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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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Nackenhärchen stellen sich unter dem dicken Schal wie kleine Soldaten in einer Reihe auf. Mir ist heiß.
    Seine Zähne sind weißer als weiß und strahlen mich an. Ich konzentriere mich darauf, nicht ohnmächtig zu werden und versuche zu retten, was zu retten ist.
    »Das eben ...«, setze ich an und will auf meine peinliche Erotikeinlage zu sprechen kommen, doch er winkt ab.
    »Hey, alles gut. Du hast ein Theaterstück geübt, right? Ich hab das schon mal irgendwo gehört, aber ... ich weiß grad nicht wo.«
    Ich nicke wie betäubt. Theater. Klar. Gute Idee. Hätte auch von mir sein können.
    Aber ... diese Stimme ... Ich knicke ein und muss mich tatsächlich vor seinen Augen am Tresen festkrallen. Er spricht mit Akzent. Er ist Amerikaner. Oder Engländer. Oder gar Schotte? Ich würde so gerne mal unter einen Schottenrock gucken. Ob er mich lassen würde? Trotz meiner wackeligen Knien muss ich auflachen.
    Bisher konnte ich von mir behaupten, mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Nicht leichtgläubig zu sein und schon gar nicht auf jeden gut aussehenden Typen reinzufallen, der mir schöne Augen macht. Schon gar nicht nach den Erfahrungen, die ich bisher machen musste. Doch jetzt – Bäm! – ist plötzlich alles anders.
    Meine Knie zittern, innerlich koche ich und ich merke, dass dieses dämliche Dauergrinsen nicht mehr aus meinem Gesicht verschwinden will. Zweiunddreißig Zähne, alle oben. Ich kann nicht mehr klar denken, geschweige denn reden, stammele wirres Zeug, und um mich herum steht die Welt still. Meine Augen kleben an einem Mann, den ich zum ersten Mal in meinem Leben sehe, und saugen sich fest. Ich habe keine Chance.
    Ich kann es selbst nicht glauben und ich hoffe irgendwie, dass dieser Moment nicht wirklich ist. Aber irgendwie doch.
    Er bewegt sich und strahlt mich an. Ich räuspere mich und sammele die Worte in meinem Kopf zusammen, um etwas Geistreiches über meine Lippen zu bringen.
    »Möchtest du vielleicht etwas trinken?« Wahnsinnig geistreich! Er nickt und lächelt mich dabei ununterbrochen an.
    »Gerne.«
    »Was denn?« Wo ist mein Wortschatz hin, wenn ich ihn mal brauche?
    »Glühwein?«
    »Einen Glühwein? Klar!« Ich klopfe mir innerlich auf die Schulter.
    »Okay ... ähm ... Ich mach dir ... ähm ... Was magst du denn rein haben?« Schlimmer geht’s nimmer, oder? Ich senke genervt den Kopf und schaue auf meine Fußspitzen. Dann lasse ich meinen Blick den Boden entlang wandern, in der Hoffnung ... Aber da hat sich noch immer kein Loch aufgetan.
    »Mach mir doch das Gleiche, was du trinkst. Du trinkst doch einen mit mir, oder?« Er denkt wirklich, dass ich Alkoholikerin bin. Super. Womit habe ich das verdient?
    Aber ich nicke, und ohne etwas zu erwidern, drehe ich mich um, hole zwei vorgewärmte Becher aus dem Schrank und frage mich, was er wohl mag? Rum? Amaretto? Whisky? Oder Sambuca? Vielleicht trinkt er auch Wodka? Obwohl – nein, wie Wodka sieht er nicht aus. Eher wie Rum. Ja, ich entscheide mich dafür, dass er der Rumtyp ist. Das hat sowas von Jonny Depp in » Fluch der Karibik «. Verwegen und – halt! Stopp! Kopfkino aus.
    Ich merke, wie meine Hand zittert, während ich den Glühwein auf den Rum laufen lasse. Ich bin aufgeregt wie ein Teenager. Verdammt! Sonst bin ich die Coolness in Person. Meistens. Oder wenigstens manchmal. Doch heute will sich nichts Cooles einstellen. Mag am Regen liegen. Oder an ihm.
    Ich drehe den Hahn zu und verbrenne mir die Finger dabei. Mein Gott bin ich blöd. Als würde ich das zum ersten Mal machen. Ich lasse stumm eine Tirade Schimpfwörter auf mich los und drehe mich zu ihm herum. Die Befürchtung, dass er nicht mehr da wäre und ich gleich zwei Glühwein mit Rum alleine trinken müsste, bestätigt sich nicht. Erleichtert stelle ich seinen Becher vor ihm ab. »Bitteschön.«
    »Dankeschön.« Er lächelt immer noch, während er den Becher an die Nase führt und daran riecht. »Rum«, erkennt er. »Woher wusstest du das?«
    Jonny Depp – ich liebe dich. »Ich hab gedacht, dass es ... am ehesten zu dir passt«, stottere ich und nippe an meinem Glühwein.
    Uh, da hab ich es aber gut gemeint mit dem Schuss. Ich bemühe mich, nicht das Gesicht zu verziehen, was mir nach dem ersten Schluck ziemlich schwerfällt. Ich hoffe nur, dass der geheimnisvolle Fremde in der Beziehung tatsächlich etwas von Jack Sparrow hat und hart im Nehmen ist.
    »Hey, ich bin John«, sagt er und streckt mir über den Tresen hinweg die Hand entgegen. Ich ergreife sie wie in
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