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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)
Autoren: Josef H. Reichholf
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zwischen den Nesthügeln. Was lag näher, als die flammenartigen Verzerrungen durch die wabernde Luft mit Feuer gleichzusetzen, das diese Phönix-Vögel verbrannt und zu Asche gemacht hatte? Unverbrannte Reste, die zweifellos von diesen Vögeln stammten, lagen noch herum. Auch manches unbefruchtete Ei war sicherlich übrig geblieben. Man hatte es zum Tempel nach Heliopolis getragen und dort feierlich beigesetzt, um die Wiedergeburt von Benu zu ermöglichen. Wie es Herodot berichtete.
    Heliopolis, die sagenhafte, wohl im Bereich des heutigen Kairo gelegene Stadt am Nil war in altägyptischer Zeit dem Nildelta näher als heute. Der schlammreiche Fluss schiebt sein Delta unablässig ins Meer hinaus. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot führte drei Mündungsarme des Nils an, die es im 5. und 6. vorchristlichem Jahrhundert gegeben hatte. Sie spalteten den Hauptlauf des Nils bei der Stadt Katadupa, also unweit von Heliopolis. Das Delta, das damals tatsächlich dreieckig-deltaförmig ausgebildet war und dem griechischen Buchstaben Delta als Vorbild gedient hatte, lag demnach nur etwa 25 Kilometer vor Heliopolis. In der ganzen Region waren Flamingos am ehesten im Nildelta zu erwarten. Dort gab es flache Lagunen mit hoher Salzkonzentration.

Die Biologie von Flamingo und Phönix
    Flamingos sind merkwürdige Vögel. Unter den lebenden Vögeln kann man sie für die extremsten Spezialisten halten. Ihre Körperform lässt sie größer wirken, als sie sind. Der Rosaflamingo wiegt nämlich nur zwei bis etwas über vier, der kleinere Zwergflamingo eineinhalb bis zwei Kilogramm. Ihr verhältnismäßig kleiner Körper wird von extrem langen, dünnen Beinen getragen. Damit erreichen sie die halbe Körperhöhe eines Menschen. Recken Rosaflamingos den langen Hals, können sie einem stehenden Menschen in die Augen schauen. Wozu so lange Beine, fragt man unwillkürlich, wenn auch der Hals entsprechend lang werden muss, um den Schnabel wieder hinab ins Wasser zu bringen? Wären kürzere Beine, die nicht so kompliziert abgeknickt werden müssen, damit sich die Vögel überhaupt zum Brüten niederlassen können, nicht bequemer? Auch wenn das so scheinen mag, ist es doch nicht so. Flamingos suchen in flachem Wasser nach Nahrung. Sie tun dies auf eine absonderliche, jedoch hocheffiziente Weise. Ihr kurzer Schnabel knickt in der Mitte so ab, dass der vordere Teil des Oberschnabels nach unten gerichtet ins Wasser eintaucht und gegebenenfalls die Bodenoberfläche berührt. Der Oberschnabel ist unbeweglich mit dem Schädel verwachsen. Der Unterschnabel kann hingegen wie bei allen Vögeln bewegt werden. Beim Flamingo reicht es, diesen etwas anzuheben. Im spaltförmigen Raum, der sich dabei bildet, führt die fleischige Zunge nun pumpende Bewegungen durch. Wasser strömt von den Seiten her ein und wird mit der Zunge wieder hinausgepresst. Die feinen Lamellen an den Schnabelseiten halten mit reusenartig wirkenden, haarartigen Gebilden zurück, was das Wasser an kleinen Organismen enthält und zur Reusenfeinheit passt. Es sind dies beim Rosaflamingo vornehmlich Salinenkrebschen ( Artemia salina ), aber auch die Larven von Zuckmücken, die in den obersten Schichten des Bodenschlamms leben. Der noch stärker spezialisierte, mit einem feineren Sieb an den Schnabelseiten ausgestattete Zwergflamingo filtert winzige Blaualgen (eigentlich Cyanobakterien der Gattung Spirulina ) aus dem Wasser und ernährt sich fast ausschließlich davon.
    Da manche Enten, wie die Löffelente ( Anas clypeata ), das Flachwasser ganz ähnlich durchschnattern, zeigt der Vergleich mit ihnen die Vorteilhaftigkeit des Flamingo-Körperbaus. Die Enten müssen sich sehr flach ausstrecken, um den Schnabel richtig in Position zu bringen. Mit seitlichen Bewegungen von Kopf und Hals versuchen sie, das seichte, nahrungsreiche Wasser mit dem Schnabel durchzuseihen. Den Flamingos hingegen ermöglicht die Kombination von langen Beinen und langem Hals bequem stehend ein lang anhaltendes Pumpen. Die unbewegliche Oberseite des Schnabels weist nach unten wie die Unterseite eines rechtwinklig gebogenen Löffels. Der bewegliche Unterschnabel gibt der Zunge den Freiraum zu ihrer saugenden Pumpbewegung. Löffler, reiherartige Stelzvögel der Gattung Platalea , entwickelten an der Spitze ihres langen Schnabels eine flache, löffelartige Verbreiterung. Auch sie wirkt bei weitem nicht so gut wie der Flamingoschnabel, eignet sich aber zum Fang kleiner Fische und Krebse. Solches Getier kann der
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