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Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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hatte.
    So kam es, dass Freese am nächsten Tag in voller Schutzmontur in eine der Verwaltungsstellen stürmte, mit dem Analysegerät fuchtelte und rief: »Schnell, alles raus! Wir haben eine Faulgasblase im System, die jeden Moment eindringen kann!«
    Die Frauen und Männer sprangen bleich von ihren Plätzen auf, ließen sich widerstandlos hinausdrängen. »Anstieg!«, schrie Freese, um sie noch mehr zu motivieren. »Schließen Sie die Türen von außen! Lassen Sie niemanden herein, ehe ich nicht Entwarnung gebe!«
    Als er allein im Raum war, nahm er den Kopfschutz und die Handschuhe ab, setzte sich vor eines der Terminals und zückte sein Memopad. Gespannt tippte er die Zugangscodes für gesicherte Bereiche ein, die ihm jemand gegen monatliche Rationen an Narko-Punkten regelmäßig zukommen ließ, und war im System.
    Der reine Gesichtsabgleich brachte, wie es typisch für diese Art Abfragen war, nichts Brauchbares, aber dafür erwies sich die medizinische Datenbank als ergiebig: Er fand eine erstaunliche Zahl von Frauen, deren Chipnarbe als kaum sichtbar klassifiziert war. Zwar ähnelte keine davon der Gesuchten auch nur ansatzweise, trotzdem überspielte er die Daten in sein Memopad, um Pavlov die Bilder zeigen zu können.
    Dann zog er seinen Schutzanzug wieder an und strich eine winzige Spur Buttersäure auf die Gitter der Belüftungsrohre. Er öffnete die Tür und erklärte den Wartenden, die die Nase rümpften ob der Düfte, die ihn begleiteten: »Keine Gefahr mehr. Die Luft ist rein. Na ja, fast jedenfalls.«
    Flüchtig dachte er darüber nach, wie oft er diesen Trick schon angewandt hatte. Das winzige Fläschchen würde vermutlich bis zur Landung reichen, und zweifellos war es eine gute Idee gewesen, es damals mit an Bord zu schmuggeln. Mittlerweile glaubten sogar die meisten der Klimatechniker, dass es so etwas wie Faulgasblasen gab.
     
    »Nein«, sagte Pavlov beim Durchsehen der Bilder. »Nein. Auch nicht. Nein. Nie im Leben. Nicht mal ähnlich.«
    Also hieß es weitermachen. Hinab in die Maschinenräume. Bis zu den Einspritzelementen der Triebwerke kam man, jenseits dessen erreichte die Strahlung ohnehin lebensgefährliche Werte. Schon der Aufenthalt zwischen den Fusionsreaktoren und Recyclinganlagen musste zeitlich begrenzt werden, da man beim Bau des Schiffes dem Maschinenraum natürlich nicht dieselbe Strahlenabschirmung zugestanden hatte wie dem Wohnbereich. Schwer vorstellbar, dass hier eine geheime Kolonie existieren sollte. Wo denn? Die Leute hätten einen eigenen, strahlengeschützten Wohnbereich gebraucht, und selbst wenn man die Frage außer Acht ließ, wie sie das hätten bewerkstelligen wollen, hätte das Ding einfach Ausmaße haben müssen, die man nicht einmal in den äußerst unübersichtlichen Maschinenräumen übersehen würde. Doch obwohl Wim seine gesamte Freiwache dafür opferte, in die entlegensten und schmierigsten Winkel der Maschinenräume zu kriechen, fand er nicht den Ansatz einer Spur. Er war mehr als frustriert, als er duschen ging.
    Die Dusche, das waren sich drängelnde nackte nasse Männerkörper, Dampfschwaden, Hitze und das Geräusch plätschernden Wassers. Es roch nach Seife und Schweiß und käsigen Füßen, und die Handtücher, in zwanzig Jahren Flug zehntausende Male gewaschen, waren nur noch brettharte Fetzen. Trotzdem war es eine Umgebung,in der Wim schon manche gute Idee gekommen war. Er fragte sich gerade, was er übersehen haben konnte, als er einen Gesprächsfetzen aufschnappte.
    »… mir erst danach gesagt, dass sie mich regelrecht ausgeguckt hat, über das Überwachungssystem …«
    Wim Freese hielt in der Bewegung des Einseifens inne und glotzte hoch, suchte das Videoauge, das klein und schwarz und knopfartig an der Decke hing, hier genauso wie überall. Das Surveillance System, natürlich! Die Unbekannte musste in den Archiven des allgegenwärtigen Überwachungssystems erfasst sein. Warum war er nicht eher auf diese Idee gekommen?
    Dann fiel ihm ein, wer das System betreute, und ihm war klar, warum er nicht eher auf diese Idee gekommen war. Verdrängung nannte man das wohl.
     
    Joana Treben war ungefähr das Gegenteil von dem, was Wim Freese an einer Frau gefiel. Sie hatte keinen wahrnehmbaren Busen, ein überaus ausladendes Gesäß und in den letzten Jahren an burschikoser Stämmigkeit noch einige Kilo zugelegt. Kaum zu glauben, dass sie am Anfang der Reise eine Zeit lang eine Affäre gehabt hatten. Kaum zu fassen, dass Joana mittlerweile ausgerechnet das
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