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Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)
Autoren: Josef H. Reichholf
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Bäche und Flüsse führten, und an der Zusammensetzung des Sandes orientieren, welches Gestein die Berge bildete, aus denen das Wasser kam. Voraussetzung war, dass sie die entsprechende Erfahrung mitbrachten. Dies ist ein Punkt in der Argumentation, aus dem zu folgern ist, dass die Schatzsucher, die sich der Drachenattrappen bedienten, aus solchen Bergregionen stammten. Zudem mussten sie die Technik des Schmelzens beherrscht haben. Als schließlich Schwarzpulver zur Verfügung stand, das wahrscheinlich die Chinesen lange vor den Europäern erfunden hatten, und die Herstellung von Eisenwerkzeugen möglich geworden war, ließ sich der entscheidende Vorstoß zu den Erzgängen hinein in den Berg realisieren. Vorher half nur das Goldwaschen. Wir treten damit ein in die hier nicht weiter auszubreitende, aber umfangreich beschriebene Geschichte des Bergbaus. Anscheinend ist dieser Aspekt bisher im Hinblick auf die Drachen nicht näher betrachtet worden.
    Zurück zum chinesischen Drachen. Mit Schwarzpulverantrieb entstanden die Vorstufen der Feuerwerkskunst. Papierdrachen ließ man in China schon vor über einem Jahrtausend an dünnen Schnüren in die Luft steigen. Die Chinesischen Lenkdrachen und andere Formen von fliegenden Drachen sind mit der Zeit auch in Europa bekannt geworden. Drachen waren in Ostasien Glücksbringer und dienten auch zur Belustigung des Volkes. Nur dort, wo die Schatzsucher unerkannt bleiben wollen, um ungestört im Berg rumoren und die Schätze heben zu können, verbreiten sie mit Hilfe ihrer feuerspeienden Drachenfiguren Angst und Schrecken. Mit der Einbeziehung der chinesischen Seite vervollständigt sich somit das Bild des Drachen. Die Fragen zu den Hintergründen können nun folgendermaßen beantwortet werden:
    Die Schatzsucher kamen aus dem Osten. Dorthin gingen sie auch wieder zurück mit ihren Schätzen. Sie kannten die Stellen, an denen die Suche lohnte, weil sie aus erdgeschichtlich und geologisch ähnlichen bzw. gleichartigen Gebirgen gekommen waren und ihre Erfahrungen gesammelt hatten. Die Einheimischen ahnten nichts vom Reichtum, der in ihren Bergen steckte, weil sich die Kenntnisse zum Aufspüren von Gold- und Edelsteingängen noch nicht bis in ihre rückständige Welt ausgebreitet hatten. Vielleicht waren es ursprünglich Ural-Altaier, die sich des Drachen bedienten, ihn von der chinesischen Glücksbringerrolle im Osten zum bedrohlichen Ungeheuer im Westen umformten und Feuer speien ließen. Verstärkende Hinweise ergeben sich wiederum aus der Sagenwelt der Alten Griechen mit Prometheus, der (den Göttern) das Feuer stahl, und Hephaistos, dem Schmied in der Unterwelt, die vom Höllenhund Zerberus bewacht wurde. Konkret kommt, wie schon ausgeführt, das »Griechische Feuer« in Frage, dessen Herkunft unbekannt ist. Vielleicht brachten die sogenannten Seevölker die Kenntnisse dazu bereits aus dem Osten nach Griechenland. Fest steht, dass der Hauptbrennstoff dabei, das Petroleum, in der Antike bereits bekannt und genutzt worden war. Die Funde stammten aus derselben Region, die auch in unserer Zeit die Hauptquelle von Erdöl darstellt. Nördlich der Alpen war es unbekannt. Umso mehr Eindruck machte so ein Feuer, wenn es zum Einsatz kam. Eineinhalb Jahrtausende nach der Antike, deren naturkundliches Wissen weitgehend verloren gegangen war oder verschlossen und nur für wenige zugänglich in den Bibliotheken der Klöster ruhte, entstanden in Mitteleuropa die Märchen, in denen Zwerge »unter Tage« tagsüber arbeiten und nachts zurückkommen. Wahrscheinlich stammen sie aus der Region der (erzreichen) Mittelgebirge und den Zentralalpen mit Edelstein- und Goldvorkommen. Die Märchen erzählten von »Bergmännlein« und Berggeistern. Kleinwüchsige Kreter kamen in jener Zeit als Gastarbeiter in die Alpen, von venezianischen Schiffen transportiert, deren Namen (französisch) zu Kretin (krummwüchsiger Zwerg) verballhornt wurde. Der Großvenediger in den österreichischen Hohen Tauern nahe dem Großglocknermassiv weist auf diese spätmittelalterliche Verbindung mit dem Bergbau hin, wie auch der »Goldberg« in der Sonnblick-Gruppe der Tauern. Die »Zwerge« holen in den Märchen Schätze aus dem Berg. Sie tragen Lampen und Mützen. Ein weiteres knappes halbes Jahrtausend später tauchen sie wieder auf: als Gartenzwerge.
    All das ist genug Stoff, um meine neue Deutung der Drachen zu stützen. Viele weitere Einzelheiten werden sich zum hier konstruierten Gerüst hinzufügen lassen. Sie wird sich
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