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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe
Autoren: Monika Beer
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spanischen
Jakobsweg gelesen hatte. Egal, ob die spirituellen Erlebnisse von Paolo Coelho
und Shirley McLaine oder die körperliche und mentale Herausforderung, die Hape
Kerkeling beschrieb. Alle diese prominenten Pilger waren zuvor an einem
Wendepunkt in ihrem Leben angelangt und sehnten sich nach einer Zeit, um
Abstand vom Alltag zu gewinnen. Galt das nicht auch für sie? Die langen
Sommerferien standen vor der Tür.
    Vielleicht sollte ich diese Zeit nutzen, um den Jakobsweg zu
laufen? schoss es ihr durch den Kopf. Nein! Was war das denn für eine
Schnapsidee! Schnell schob sie den Gedanken wieder zur Seite. Pilgern war nicht
ihre Sache.
    Sie könnte mit Andrea nach Finnland fahren. Da wollten sie
doch immer schon mal hin. In die Einsamkeit der herrlichen Natur, der
finnischen Wälder und Seen. Wandern, Kanu fahren, Schwimmen, Saunieren und
Lesen…, während Markus im Krankenhaus war. Ja, der konnte ihr jetzt sowieso mal
gestohlen bleiben. Den würde sie am liebsten ganz vergessen. Zu viel war in den
letzten Jahren passiert.
    Sie hob den Kopf und blickte die Figur des Heiligen Jakobus
an. Oder vielleicht doch den Jakobsweg in Spanien gehen? Laufen machte
schließlich den Kopf frei. Sie müsste ja nicht jeden Tag in eine Kirche rennen!
    Andrea würde bestimmt mitkommen. Hatte sie nicht sogar schon
mal davon gesprochen, dass sie das gerne mal machen würde? Nur mit einem
Rucksack auf dem Rücken einfach jeden Tag aufs Neue loslaufen und sehen, was
passiert. Nichts planen, sondern sich einfach leiten lassen. Ob das bei ihr
überhaupt funktionieren würde? Für sie musste möglichst alles zu kontrollieren
und zu regeln sein. Sie konnte sich das „Einfachdrauf-los-laufen“ irgendwie
nicht richtig vorstellen.
    Obwohl der Gedanke, einmal nichts planen und organisieren zu
müssen, sich um nichts kümmern und in den Tag hinein leben zu können, etwas
sehr Verlockendes hatte. Eigentlich war es genau das, was sie jetzt brauchte.
Ja, wenn sie ehrlich war, sehnte sie sich direkt danach…!
    Unentwegt hatte sie die Statue angestarrt, während ihre
Gedanken umherwanderten.
    Plötzlich war ihr, als käme der Heilige von seinem Podest
hinunter und auf sie zu. Sie hatte sein Gesicht und den Hut mit der Muschel
direkt vor ihren Augen.
    „Begrab deine Zweifel! Es ist an der Zeit, dass du einmal
etwas für dich tust! Mache dich auf den Weg! Laufe diesen langen Pilgerweg für
dich! Es wird dir gut tun! Vertraue dir selbst! Gott wird dir helfen!“
    Hatte er da gerade zu ihr gesprochen?
    Laute, rhythmische Musik brachte sie schlagartig in die
Wirklichkeit zurück. Sie war wie benommen von der Vision und den eindringlichen
Worten. Vorsichtig schüttelte sie den Kopf und steckte eine Haarsträhne hinters
Ohr. Dann sah sie zu Andrea hinüber.
    Die Freundin war voll in ihrem Element und dirigierte die
Jugendband mit viel Enthusiasmus. Ihre Begeisterung übertrug sich auf die
Kinder. Sabine sah, dass die jungen Instrumentalisten eifrig bei der Sache
waren, während die Sänger aus voller Kehle ihr Lied schmetterten.
    Die Probe war zu Ende.
    Sabine wartete, bis die jungen Musiker ihre Instrumente
eingepackt und sich verabschiedet hatten. Erst als Andrea ihnen zum Ausgang hin
folgte, stand auch sie auf und ging aus der Kirchenbank.
    Wortlos liefen sie eine Weile nebeneinander her.
    „Was ist? Hat dir unsere Musik die Sprache verschlagen?“,
fragte Andrea nach einer Weile.
    „Nee, das nicht, obwohl ich ganz begeistert von deinen
Schülern bin. Ihr seid eine tolle Truppe. Aber ich überlege die ganze Zeit, ob
ich dich etwas fragen soll.“
    „Na, frag schon. Mach‘s nicht so spannend.“
    „Würdest du in den Schulferien mit mir den spanischen
Jakobsweg gehen?“
    Ein ungläubiges Staunen lag in Andreas Gesichtszügen, als sie
stotterte: „Ja, aber… wieso…? Aber ja! Natürlich! Gerne!!“
    Von dem Tag an lief alles (fast) wie von selbst. Die
gemeinsamen Reisevorbereitungen lieferten viel Euphorie und die beruflichen
Abschlussarbeiten in den Schulen, wie das Zeugnisschreiben, das Schulfest und
die vorbereitenden Arbeiten für das nächste Schuljahr, alles klappte ohne
Schwierigkeiten oder nennenswerte Probleme.
    Sabine fragte sich, ob das an ihrer Vorfreude oder daran lag,
dass Markus sich in der Klinik zu einer stationären Entgiftung und
anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen hatte.
    Andrea war überzeugt, dass es die Anziehungskraft des
Jakobsweges war. „Wenn man sich einmal vorgenommen hat, diesen Weg zu gehen,
gibt
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