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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe
Autoren: Monika Beer
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Für einige Kollegen dagegen bin ich heute sicher wieder Thema Nummer
eins, dachte Sabine. Sie werden sich das Hirn zermartern mit ihren
Spekulationen über meine Ehe.
    Sie lehnte sich gegen den Türrahmen. Nein, sie konnte und
wollte die Küche jetzt nicht gründlich reinigen. Es fiel ihr schwer, die
Übelkeit zu unterdrücken. Widerwillig säuberte sie das Notwendigste und brühte
einen Kaffee auf.
    Mit der warmen Tasse in der Hand ging sie ins Schlafzimmer,
um eine Reisetasche für Markus zu packen. Doch mit jedem Wäschestück, das sie
anfasste, wuchs der Zorn in ihr. Hektisch und ohne zu überlegen stopfte sie
alles in die Tasche.
    „Ich könnte platzen!!“, entfuhr es ihr, als sie den
Reißverschluss zuzog.
    Markus war in die Psychiatrische Abteilung eingeliefert worden
und lag auf der Intensivstation. Er hatte das Bewusstsein inzwischen zwar
wieder erlangt, war aber noch nicht ansprechbar. Sabine straffte ihren Körper
und ging, ohne den kleinsten Seitenblick, an dem großen Glasfenster seines
Zimmers vorbei.
    Der rundliche Mittvierziger, der ihr entgegenkam, stellte
sich als Dr. Martin vor. Er führte sie in einen kleinen Besprechungsraum.
Nachdem sie beide an dem großen Tisch in der Mitte des Zimmers Platz genommen
hatten, begann der Arzt das Gespräch: „Ich kann Ihnen sagen, dass Ihr Mann
momentan außer Lebensgefahr ist. Er wird ständig überwacht, und wir hoffen,
dass sein Kreislauf auch in den nächsten vierundzwanzig Stunden stabil bleibt.
Wegen der zu erwartenden massiven Entzugserscheinungen und der
Gehirnerschütterung müssen wir ihn ständig ruhig stellen und seinen Zustand
beobachten. Ich möchte Sie bitten, jetzt auf keinen Fall zu ihm zu gehen.“
    „Ich habe auch nicht das Bedürfnis, ihn zu sehen.“
    „Ich verstehe. Seit wie vielen Jahren hat er Probleme mit dem
Alkohol?“
    „Ich weiß es nicht genau. Vielleicht seit sieben oder acht
Jahren.“
    „Hat er schon einmal eine Therapie gemacht?“
    „Ja, allerdings nur ambulant. Er war immer der Meinung, er
schafft das auch so, und das bei ihm alles nicht so schlimm ist.“
    „Jaja, das glauben sie alle“, sagte Dr. Martin achselzuckend.
„Wenn er wieder ansprechbar ist, werde ich ihn fragen, ob er einer gründlichen
Entgiftung seines Körpers zustimmt. Die Behandlung erfolgt mit speziellen
Medikamenten, um so die schlimmen Entzugserscheinungen abzumildern und
gleichzeitig ein Psychotherapie- und Entspannungsverfahren einsetzen zu können.
Meiner Einschätzung nach würde das bei ihm sicherlich zwei Wochen dauern.
Anschließend könnte er in eine Rehaklinik überwiesen werden. Sie wissen, dass
eine stationäre Entwöhnungstherapie drei bis sechs Monate dauern kann?“
    „Ja, allein diese Möglichkeit ist für meinen Mann immer eine
Horrorvorstellung gewesen.“
    „Na ja, noch sind wir nicht so weit. Er hat jetzt erst einmal
eine schwere Zeit vor sich, wenn die Entzugserscheinungen einsetzen. Ich hoffe
doch sehr, dass er der Behandlung zustimmt, wenn er erfährt, was passiert ist.
Nach seinem Rauschzustand kann er sich wahrscheinlich an nichts mehr erinnern.“
    Dr. Martin erhob sich und reichte ihr die Hand, um sich zu
verabschieden. „Sie können jederzeit mit der Station telefonieren, wenn Sie
wissen möchten, wie es Ihrem Mann geht. Falls etwas Wichtiges passiert, rufe
ich Sie auch an.“
    „Danke.“
    Sabine verließ das große Gebäude und lief über den Parkplatz
zu ihrem Auto. Irgendwie fühlte sie sich wie in einem falschen Film. Sie hatte
ihre Gefühle eingefroren. Mit stoischer Ruhe erledigte sie an diesem Vormittag
alles, was nötig war. Pflichtbewusst und kontrolliert wie ein Roboter.
    01.
Aufbruch
    Versonnen blickte Sabine aus dem Zugfenster. Grüne Wiesen und
gelbe Getreidefelder zogen an ihren Augen vorbei. Der Hochgeschwindigkeitszug
nach Paris machte seinem Namen alle Ehre.
    Ihr war es gerade Recht, denn je weiter sich der Zug von
ihrem Heimatort Nackenheim entfernte und je früher er in der Seine-Metropole
ankam, umso besser. Es konnte für sie nicht schnell genug gehen.
    Plötzlich fühlte sie sich beobachtet und sah zu Andrea
hinüber. Die Freundin blickte sie mit ihren braunen Augen fragend an: „Und, wie
fühlst du dich?“
    „Mit jedem Kilometer besser!“ Sabine räkelte sich ein wenig
und streckte ihre Arme aus, bevor sie die Hände mit einem Seufzer im Nacken
verschränkte. Sie verschwanden unter ihren roten Locken, die sie mit einem
dünnen Tuch zusammengebunden hatte.
    „Drei Wochen lang habe ich
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