Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)

Titel: Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen (German Edition)
Autoren: Josef H. Reichholf
Vom Netzwerk:
spricht dafür, dass die seltenen Edelmetalle Gold und Silber am Anfang der Nutzung von Metallen standen und das profane Eisen als Massenprodukt zuletzt kam, so wie nach Ovid in den Metamorphosen am Anfang der Zeiten das »Goldene Zeitalter« stand. Auf dieses folgte das Silberne und dann das Eiserne, das Zeitalter der Kämpfe und Kriege, der Rüstungen und Verwüstungen. Die Kenntnis der Goldquellen und die Kunst der Goldverarbeitung stammen aus dem Orient. Sie gelangten erst mit erheblicher Verspätung in den keltisch-germanischen Raum in der Mitte, im Norden und Westen Europas. Das Reich des Drachen erstreckt sich über all diese frühen Goldländer. Aber nur die Unkundigen, die nichts von der wahren Natur der Drachen wussten, beeindruckten diese Gebilde der Fabel.

Das Land des Drachen
    Dem »Woher« haben wir uns nun wohl einigermaßen plausibel genähert. Aber versuchen wir noch weiter auszugreifen. Dazu verhelfen die Drachen selbst. Denn jenseits des gewaltigsten Gebirges der Erde im Ostteil Asiens stellen die Drachen keine bedrohlichen Gebilde dar. Sie waren und sind dort Glücksbringer. Bizarre, hundekopfartige und meist recht bunt gestaltete Masken formen den Kopf, der genau den alten Schilderungen des Drachenkopfes entspricht. Anstelle von Feuer und giftigen Gasen zeigt er nach Hundeart eine baumelnde Zunge. Unter einer Decke schließen sich nun mehrere bis viele Menschen an, die den Drachen zum sich windenden, lang gezogenen Gebilde werden lassen, das dem Volk vorgeführt werden kann; ein schöner Wurm, ein Lindwurm also. Er symbolisiert Reichtum. Man kann sich leicht vorstellen, dass in alten Zeiten die erfolgreichen Bergleute mit ihren Schätzen zurückkamen und sich in Form ihres Drachenzuges der Allgemeinheit präsentierten. Das ist genau das Prinzip des »Umzugs«, wie es auch in religiösen Prozessionen praktiziert wird.
    China, das Reich der Mitte und Sitz des »Drachenthrons«, hat die Natur nur an den Rändern mit Edelmetallen und Edelsteinen gesegnet. Die ferne Bergwelt im Westen bildete aus chinesischer Sicht die Quellregion des Goldes. Und dort, im Innern Asiens, ragt auch der Erz-Altai, das Gold-Gebirge im Altai-Gebirge, empor. Es gehört zur erdgeschichtlich alten, zur sogenannten variszischen Faltung aus der Spätzeit des Erdaltertums (vor 300 bis 400 Millionen Jahren). Im viel jüngeren Tertiär als vor gut 30 Millionen Jahren die Alpen vollends aufgefaltet worden waren, wurden die alten Gebirge unter dem ausgreifenden Druck dieser Faltung zerbrochen. Gold führende Gänge gelangten dadurch an die Oberfläche und wurden »zugänglich«. Zusammen mit dem Ural bildet das Altai-Gebirge das Kernstück alter, an Edelmetallen reicher Gebirge Eurasiens, zu denen weiter westlich in Europa auch die deutschen Mittelgebirge und das Schottische Hochland gehören. Aus dem Vorfeld des ural-altaiischen Gebirges stammen zentralasiatische Kernvölker, die mit der Sammelbezeichnung Ural-Altaier versehen worden sind. Aus einem ihrer Zweige entstanden die Indoeuropäer. Andere Abkömmlinge der Ural-Altaier hatten sich südostwärts gewandt und in heutigen westchinesischen Territorien niedergelassen, als die Gobi noch nicht so wüst und unwirtlich war. Auch im Uralgebirge herrschte in der warmen Nacheiszeit mehrere Jahrtausende lang weit günstigeres Klima als in der Gegenwart. Die ural-altaischen Völker kamen in Bewegung als sich vor etwa 6500 Jahren ziemlich plötzlich das Klima massiv verschlechterte und die nach Süden und Südwesten gerichtete Ausbreitung der Indoeuropäer auslöste. Die heutigen klimatischen Verhältnisse vermitteln einen anderen, für die früheren Zeiten unzutreffenden Eindruck. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass an den Verwerfungszonen dieser Gebirge, die aus dem Erdaltertum stammen, die ersten Erfahrungen mit Gold und mit Erzgängen gemacht worden waren. Von dort verbreiteten sich die Kenntnisse. Hauptabnehmer der Schätze waren für die Altairegion aus naheliegenden Gründen China und für die weiter westlich davon gelegenen Fundstellen die Hochkulturen des Vorderen Orients.
    Die Gesteine der alten Gebirge lassen sich verhältnismäßig leicht vom Kalkstein der jungen Faltengebirge und vom einförmigen, unverkennbaren Granit unterscheiden. Dieser enthält zwar im Gegensatz zum Kalkstein »Katzengold« (Glimmerschiefer), aber wie es die Bezeichnung ausdrückt eben solches, das nur glänzt und doch kein Gold ist. Die »Goldleute« konnten sich anhand des Geschiebes, das die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher