner viel für James übrig. Fiona beispielsweise hat fast von Anfang an prophezeit, dass alles mit Tränen enden würde. Mit meinen natürlich. Ihre Hypothese lautete, dass James’ Traumfrau eine Frau ohne Nachnamen wäre. Und dass sein Jack-Nicholson-Grinsen selbst einen Hai aus dem Konzept bringen würde. Nach ein paar Gläschen Pinot Grigio hat sie mich auch immer sehr eindringlich darauf
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