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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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X-Beine. Er hinkt nicht und hat auch keinen Buckel. Ich bin erleichtert.
    Nervös schaue ich an mir hinunter. Ich habe meine Skihose und dicke Stiefel an. Obenrum drei Pullover, eine Jacke. Von darunter wollen wir gar nicht sprechen. Ich müsste mich unbedingt umziehen, sonst halte ich es keine zehn Minuten im beheizten Restaurant aus. Und außerdem: Sexy geht anders! Wie kriege ich das nur hin?
    Während der Regen mich im Stich lässt und der Platz sich langsam füllt, frage ich mich, ob ich mir die Klamottenfrage überhaupt noch stellen muss. Sollte es nämlich noch voller werden, dann werde ich noch Stunden hier stehen müssen. Wird John so lange warten? Wird er gehen und wiederkommen? Oder wird er gehen und nicht wiederkommen? Ich zwinge mich, ruhig zu bleiben, nicht darüber nachzudenken und einfach alles auf mich zukommen zu lassen.
    John holt mich aus meinen Gedanken, indem er mir eine Tüte mit frisch gebrannten Mandeln entgegenhält. »Magst du?« Womit habe ich das verdient? Dieser Mann ist göttlich! Ich liebe Mandeln!
    Nach und nach füllt sich der Markt rund um die Eisbahn mit Rentnern, Teenagern, Pärchen, Singles und Familien mit Kindern. Ich habe alle Hände voll zu tun, um allen Gästen schnell gerecht zu werden. Als ich zwischendurch kurz hochschaue, um John einen Blick zuzuwerfen, ist er nicht mehr da. Mir gefriert das Lächeln im Gesicht und Tränen schießen mir in die Augen. Schnell blinzele ich sie fort.
    Er war nur ein Gast , sage ich mir. Nur ein Gast. Es ist sein gutes Recht, zu gehen, wann er will. Trotzdem bin ich am Boden zerstört und starre auf den leeren Platz am Tresen. Selbst sein Becher ist nicht mehr da. Und die Mandeln auch nicht.
    »Auch noch Becher klauen? Na, sowas haben wir ja besonders gerne. Blödmann!«, schimpfe ich leise und erschrecke höllisch, als ich direkt hinter mir ein mittlerweile sehr vertrautes Lachen höre. Oh nein!
    Das ist nun bereits das zweite Mal, dass ich mich ihm gegenüber ganz fürchterlich blamiere. Was muss er nur von mir denken?
    Verstohlen tupfe ich die Träne fort, die mir aus dem Augenwinkel das Gesicht hinunterlaufen will. Mist. Es hat mich echt erwischt. Er hat mich erwischt. John.
    Ich drehe mich langsam zu ihm herum und mein Herz droht, aus der Verankerung zu springen. Es schlägt so laut, dass ich es hören kann. Dass alle Menschen um mich herum es hören könnten, wenn die Schlumpfmusik nicht alles andere übertönen würde. Meine Beine zittern und mir kommt der Gedanke, dass ich gleich ohnmächtig werden könnte. Wenn er mir noch näher kommt, garantiere ich für nichts mehr. Ich schnappe nach Luft.
    John zwinkert mir zu und lacht, greift sich die Becher, die neben mir auf der Ablage stehen, und stellt sie zu den anderen fünfundachtzig Stück in die Spüle.
    »Ich wasch dann mal ab, okay?« Ich kann nur nicken. Mein Hals ist trocken und ich könnte jetzt einen Schnaps gebrauchen. Ein doppelter wäre schön ...
    Zwei Stunden und gefühlte dreihundertzweiundfünfzig ausgeschenkte Becher Glühwein, Kakao und Kaffee später stehe ich neben der Tür und rauche eine Zigarette. Die Erste, seitdem John in meiner kleinen bescheidenen Hütte eingezogen ist. Dank seiner Hilfe kann ich fast pünktlich um acht Uhr die Bude zumachen. Ich bin froh, dass er geblieben ist.
    Meine Aufregung hat sich in den letzten zwei Stunden gelegt, doch jetzt, da wir uns auf engstem Raum alleine gegenüberstehen, fängt mein Herz wieder an zu pumpen. Reiß dich verdammt noch mal zusammen! , ermahne ich mich in Gedanken. Wie willst du sonst den Abend überstehen? Mir ist heiß, trotz der Minusgrade draußen.
    John hilft mir, die Hütte aufzuräumen und zu schließen. »Danke«, sage ich. »Der nächste Drink geht auf mich.« Er lächelt wieder. Die Sonne geht auf. Und das mitten in der Nacht.
    »Wo gehen wir jetzt hin?«, fragt er mich. »Ich hätte Lust auf ein großes Bier.«
    Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass John Kanadier ist und Rum mag. Jetzt weiß ich auch, dass er gerne Bier trinkt. Alles andere hat er weggelächelt und mir Gegenfragen gestellt. Darin ist er verdammt gut. Sein Charme ist hinreißend und ich erliege ihm nur zu gerne.
    Ich schließe ab und überprüfe gewissenhaft die verschlossene Tür, bevor ich den Schlüssel in der Innentasche meiner Jacke verstaue. Da kann er nicht herausfallen und ich finde ihn auch wieder. Damit habe ich in meinem Chaos nämlich so manches Mal ein Problem.
    »Gehen wir doch ins Steakhaus. Das ist hier fast um die
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