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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)
Autoren: Josef H. Reichholf
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Geschichtsschreiber der Hellenen, führte diesen Mythos in die Welt der Alten Griechen ein. Die Asche des Phönix hielt man für die Asche der Göttin Osiris. Der damals bereits sagenhafte Phönix sollte der Überlieferung zufolge ein weit höheres Lebensalter als die Menschen erreicht haben. Erst gegen Ende seines Lebens, nach mehreren hundert Jahren, baute er ein Nest. Er setzte sich darauf, bebrütete das Ei und verbrannte danach. Die Asche formte sich zu einem Kegel. Das Ei blieb erhalten, und der junge Phönix schlüpfte daraus. Antike griechische und römische Autoren stellten den Phönix-Mythos jedoch nicht einheitlich, sondern in unterschiedlichen Versionen dar. Sie bezeichneten den Vogel als rot oder goldrot. Das Ei, so hieß es, wurde aus den Resten der Leiche des Vaters geformt. Benu trug es dem altägyptischen Sonnengott Rā zu Ehren nach Heliopolis, der sagenhaften »Sonnenstadt« ( helios  = Sonne, polis  = Stadt) am Nil, wo es im Tempel feierlich begraben wurde.
    Ein dem Phönix ähnliches Fabelwesen gab es auch im Alten Persien und in China. In der altpersischen Mythologie hieß der Wundervogel simurg(h) . Das war abgeleitet vom Avestischen mǝrǝγō saēnō (Der Vogel Saēna). Der Simurgh ist aber ein zusammengesetzter Vogel, der Eigenschaften mehrerer Arten in sich vereint und mit diesen zum ›König der Vögel‹ erhoben worden war. Er trägt neben der Schönheit des Phönix die Eigenschaften von Falken und von Löwen. Dem Phönix ähnlicher und ohne Beimischung von Löwen ist die geographisch viel weiter entfernte chinesische Version, der feng huang . Darstellungen davon zeigen Verbindungen mit dem Pfau. Aus den Abänderungen lässt sich schließen, dass der Mythos vom Phönix in Ägypten entstand und sich von dort aus nach Osten, nicht aber nennenswert nach Westen verbreitete. Benu und seine altgriechische Version Phönix sind zweifellos einheitlicher und damit vielleicht realistischer geformt als Simurgh und Feng Huang.
    Die Suche nach dem Ursprung des Phönix hat somit in Ägypten zu beginnen und zwar in vorrömischer Zeit. Seine Eigenschaften weisen den Weg. Er war/ist ein Vogel, das steht fest. Der altpersischen Version wurden Attribute des Löwen erst nachträglich hinzugefügt. Der Phönix kam als sonderbare Erscheinung in großen Zeitabständen von irgendwoher. Es gab ihn nirgendwo dauerhaft im ganzen ägyptisch-hellenischen Raum und auch später nicht im Weltreich Roms. Wäre er in der mediterranen Welt permanent ansässig gewesen, rankten sich gewiss nicht so viele Geheimnisse um ihn. Der Informationsfluss war zumindest zur Zeit der Römer gut genug. Doch diese kannten ihn nicht. Sie übernahmen den Phönix von den griechischen Historikern und Naturforschern, ohne ihm einen eigenen römischen Namen zu geben. Unbekannt war der Wundervogel auch im gesamten übrigen europäischen Raum. Die Germanen hatten keinen Namen für ihn und wohl auch keine Kenntnisse davon; das spätere christliche Abendland bediente sich der altgriechischen Bezeichnung. Nach Osten hin, nach Asien, veränderte sich die Gestalt des Phönix mit zunehmender Entfernung vom östlichen Mittelmeerraum. Versatzstücke anderer Vogelarten wurden seinem Bild hinzugefügt.
    Den historischen Befunden zufolge kann der Phönix nur von irgendwo aus den Regionen südlich von Altägypten gekommen sein. Vielleicht stammte er aus dem sagenhaften Land Kusch oder aus dessen weiterer Umgebung. Das Land Kusch wurde im 18. Regierungsjahr des Pharao Sesostris I. erstmals konkret erwähnt, war aber schon lange vorher als Goldland bekannt. Kusch hieß das Land bei den Ägyptern. Sie meinten damit einen Teil des sich weiter nilaufwärts in der Ferne des unbekannten Afrika verlierenden Nubiens. Die Blütezeit des Reichs von Kusch fiel in die Zeit von etwa 750 bis 300 vor unserer Zeitrechnung. Danach verlagerte sich das Zentrum von der Stadt Napata nach Meroë. Tausend Jahre vorher war das untere Nubien zwischen dem 1. und dem 2. Nilkatarakt bereits von den Ägyptern der Zeit des Mittleren Reichs erobert worden. Es bestanden also alte Kenntnisse über dieses Übergangsgebiet zum tropischen Afrika; Kenntnisse, die vor Zeiten gewonnen und wieder geschwunden waren. Im Neuen Reich zwischen 1550 und 1080 v.Chr. reichte das Einflussgebiet der Ägypter bis zum 5. Katarakt und umfasste damit einen Großteil des antiken Nubiens, also des heutigen Sudan. Im Jahre 525 v.Chr. versuchte der Perserkönig Kambyses II., Sohn des Kyros II., ganz Ägypten
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