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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin
Autoren: Lena Christ
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    Die Geschichte hebt an um die Zeit, da unser lieber Herr bereits seine Himmelfahrt getan, den Heiligen Geist gesandt und das Heu auf den Wiesen gut und dürr genug gemacht hat zum Heimfahren.
    Um diese Zeit haben die Weibsleute draußen auf dem Lande gemeiniglich ihre großen Wasch- und Putztage; denn nach altem Brauch und Herkommen räumt man noch vor Beginn der großen Ernte mit dem ganzen rußigen Nachlaß des Winters gründlich auf. Da weißelt und tüncht man Stuben und Kammern, Kuchel und Speis, Hausflöz und Stall, verschönt den ganzen Bauernhof und putzt ihn säuberlich heraus, auf daß der Segen Gottes um so lieber Einkehr darin halten möcht.
    Und die Vorhänge und Polsterziechen, das Linnen und Bettzeug wird gewaschen und gebleicht, damit es wieder frisch und sauber ist und seine Schuldigkeit tut so lange, bis die Bäuerin das Kirchweihmehl in die Truhe siebt und das Schmalz ausgängt und siedet für Krapfen und Küchl.
    Beim Schiermoser zu Berganger aber haben sie heut noch einen besonderen Grund zu solcher Stöberei und Arbeit:
    Ihre langjährige Sommerfrischlerin, die verwitwete Frau Rechtsrätin Scheuflein, hat für die nächsten Tage ihre Ankunft gemeldet.
    Nun sind ja im allgemeinen die Stadtleut keine absonderlich willkommenen Gäste auf dem Land. Aber so im besonderen macht doch manche Bäuerin eine Ausnahme und läßt ein paar von den Städtischen in ihren üppigen Flaumbetten schlafen. Freilich nur gegen gutes Entgelt. Denn umsonst ist der Tod, und der kostet das Leben. Und wenn sie auch darüber brummt, daß ihr die »verhungerten Stadterer den Schmalzhafen, die Mehltruhen und die Eierschüssel leer fressen«, so ist ihr das Geld, welches die Sommergäste bei ihr sitzen lassen, doch eine so willkommene Nebeneinnahme, daß sie willig für etliche Wochen auf ihren Groll gegen sie vergißt.
    Denn der Hunger nach Profit ist bei jeder Bäuerin so groß, daß sie gern auf weiß Gott was alles verzichtet, wenn nur ihr Geldbeutel Nutzen davon hat.
    Und dann ist doch auch noch die Nachbarin da; wenn die hörte, daß drüben beim Nachbarn Sommergäste abgewiesen wurden, so liefe sie ihnen sicherlich nach und böte ihnen die beste Stube des Hauses an, bloß um die andere zu ärgern! Darum schränkt man sich über Sommer ein, so gut man nur kann.
    Das eheliche Schlafgemach wird zur Rumpelkammer, in der man alles aufstapelt, was sonst in den verschiedenen Kammern hing, lag und stand. Da türmen sich Pappschachteln mit Strohhüten, Pelzen, Atlaskränzen und Brautkronen; Totenkränze hängen neben Flachszöpfen und Kümmelbüscheln, Honighäfen stehen neben Schnapskrügeln und Spinnradeln, und zwischen Schüsseln mit Bienenwaben liegen Berge von Flickwäsche. Darunter aber sind die Schätze an Eiern und Schmalz verborgen, die man nicht jedem zeigen will, der ins Haus kommt.
    Hat die Bäuerin Kinder, so liegen sie während dieser Zeit droben im Gret, auf dem Vorplatz neben der Stiege, immer zwei in einer mageren Betthaut. Und die alte Großmutter muß es sich auch noch gefallen lassen, daß man ihr eine zweite oder dritte Bettstelle in das Austragstüblein rückt, darin noch ein paar Söhne oder Töchter des Hauses ihre Schlafstatt einrichten.
    Und dann werden die guten Stuben und Kammern gekehrt und geschrubbt, von Spinnweben gesäubert und mit Rupfenplachen belegt.
    Aber nur ein paar Monate lang hält die Bäuerin dies Leben aus.
    Nur während der Zeit der Ernte, da sie selber entweder viel mit ihren Leuten auf dem Felde ist oder aber den ganzen Tag in Stall und Küche werkt und den Hof versorgt, indes die andern Weizen, Korn und Grummet einernten. In diesen Tagen hat sie nicht Derweil, die Stadtleut viel zu betrachten und sich über ihr Tun zu ärgern; im Herbst aber oder gar im Frühjahr, da ist sie anders. Da kann ihr kein Sterbensmensch auf Gottes Erdboden ungelegener ins Haus kommen als so ein Stadtfrack! Und es kann kein Städter etwas Ungeschickteres tun, als sich in einem Bauernhof einzuquartieren, ehe die Erde und die Sonne ins Zeichen der Hundstage tritt.
    Darum findet man auch heute die Schiermoserin greinend und brummend über den Unverstand der Stadtleut, die mitten unterm Heuen und Ausweißeln daherrumpeln, an dem endsgroßen Waschzuber stehend und eine Bettzieche um die andere reibend und schwenkend.
    »Naa, naa. Wia i halt sag: lange Haar, kurzer Verstand, hoaßts. Und d' Stadtleut ham überhaupts koan, wähn i. Sinst kunntens oan net scho im Auswärts aufm Gnack hocka. Daß s' net glei
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