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Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 6 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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würde.«
    »Nein«, schüttelte Pavlov inbrünstig den Kopf. »So eine Frau hast du an Bord noch nicht gesehen. Ich schwör’s.«
    Freese deutete hinaus zu den gleichgültig glimmenden Sternen. »Von da draußen wird sie ja wohl kaum gekommen sein. Denk mal nach. Irgendwelche besonderen Merkmale, abgesehen von ihrer göttlichen Schönheit?«
    Pavlov dachte nach. »Sie hat nichts gesagt, aber als sie gekommen ist, hat sie was gestöhnt, das wie oh my god klang. Ich würde sagen, ihre Muttersprache ist Englisch.«
    »Na, das ist doch schon mal was.« Freese notierte das zufrieden. Die weitaus meisten Kolonisten an Bord stammten aus Kontinentaleuropa. Diese Information und nachher eine kleine Sitzung mit dem Gesichtssimulator, und das Problem würde sich auf eine simple Datenbankabfrage reduzieren. Was er natürlich für sich behielt. »Sonst noch etwas?«
    »Ja. Ich glaube, sie hatte keinen Chip.«
    »Alle Frauen haben den Chip.«
    »Du hast mich gefragt, oder? Ich habe keinen Chip bemerkt.«
    »Du warst ja auch mit anderem beschäftigt.«
    Pavlov sah ihn missmutig an. »Ich habe jeden Quadratzentimeter ihrer Haut … gesehen. Sie hatte keinen Chip. Sie hatte nicht einmal eine Narbe.«
    »Hmm.« Freese notierte das und setzte ein Fragezeichen dahinter. Der Chip steuerte die Fruchtbarkeit, und er war Vorschrift. Aber bei manchen, vor allem bei jungen Frauen verheilte der Schnitt, durch den er eingepflanzt wurde, so gut, dass man ihn in der Tat kaum bemerkte. Vielleicht war das ein zusätzlicher Hinweis. »Wie alt war sie denn?«
    »Ich schätze, fünfundzwanzig.«
    Freese ließ Memopad und Stift seufzend sinken. »Verarschen kann ich mich alleine.«
    »Ich schwöre es beim Grab meines Vaters«, versicherte Pavlov. »Fünfundzwanzig. Plus minus drei Jahre.«
    »Es gibt keine fünfundzwanzigjährigen Frauen an Bord, das weißt du so gut wie ich.« Beim Start des Schiffes waren alle Kolonisten zwischen einundzwanzig und dreißig Jahren alt gewesen. Heute waren sie in den Vierzigern, abgesehen von den während der Reise geborenen Kindern, von denen nur eine äußerst überschaubare Anzahl älter als vierzehn war. »Es wird eine von den Bordgeborenen gewesen sein. Eine auf erwachsen geschminkte Sechzehnjährige.«
    »Hätte ich dich gebraucht, wenn es so wäre?«, fragte Pavlov unlustig.
    »Mmh«, machte Freese. Das war freilich eine berechtigte Frage. Auf die die Antwort ›Nein‹ lautete. Er ließ die Blenden wieder zufahren und musterte Pavlov aufmerksam im pissgelben Licht der altersschwachen Leuchtelemente. »Schon mal überlegt, ob es ein Traum gewesen ist?«
    Pavlov zerrte ärgerlich am Halsausschnitt seines Overalls und entblößte einen in allen Farben schillernden Bluterguss. Bissspuren waren zu erkennen. »Schon mal einen Traum gehabt, der so was zurücklässt?«
    Freese überlegte. Die einzige andere Erklärung, die ihm einfiel, war eigentlich zu fantastisch, um wahr zu sein. Aber es war eben die einzige andere Erklärung. »Das wird nicht leicht«, seufzte er. »Mit anderen Worten, teuer.«
    Pavlov griff in die Tasche und holte ein Sammelsurium verschiedener Plastikmarken mit holografischen Prägungen hervor. »Das ist alles, was ich habe. Zwei Kleidergutscheine, hundertzwanzig Narko-Punkte und zehn Ruhetagsmarken.«
    Scheiße, der Typ konnte nicht mal verhandeln. »Nicht viel«, sagte Freese, obwohl es natürlich eine Menge war. Zehn Ruhetage!
    »Was? Für das verschwundene Halsband von Patrizia wolltest du nur einen Kleidergutschein und fünfzig Narko-Punkte!«
    »Da hat sie dir was Falsches erzählt.« Vor allem hatte sie den sexuellen Bestandteil ihrer Abmachung verschwiegen. Freese schob das Memopad ein. »Außerdem war das ein leichter Auftrag, und das hier wird richtig schwierig. Sagen wir, die Kleiderpunkte und die Ruhetage als Anzahlung, und zweihundert Narko-Punkte, wenn ich die Fraugefunden habe.« Aus Narko-Punkten machte er sich ohnehin nichts, weil er weder Alkohol noch sonstige Drogen mochte; die Punkte waren nur gut zum Handeln. Aber von Ruhetagen konnte er nicht genug bekommen: ganze Tage in einem schallgedämpften, zwanzig Quadratmeter großen Einzelzimmer mit einer Frischluftzufuhr, die wie Meeresrauschen klang – die beste Annäherung an das Paradies, die an Bord zu haben war.
    »Also gut«, meinte Pavlov und trennte sich von seinen Schätzen. Es musste eine wahrhaft beeindruckende Frau gewesen sein.
     
    Die einzige andere Erklärung war, dass die Gerüchte, die seit Jahren kursierten,
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