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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück
Autoren: Claudia Carroll
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dass ich ernsthaft geglaubt habe, ich wäre die Frau, die dich ändern kann, und wir würden den Rest unseres Lebens zusammen verbringen. Es tut mir leid, dass ich nicht auf meine Familie und Freunde und auf die Menschen gehört habe, die mich wirklich lieben und mit dir nie etwas zu tun haben wollten. Und weißt du, was? Ganz gleich, wie schlimm der Tod ist, er kann nicht schlimmer sein als hier zu liegen und der Tatsache ins Auge zu blicken, dass mein Leben in jeder Hinsicht ein Fehlschlag war.
    »Wie friedlich du hier liegst. Schade, dass ich deine Gedanken nicht lesen kann.«
    Sei froh, sie würden dir nicht gefallen.
    Dann klingelt sein Handy, und er geht dran, wie nicht anders zu erwarten. Wieder wünsche ich mir, dass eine Krankenschwester hereinkommt, ihm das Telefon abnimmt und ihn ordentlich zusammenstaucht, weil man auf der Intensivstation für Patienten mit gebrochenen Schädeln kein Handy benutzen darf, aber …
    Ich kann es nicht glauben.
Sie
ruft an! Sophie Kelly! Selbst vom anderen Ende der Leitung erkenne ich ihre nervige Quietschestimme.
    »Hallo, Schätzchen!«, begrüßt er sie total fröhlich. »Nein, du störst überhaupt nicht. Mein Meeting ist gleich fertig.«
    Die Lüge rutscht ihm so leicht über die Lippen, dass ich nur staunen kann.
    »Ich will so schnell wie möglich hier raus und könnte auch einen Drink vertragen … Ja, cool, ein Gläschen Sekt im Four Seasons in einer halben Stunde, das klingt super. Also … hmm … warum willst du so schnell auflegen? Magst du mir nicht erzählen, was du … äh … was du anhast? Komm schon, du kleines Biest, du weißt ganz genau, was ich meine. Unter dem sexy schwarzen Mini, in dem du heute früh losgezogen bist. Eigentlich hab ich ja noch eine viel bessere Idee – wir lassen die Drinks sausen und treffen uns gleich bei mir, ja? O Baby, du bist die Beste … hey, ich liebe dich auch, komm, das weißt du doch …«
    Ich glaube, das war der letzte Nagel zu meinem Sarg, denn an alles, was danach passiert, erinnere ich mich nur noch ganz verschwommen. Ein Monitor, mit dem ich verbunden bin, übersteuert plötzlich, Warnsignale ertönen, eine Schwester blafft James an, er soll meine Angehörigen zurückholen, und zwar schnell, dann wird der diensthabende Arzt angepiept und informiert, dass es sich um einen Notfall handelt. Türen werden aufgerissen, noch mehr Monitore stimmen mit ihrem Gepiepe in den allgemeinen Höllenlärm mit ein, ich spüre Hände überall auf meinem Körper, eiskalte Elektroden auf meinem nackten Brustkorb. Dann ein Elektroschock, so heftig, dass meine Augen sich für den Bruchteil einer Sekunde öffnen und ich Mum weinend in der Ecke stehen sehe, im Arm einer Schwester, die tröstend auf sie einredet … Aber im nächsten Moment sackt mein starrer, regloser Körper wieder ab.
    Die Monitore piepen weiter, aber nun viel, viel langsamer.
    Beängstigend langsam.
    Ich höre eine scharfe, panische Männerstimme, die alle aus dem Raum schickt, während ich noch einmal reanimiert werde. Dann sagt eine andere, sanftere Stimme – die einer Schwester vermutlich – zu meiner Mutter: »Die Herzfrequenz Ihrer Tochter hat sich nur verlangsamt, weiter nichts. Keine Sorge, sie ist eine Kämpfernatur! Und wir tun alles, was wir können.«
    Dann verschwimmt die Welt vor meinen Augen, und alles wird weiß.

Kapitel 2
    »Charlotte?«
    Meine Augen sind fest geschlossen. Im Moment habe ich viel zu viel Angst, um sie aufzumachen. Zu viel Angst vor dem, was ich dann womöglich sehe.
    »Charlotte, kannst du mich hören?«
    Eine Männerstimme. Weich und angenehm. Eine Stimme, die ich ewig lange nicht mehr gehört habe.
    Eine Gänsehaut rieselt mir über den Rücken, und auf einmal weiß ich genau, wem diese Stimme gehört.
    Meinem Dad.
    Langsam, ungläubig öffne ich die Augen, und … da ist er, direkt neben mir, und greift nach meiner Hand. Mein Dad. Er sieht besser aus, als ich ihn in Erinnerung habe, fit und gesund, in einer abgewetzten Cordhose und einem großen unförmigen Pullover, genau wie früher, wenn er im Haus herumgewerkelt hat, irgendetwas reparierte oder bastelte und mit der Bohrmaschine Löcher in den guten Möbeln meiner Mutter hinterließ. So war er immer am glücklichsten.
    »Dad?«, ist alles, was ich herausbringe, ein mühsames Stottern. »Ist es … bist du das wirklich?«
    »Psst, ganz ruhig, mein Mäuschen, alles okay. Du hast viel durchgemacht, aber jetzt ist alles wieder gut. Nur die Ruhe.«
    »Aber wenn du hier
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