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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe
Autoren: Monika Beer
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es keine Stolpersteine mehr, die einen daran hindern könnten. Der Camino
übt eine Sogwirkung aus und die Sehnsucht loszulaufen wird immer größer“, sagte
sie.
    So kam es, dass sie sich jetzt im Zug gegenüber saßen und
unterwegs nach Paris waren, um noch für ein paar Stunden Großstadtluft und
Zivilisation zu schnuppern, bevor sie sich am nächsten Morgen in die Einsamkeit
des Pilgerweges stürzen würden.
    02. Paris
    Die Freundinnen schulterten die Rucksäcke und stiegen
nacheinander aus dem Zug. Sofort wurden sie von einer strömenden Menschenmenge
erfasst und zum Ausgang gezogen.
    Froh, endlich aus dem Gewühl heraus zu sein, sagte Sabine:
    „Kneif mich mal.“
    „Warum?“
    „Damit ich merke, dass ich wach bin und nicht träume.“
    „Okay!“ Andrea lachte und kniff kräftig zu.
    „Aua, so fest nun auch wieder nicht.“
    Sabine rieb sich die rote Stelle an ihrem Arm.
    „Riechst du sie auch?“ alberte Andrea.
    „Wen soll ich riechen?“
    „Na, die Pariser Luft natürlich!“
    „Ja klar, du Scherzkeks“, lachte Sabine und knuffte ihre
Freundin in die Seite, „und nun? Sollen wir gleich zum Montmartre hoch laufen?“
    „Vielleicht kümmern wir uns erst einmal um Schließfächer für
unsere Rucksäcke. Oder willst du den bei der Hitze durch die Großstadt
schleppen?“
    „Nein, das will ich ganz und gar nicht.“
    Die Suche nach Schließfächern gestaltete sich als sehr
schwierig; denn es gab keine mehr. Nach dem Bombenanschlag auf die Metro vor
einigen Jahren hatte man alle Schließfächer abmontiert.
    „Na, auch gut. Wir müssen uns sowieso an unsere Rucksäcke
gewöhnen“, stellte Andrea fest.
    „Ja, das müssen wir wohl. Die werden wahrscheinlich
irgendwann zu uns gehören wie Arme und Beine.“
    „Dann sind sie angewachsen.“
    Lachend und voller Tatendrang machten sie sich zu Fuß auf den
Weg zum Montmartre, nachdem Andrea versichert hatte: „Das ist nicht weit. Wenn
ich mich richtig erinnere, sind wir in einer halben Stunde oben.“
    Eine halbe Stunde später befanden sie sich allerdings noch
nicht oben, sondern in einem Araberviertel. Wieder waren sie in einem
menschlichen Gewusel. Sie hielten sich fest an den Händen, um sich in dem
dichten Gedränge nicht zu verlieren.
    Tausend verschiedene Gerüche und Sprachen stürmten auf sie
ein. Ständig wurden sie von Händlern angequatscht, die etwas verkaufen wollten.
Aber sie verstanden kein Wort und hatten alle Mühe, die aufdringlichen Hände
der dunkelhäutigen Männer abzuwehren.
    „Mein Gott, was bin ich froh, wenn wir hier raus sind“,
stöhnte Sabine.
    Als sie endlich hoch oben bei der Kirche Sacre Coeur ankamen,
die auf dem Berg über der Stadt thront, waren sie „fix und fertig“.
    Sie suchten einen freien Platz auf der Grünfläche unterhalb
der Basilika, ließen ihre Rucksäcke auf den Rasen fallen und sich selbst
daneben.
    „Ab jetzt fahre ich nur noch mit der Metro durch Paris!“,
verkündete Sabine, „sonst bin ich ja schon kaputt, bevor ich einen Fuß auf den
Jakobsweg gesetzt habe.“
    „Okay“, räumte Andrea ein, „damit bin ich einverstanden. Ich
habe mich mit der Entfernung wohl doch etwas vertan. Tut mir leid. Oder wir
sind einen Umweg gelaufen.“
    „Das Gefühl habe ich auch. Du glaubst ja gar nicht wie froh
ich bin, dass wir das Gewicht unserer Rucksäcke auf acht Kilo beschränken
konnten. Ich finde das Ding nämlich ganz schön schwer und sehr
gewöhnungsbedürftig. Vor allem bei der Hitze.“
    „Du sagst es!“
    Sie lagen im Gras und sahen von weitem den Jongleuren und
Breakdancern zu, die ihre Kunststücke vor der Zuckerbäckerkirche zum Besten
gaben. Überall wimmelte es von Touristen. Nicht nur auf der Rasenfläche, auch
auf den Treppenstufen und Stützmauern saßen die Menschen. Andere strömten in
Scharen zur Kirche. Irgendwann schlossen sich auch die Freundinnen der Masse an
und machten einen Rundgang durch die zwar wunderschöne, aber übervolle
Touristenattraktion.
    Dann schlenderten sie weiter durch das Künstlerviertel, sahen
den Malern bei ihrer Arbeit zu und beobachteten das bunte Treiben und die
vielen Menschen von einem Café aus. Hier, unter einem Baum, bei frisch
gebackenen Waffeln und Kaffee ließ es sich wunderbar aushalten.
    Erst als die Sonne nicht mehr so heiß war, führen sie mit der
Metro in die Unterstadt und bummelten dort zwischen vorbeieilenden
Anzugträgern, stöckelnden Schönheiten, schmusenden Pärchen, gestressten Müttern
mit Kinderwagen, trödelnden Schulkindern
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