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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris
Autoren: Nicolas Barreau
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verwirrt zurück und trank meinen Kaffee in einem Schluck aus.
    »Ich habe gesehen, dass Sie heute Das grüne Leuchten spielen«, sagte der Professor. »Ein schöner Film – ich werde ihn mir auf jeden Fall ansehen.« Ein feines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Und machen Sie sich keine Gedanken – die junge Dame kommt bestimmt.«
    Ich wurde rot, als ich mich jetzt erhob und nach meiner Jacke griff. »Tja, also dann … bis später.«
    »Bis später«, entgegnete er. Und ich hoffte inständig, dass er Recht behalten würde, was die junge Dame anging.
    Sie war die Letzte in der Reihe, die an der Kasse anstand, und als sie einen Schein hinlegte, um zu bezahlen, ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf.
    »Sie kommen oft in die Spätvorstellung, Mademoiselle – gefällt Ihnen meine kleine Filmreihe?«, fragte ich angelegentlich und schob ihr die Eintrittskarte und das Wechselgeld hinüber.
    Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und lächelte scheu.
    »Oh, ja. Sehr sogar.«
    »Und mir gefällt es sehr, dass Sie so oft kommen«, sagte ich rasch und starrte gebannt auf ihr kleines, perfekt geformtes Ohr, das sich nun rot verfärbte.
    Sie lächelte immer noch und schwieg und steckte die Münzen in ihr Portemonnaie. Was hätte sie auch sagen sollen auf solch eine dumme Bemerkung.
    Schwafel nicht rum, sondern komm zum Punkt, Junge. Komm zum Punkt , hörte ich die Stimme meines Freundes Robert.
    »Tja … haha … eigentlich müsste ich Ihnen einen Rabatt geben, so oft wie Sie ins Kino kommen«, sagte ich in dem Versuch, komisch zu sein. »So wie diese Treuepunkte in den großen Kaufhäusern, wissen Sie?«
    Sie nahm ihre Eintrittskarte und sah mir einen Moment direkt in die Augen. Dann lächelte sie wieder und ich lächelte wie hypnotisiert zurück.
    »Das ist nicht nötig, Monsieur. Die Filme sind jeden Cent wert.«
    Die Kinotür wurde aufgerissen, ein Windstoß fegte durch das Foyer. Zwei Studentinnen kamen lachend herein und steuerten auf die Kasse zu. Ich musste mich beeilen.
    Die Frau im roten Mantel wandte sich zum Gehen.
    »Einen Moment noch«, rief ich und sie drehte sich wieder zu mir. »Sie … Sie haben etwas vergessen …«
    Sie sah mich erstaunt an.
    »Das heißt, ich … ich habe etwas vergessen«, redete ich weiter, in dem verzweifelten Versuch, ihre Aufmerksamkeit nicht zu verlieren.
    »Ja?«
    »Ich habe nämlich vergessen, etwas zu fragen.« Ich sah sie an. »Würden Sie nach der Vorstellung mit mir essen gehen … oder … oder etwas trinken vielleicht? Dann … könnten wir noch über den Film reden … wenn Sie mögen. Ich … also ich würde Sie wirklich sehr gern einladen, ich meine, wo Sie schon keine Treuepunkte wollen.«
    Oh Mann, ich redete so einen Schwachsinn!
    »Oh Mann, was rede ich da für einen Schwachsinn«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie, bitte. Vergessen Sie das mit den Treuepunkten. Darf ich Sie einladen? Bitte sagen Sie Ja!«
    Mein Herz hämmerte im Stakkato-Rhythmus meiner wirren Rede.
    Die Frau mit dem roten Mantel zog die Augenbrauen hoch, dann biss sie sich auf die Unterlippe, neigte den Kopf ein wenig und verzog den Mund zu einem breiten Lächeln. Ihre Wangen waren feuerrot. Dann endlich sagte sie etwas.
    Sie sagte Ja.

6
    Wie von selbst waren wir im La Palette gelandet. Die Menschen um uns herum lachten, redeten und tranken, aber ich bemerkte sie nicht. Ich hatte nur Augen für die Frau an meinem Tisch und selbst ein Erdbeben hätte mich nicht aus ihrem Bannkreis herausreißen können.
    Nie hatte ich mir sehnlicher das Ende eines Films herbeigewünscht als an diesem Abend. Wieder und wieder hatte ich durch das kleine Fensterchen in den Zuschauerraum gespäht, um zu wissen, an welcher Stelle des Films wir waren, den ich schon so oft gesehen hatte, dass ich ihn fast mitsprechen konnte. Und nachdem die versponnene Delphine endlich das grüne Leuchten entdeckt hatte – jenes seltsame, glückverheißende Phänomen, das nur für wenige Sekunden und auch nicht immer zu sehen ist, wenn die Sonne im Meer versinkt – und sich nun sicher war, das Abenteuer der Liebe wagen zu können, riss ich die Türen des Kinosaals auf, um die Zuschauer in ihr eigenes Leben zu entlassen.
    Sie kam als eine der Ersten durch die Tür und trat einen Schritt zur Seite, um die anderen Kinobesucher vorbeizulassen, die sich langsam noch und verträumt ins Foyer bewegten und gegen das Licht blinzelten, bevor sie wieder in der Wirklichkeit ankamen und schwatzend und lachend
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