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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück
Autoren: Claudia Carroll
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ausgeleiert und eine Farbe wie nasser Zement.
    »Aber die gute Nachricht ist, dass ein sehr hilfsbereites Mädchen von der Versicherung angerufen hat, und na ja, sie hat gesagt, in Anbetracht dessen, was passiert ist, kriegst du, sobald du hier rauskommst und alles wieder normal ist, ein schönes neues Auto.«
    Ach Mum, wie ich deinen schrankenlosen Optimismus liebe!
    »Diesmal suchst du dir aber bitte einen Wagen aus, der deutlich sicherer ist, hörst du, Charlotte? Ein Toyota Yaris wäre doch genau das Richtige. Vielleicht könntest du ja auch was ganz Verrücktes tun und dir einen hübschen, vernünftigen Ford Ka zulegen. Und wenn du je mit der Idee spielst, schneller als zwanzig Stundenkilometer zu fahren, dann musst du das vor mir verantworten. Ich möchte nämlich so etwas nicht noch mal erleben.«
    Ach, komm schon, es war ein Unfall! Ich hab das nicht absichtlich gemacht.
    »Wie auch immer, jedenfalls bin ich gestern mit diesem sehr attraktiven Arzt aus Ghana ins Plaudern gekommen – frag mich jetzt bitte nicht, wie er heißt, ich kann seinen Namen nicht aussprechen –, und er hat gesagt, die nächsten Tage sind kritisch, aber wenn alles einigermaßen gut läuft, müsste die Schwellung im Gehirn etwas zurückgehen. Irgendein kompliziertes Wort hat er benutzt, ich konnte es mir leider nicht merken. Aber ich hab Sarah, die Nachtschwester, die gestern Dienst hatte, nach dem Arzt ausgefragt. Anscheinend ist er geschieden, hat zwei Kinder, momentan aber keine feste Beziehung. Also, den könnte ich mir sehr gut mit dir zusammen vorstellen.«
    Hier liege ich im Koma, und du versuchst mich zu verkuppeln, Mum?
    »Und da ist noch was, Liebes – die haben zwar auch was von möglichen Langzeitschäden gefaselt, aber du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen, ich hab alles im Griff. Ich bete drei verschiedene Novenengebete, eins zur Heiligen Jungfrau, weil sie mich noch nie im Stich gelassen hat, eins zum heiligen John Licci, dem Schutzheiligen für Kopfverletzungen … ich wusste gar nicht, dass es dafür einen extra Heiligen gibt, das hat mir deine Tante Anne erzählt, obwohl ich nicht ganz sicher bin, ob sie ihn nicht mit diesem anderen verwechselt hat, der sich darum kümmert, wenn Leute schlimm verkatert sind. Aber egal, ich bete für alle Fälle auch noch eine dritte, absolut zuverlässige Novene zum heiligen Judas Thaddäus, damit wir auf der sicheren Seite sind …«
    So quasselt sie immer weiter, und mir ist klar, dass sie sich schrecklich um mich sorgt, denn dann reagiert sie so: Sie füllt die Luft mit Worten. Leider kann ich ihr nicht mitteilen, dass es mir eigentlich ganz gut geht und dass ich einfach nur eine kleine Auszeit nehme, weiter nichts. Also lasse ich mich wieder in die wundervolle, friedliche Tiefe hinuntergleiten. Hier habe ich keine Schmerzen, nichts, ich fühle mich ruhig, warm und absolut glücklich. Besser als auf einer tropischen Insel. Wenn man mir noch eine Margarita, ein bisschen Bräunungsspray und einen guten Schundroman dazugibt, würde ich mir fast vorkommen wie im Himmel.
    Allem Anschein nach verabreicht man mir erstklassige Medikamente.
    Keine Ahnung, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist, aber nach einer Weile komme ich wieder nach oben, weil ich spüre, dass Fiona da ist. Ich weiß, dass sie es ist, weil mir der Geruch von Cheese-and-Onion-Pringles in die Nase steigt und sie die einzige Person in meiner Bekanntschaft ist, die immer einen Notvorrat an Chips mit sich herumschleppt. Fiona ist Lehrerin an einem Mädchengymnasium (Englisch und Geschichte, Oberstufe), muss wahnsinnig viele Aufsätze korrigieren – über Themen wie: »Hat Heathcliff aus ›Sturmhöhe‹ selbst mehr Unrecht erlitten als anderen zugefügt?« – und findet deshalb oft keine Zeit, sich wie ein normaler Mensch an den Tisch zu setzen und eine Mahlzeit mit Teller und allem Drum und Dran zu sich zu nehmen. Deshalb isst sie entweder unterwegs oder zu Hause vor dem Computer, gewöhnlich während sie bei Facebook nachschaut, wer von ihren Freunden gerade online und chatbereit ist.
    Sie klingt so fertig, dass sie mir von Herzen leidtut.
    »… James hat x-mal angerufen, er macht sich totale Sorgen um dich, Charlotte, so hab ich ihn noch nie erlebt. Ehrlich, er ist in meiner Achtung deutlich gestiegen. Übrigens hat er auch erwähnt, dass ihr kurz vor deinem Unfall eine kleine Auseinandersetzung hattet, stimmt das?«
    Nein, Süße, das war keine kleine Auseinandersetzung. Dieser Scheißkerl hat mir
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